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Formel-1-Neuling Cadillac arbeitet auf Saisonstart 2026 hin | ABC-Z

Wenn sich eine Automarke schon nach einem Abenteurer nennt, dann kommt sie irgendwann praktisch nicht mehr um die Formel 1 herum. Folgerichtig geht Cadillac, die Nobelmarke aus dem Portfolio des Automobilgiganten General Motors, vom kommenden Jahr an in der Königsklasse an den Start. Die Unternehmung von heute ähnelt vom Wagemut her durchaus den Eroberungen des Namensgebers Antoine Laumet in den nordamerikanischen Provinzen, der die spätere Autometropole De­troit gründete und sich als Reminiszenz an seine Heimatgemeinde in Frankreich als Sieur de Cadillac bezeichnete.

Der Mutige von heute heißt Pat Symonds und firmiert als „Executive Engineering Consultant“, was nichts anderes bedeutet, als dass er sein ganzes Wissen aus fast einem halben Jahrhundert Top-Motorsport einem Rennstall zur Verfügung stellen muss, der vor gerade mal sieben Monaten seine Zulassung für die Formel 1 bekommen hatte. „Was vor uns liegt, ist ziemlich beängstigend“, sagt der 72 Jahre alte Brite am Rande des Großen Preises der USA an diesem Sonntag (21.00 Uhr MESZ im F.A.Z.-Liveticker zur Formel 1 und bei Sky) Symonds war einst der entscheidende Kopf für Technik und Strategie hinter Michael Schumachers ersten Weltmeistertiteln mit Benetton.

Der Neuzugang aus Nordamerika hatte es von Anfang an nicht leicht gehabt. Zwar hatte die Andretti-Familie schon seit einigen Jahren versucht, in der Königsklasse Fuß zu fassen, doch die anderen zehn Teams stimmten der fixen Idee erst zu, als sich mit General Motors ein Automobilhersteller offiziell hinter die Renn-Unternehmung stellte.

Nur dann, so die Konkurrenz, entstehe ein Mehrwert – wenn man den Preisgeldtopf schon mit einem Rennstall mehr teilen müsse. Vom grünen Licht an gerechnet, sind es lediglich 364 Tage Zeit bis zum ersten Training beim Großen Preis von Australien im kommenden März. Dort steigt der Auftakt zu einer Saison, in der die Formel 1 mit dem halben Umstieg auf Elektromotoren vor einem der größten Reglementeinschnitte ihrer Geschichte steht.

Zurück aus der Rennrente

Nicht gerade die besten Voraussetzungen für einen Neueinsteiger, der hauptsächlich von der anderen Seite des Atlantiks aus operieren will. Andererseits erlebt die Formel 1 dort gerade jetzt einen Boom, und alles, was die USA mit ihrem immer noch wichtigsten Automarkt der Welt weiter an den Grand-Prix-Sport bindet, ist höchst willkommen. In der Kürze der Zeit ist es undenkbar, dass ein Debütant auch noch einen komplexen Motor entwickelt.

Weshalb Cadillac bis mindestens 2029 mit Leihaggregaten von Ferrari fährt. Praktisch, dass gerade welche frei geworden sind, weil der bisherige Leasingkunde Sauber künftig als Audi-Werksteam an den Start geht. Cadillac hat offenbar kein Problem, erst mal bloß zu etikettieren, der Aufmerksamkeitswert dürfte entsprechend hoch sein – vorausgesetzt, die ersten Ergebnisse sind nicht zu desaströs.

Schon jetzt mitten drin: Graeme Lowdon beim Formel-1-Rennen in den USAAFP

Überhaupt erst mal genügend Leute an Bord zu bekommen, war schon höchst kompliziert. Schließlich ist der Markt an Spezialisten klein und mit einem Konzernableger wie Audi als Rivale noch kleiner geworden. Die Volkswagen-Marke sucht noch 300 bis 500 Leute, Cadillac braucht noch viel mehr Manpower.

Da musste reichlich bei den Etablierten gewildert werden. „Die größte Herausforderung ist tatsächlich der Personalstand“, gibt Symonds zu, „in unserer Filiale in Großbritannien arbeiteten zu Beginn des Jahres 159 Menschen.“ Inzwischen, rechnet er vor, sei die Truppe auf 426 Köpfe angewachsen. „Das war wirklich rasant, aber es war auch sehr schwierig“, sagt der Techniker. Alte Beziehungen haben dabei wohl stark geholfen.

Teamchef Graeme Lowdon kennt den Mangel an Ressourcen aus eigener leidvoller Erfahrung: deshalb scheiterte zu Beginn des vergangenen Jahrzehnts der Einstieg des Virgin-Rennstalls (später in Marussia und Manor umbenannt), dem er vorstand. Dementsprechend hartnäckig und aggressiv zeigte er sich jetzt in seinen Abwerbeversuchen. Wenigstens dürften diese nicht an Geldknappheit scheitern.

Hinter dem Cadillac genannten Projekt stecken vor allem die beiden US-Milliardäre Dan Towriss und Mark Walter mit einem potenten Konsortium. Auch die Gagen für die beiden aus der Renn-Rente zurückgeholten Routiniers Valtteri Bottas (36 Jahre) und Sergio Pérez (35 Jahre) stammen aus dem reichhaltigen Portfolio.

„2500 Jahre Formel-1-Erfahrung“

Dementsprechend ist die Miene von Symonds nicht so düster, wie sie dem selbst aufgestellten Angstszenario eigentlich entsprechen müsste: „Es gibt eine ganze Menge Dinge bei uns, die wirklich schon Spitzenqualität haben.“ Das soll nach eigener Einschätzung auch für den Prototyp des Rennwagens gelten, der parallel zur Personalaufstockung gebaut worden ist.

Immerhin habe er schon ungefähr 40 Formel-1-Autos konstruiert. Ein ganzes Team aufzubauen, das sei allerdings noch einmal etwas komplett anderes, dafür gebe es auch keine Blaupause. Der bis dato letzte Neuling in der Champions League des Motorsports war 2016 Haas, auch ein US-Team.

In der Rennfabrik im Bundesstaat North Carolina werden in der laufenden Saison bereits reichlich Trockenübungen gemacht. Im dortigen Kontrollzen­trum wird der Einsatz zweier eigener Rennwagen parallel zu den Daten des echten Renngeschehens simuliert. Die etwa 60 Mitarbeiter des späteren Einsatzteams müssen dem strikten Zeitplan eines echten Rennwochenendes entsprechend bereits morgens früh in die Fabrik kommen und auch lange nach Ende des Grand Prix zu Briefings bleiben. Zusätzlich werden, wie bei Piloten im Flugsimulator, immer wieder künstlich Probleme eingebaut.

„Auf der Management-Ebene zählen wir 2500 Jahre Formel-1-Erfahrung“, begründet Teamchef Lowdon, „aber es ist das erste Mal, dass diese Leute zusammenarbeiten. Und in Australien wird der hohe Druck schnöde Realität sein.“ Deshalb bemühe er sich auch, von einem der bestehenden Teams einen Rennwagen für einen Test noch in diesem Jahr auszuleihen, am ehesten käme wohl Ferrari dafür infrage.

Auch der Weltverband FIA müsse der ungewöhnlichen Aktion zustimmen, schließlich sind Probefahrten während einer Saison nicht erlaubt. Cadillac gehe es nicht um einen technischen Vorteil – sondern nur darum, alle Abläufe am rasenden Objekt auszuprobieren.

Apple überträgt künftig Formel 1 in USA

Apple steigt nun richtig in die Formel 1 ein. Nach dem Hollywood-Blockbuster „F1 – The Movie“ mit Oscar-Preisträger Brad Pitt sicherte sich der Tech-Gigant die Übertragungsrechte für die USA vom kommenden Jahr an. Der Vertrag läuft vorerst über fünf Jahre.  Es ist der nächste große Schritt der Formel 1, die Bekanntheit der Rennserie in den Vereinigten Staaten noch weiter zu steigern. Drei Grand Prix gibt es bereits im Saison-Kalender, im kommenden Jahr tritt Cadillac nach Haas als zweiter US-Rennstall an.

Der Apple-Vertrag mit der Formel 1 beinhaltet die Übertragung aller Freien Trainings, der Qualifikationen, der Sprintrennen und der jeweiligen Grand Prix – sprich das volle Programm. Zu sehen sein wird alles auf Apple TV. Zusatzkosten nur für die Formel 1 sollen für Abo-Inhaber zumindest vorerst nicht anfallen. Ausgewählte Rennen und Trainings sollen auch frei empfangbar über die Apple TV App zu sehen sein. Welche das sein werden, dazu gab es noch keine Angaben. (dpa)

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