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Französinnen bei Biathlon-WM: Das Land der Schneeköniginnen | ABC-Z

Angst und Bange muss den Verantwortlichen beim französischen Skiverband nicht werden, weil die Olympischen Winterspiele erst in fünf Jahren und nicht schon 2026 in Frankreich stattfinden. Mit Blick auf ihre herausragenden Ergebnisse bei der Biathlon-Weltmeisterschaft in Lenzerheide könnten die Spiele für die Biathletinnen und Biathleten der Equipe Tricolore zwar nicht schnell genug kommen, um weitere Medaillen mit dem heimischen Publikum zu feiern, doch Teamchef Stéphane Bouthiaux kann sich entspannt zurücklehnen.

Selbst wenn die Weltmeisterinnen Julia Simon und Justine Braisaz-Bouchet, beide 28 Jahre alt, ihre Karrieren vor 2030 beenden sollten, wovon derzeit nicht auszugehen ist, könnte er aus einem schier unerschöpflichen Pool nachrückender Talente schöpfen. Die Begeisterung für das Laufen und Schießen in der Grande Nation ist groß, die vergangenen Erfolge von Martin Fourcade oder Marie Dorin-Habert haben einen Biathlon-Hype ausgelöst. Der Andrang auf die Trainings- und Wettkampfstätten in den Regionen ist ungebremst.

Selbst wenn bei den Etablierten mal nicht allzu viel zusammenläuft, wie im abschließenden WM-Massenstart am Sonntag, sind die Jüngeren zur Stelle. Etwa Océane Michelon, 22, die Zweite hinter der Siegerin Elvira Öberg aus Schweden wurde. Es war die zwölfte Medaille für das französische Team in der Schweiz, das dort mit Abstand am erfolgreichsten war.

Am Tag zuvor war Michelon schon Teil des Quartetts gewesen, das das Staffelrennen der Frauen von Beginn an dominierte. Startläuferin in einer WM-Staffel? Machte Lou Jeanmonnot ohne einen Wackler am Schießstand und mit Bestzeit in der Loipe. Als die 26-Jährige ihre fünf Scheiben im Stehen getroffen hatte, kamen die Konkurrentinnen erst an den Matten an.

Klare Favoritinnen für die Olympischen Spiele

Jeanmonnot legte den Grundstein für den Erfolg ihres Teams und ist vielleicht die vielversprechendste Biathletin der kommenden Jahre. Allein in dieser Saison hat sie schon sechs Weltcup-Rennen gewonnen. In der Gesamtwertung ist sie die ärgste Verfolgerin der Führenden Franziska Preuß.

Simon, Braisaz-Bouchet, Jeanmonnot, Michelon und viele weitere junge Frauen stehen für eine goldene Biathlon-Generation. „Das stärkste französische Team, das ich bisher erlebt habe“, sagt Julia Simon. „Die Schneeköniginnen“, wie die französischen Sportzeitung L’Équipe sie taufte, sind die klaren Favoritinnen für die Spiele in Antholz im kommenden Jahr.

Die Gründe dafür sind zahlreich. Zuvorderst schaffen sie es in der Regel so gut wie keine anderen, zügig und fehlerfrei zu schießen und schnell zu laufen. Ihre Skitechniker lassen sie nie im Stich, die dünnen Bretter sind stets so optimal für alle Wetterbedingungen präpariert, dass selbst die bisherigen Branchenführer aus Norwegen neidisch werden.

Der Mann mit dem weißen Bart

Für Punkt Nummer eins ist „Paulo“ verantwortlich, Jean-Paul Giachino. „Der beste Schießtrainer der Welt“, nennt ihn Männer-Coach Simon Fourcade. Der 62-Jährige versetzt seine Athletinnen nicht nur in die Lage zu treffen, sondern ist auch ein großer Motivator. Ein Gespräch mit ihm am Morgen vor ihrem Einzelsieg nannte Julia Simon den Schlüssel zum Erfolg. Der Mann mit dem weißen Bart steht meist ganz still am Schießstand und beobachtet das Treiben durch sein Spektiv.

Wenn es gut läuft, ballt er die Faust, wenn es richtig gut läuft, lacht er und nimmt Julia Simon nach der Siegerehrung huckepack. Als sein Quartett am Samstag Staffelgold gewann, analysierte er das Rennen im Interview mit L’Équipe zunächst so nüchtern wie immer, gab dann aber Einblick in seine Gefühlswelt: „Wir haben letztes Jahr gewonnen, darauf habe ich siebzehn Jahre lang gewartet. Den Titel zu verteidigen, ist großartig.“

Während das deutsche Team mit Verfolgungsweltmeisterin Franziska Preuß seinen größten Trumpf in der Hand hält, können sie in Frankreich auf eine breite Auswahl an Stars und Talenten setzen. Wenn ihre fragile Gesundheit weiter so gut mitmacht wie bisher, könnte Preuß ihnen aber den ganz großen Triumph streitig machen. Die 30-Jährige erlebt ihre bisher beste Saison, gewann in Lenzerheide vier Medaillen und könnte sich im März zur ersten deutschen Gesamtweltcup-Siegerin seit Laura Dahlmeier (2016/2017) krönen – und den Französinnen in einem Jahr bei den Winterspielen in Südtirol die Trophäen streitig machen.

Viele weibliche Talente in Deutschland

Anders als im deutschen Männerbereich, wo derzeit eine große Lücke zwischen den Etablierten und der jüngeren Generation klafft, gibt es in Deutschland viele weibliche Talente, denen in den kommenden Jahren viel zuzutrauen ist. Allen voran Julia Tannheimer, 19, und Selina Grotian, 20, die im Weltcup und teils auch bei der WM zeigten, dass sie mit der Weltspitze mithalten können.

Im entscheidenden Moment die starke Laufform und das Vermögen an der Waffe zusammenzubringen, darin sind sie den Französinnen noch unterlegen. Die Erfahrungen der nächsten Saisons und Jahre werden sie aber stärker machen. Auch mit Vanessa Voigt, Olympia-Vierte von 2022, ist weiter zu rechnen, sofern sie physisch und psychisch wieder zu einhundert Prozent hergestellt ist. In Lenzerheide fehlte sie, weil sie krank ist.

„Wir haben da eine sehr, sehr gute Gruppe von jungen Frauen, die sich gegenseitig pushen“, sagte DSV-Sportdirektor Felix Bitterling schon vor Saisonbeginn. Sie machen sich nicht nur untereinander besser, sondern geben auch Franziska Preuß einen neuen Schub.

Preuß zum Abschluss Siebte

Biathletin Franziska Preuß ist zum Abschluss der Weltmeisterschaften in Lenzerheide im Massenstart ohne Medaille geblieben. Die 30-Jährige schoss zwar nur einmal daneben, konnte aber dieses Mal in der Loipe auch aufgrund zu schwachen Materials und zwischenzeitlicher Bauchschmerzen nicht mithalten. So reichte es für die 30-Jährige nach zuvor viermal Edelmetall nur zu Rang sieben. Gold ging an die Schwedin Elvira Öberg vor Océane Michelon aus Frankreich und Maren Kirkeeide aus Norwegen.

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