Forderung nach Richterwahl-Krise: Saskia Ludwig schreibt Spahn vorwurfsvollen Brief | ABC-Z

Forderung nach Richterwahl-Krise
Saskia Ludwig schreibt Spahn vorwurfsvollen Brief
11.08.2025, 13:01 Uhr
Artikel anhören
Diese Audioversion wurde künstlich generiert. Mehr Infos
Das Drama in der CDU-Fraktion setzt sich nach der verpatzen Richterwahl um Frauke Brosius-Gersdorf fort: In einem Brief, der ntv vorliegt, fordert die CDU-Politikerin Ludwig nun von ihrem Fraktionschef Spahn “Minimalanforderungen” für weitere Richterwahlen. Sein Verhalten kritisiert sie dabei scharf.
“Sehr geehrter Herr Fraktionsvorsitzender, lieber Jens”, beginnt CDU-Abgeordnete Saskia Ludwig den Brief an ihren Fraktionschef Spahn. Doch schon in ihren ersten Sätzen hält sie ihrem Fraktionschef ein falsches Vorgehen bei der Richterwahl um Brosius-Gersdorf vor und stellt Forderungen für die künftige Wahl von Richterinnen und Richtern für das Bundesverfassungsgericht. Aus der Zeitung habe Ludwig erfahren, dass Spahn nun mit der SPD eine gemeinsame Lösung für den weiteren Prozess finden möchte, schreibt sie in dem Brief, der ntv vorliegt.
Ludwig zeigt sich irritiert. Eigentlich müsse Spahn zuerst das Gespräch mit der eigenen Fraktion suchen: “Es war ein nicht unerheblicher Teil Deiner CDU/CSU-Bundestagsfraktion, die Dich rund zwei Monate zuvor mit 91,3 Prozent zu ihrem Fraktionsvorsitzenden gewählt hatte und für die Frau Brosius-Gersdorf unwählbar war”, so Ludwig. Es sollten daher für die Unionsfraktion Minimalanforderungen festgelegt werden, bevor die SPD neue Personalvorschläge präsentiere.
Ludwigs Vorstellung: Kandidaten müssten rechtzeitig und transparent vorgestellt werden und sich den Fragen der Fraktionsmitglieder stellen, bevor eine geheime Probeabstimmung stattfinden solle. Werde ein Kandidat abgelehnt, müsse unverzüglich ein neuer Vorschlag her.
Abgeordnete würden Ludwigs Forderung teilen
Ludwig endet ihren Brief mit einer Frage, “die bereits mehrfach gestellt wurde”, wie sie behauptet: Wann der seit 2018 bestehende politische “Verteilerschlüssel” für die Besetzung der Richterstellen (bisher: drei SPD-Nominierte, drei Unionskandidaten, je einer von Grünen und FDP) überarbeitet werde? “Wäre dies bereits zu einem früheren Zeitpunkt erfolgt, hätte der Name Brosius-Gersdorf ggf. nie im Deutschen Bundestag kommuniziert werden müssen”, schreibt Ludwig in ihrem Brief an Spahn. Über Mitglieder der Unionsfraktion heißt es, dass eine nicht unerhebliche Zahl der Abgeordneten die Forderungen Ludwigs teilen würden – vor allem die nicht geringe Zahl derjenigen, die gegen Brosius-Gersdorf gestimmt hätten.
Auf dem Onlinedienst X hatte Ludwig schon vor der gescheiterten Richterwahl offen kommuniziert, die SPD-Kandidatin Brosius-Gersdorf abzulehnen. Zuletzt hatte sie ihre eigene Fraktion provoziert, indem sie ohne Rücksprache mit der Fraktionsführung an einer Veranstaltung einer rechtskonservativen Denkfabrik in Ungarn teilnahm und sich dort offen mit AfD-Chefin Alice Weidel zeigte.
Der Fall Brosius-Gersdorf sorgte für den nächsten großen Streit in der noch jungen Koalition von Union und SPD. Die Sozialdemokraten schlugen die Wissenschaftlerin für einen Richterposten am Bundesverfassungsgericht vor. Beide Fraktionen verständigten sich zuvor auf die Kandidaten, die sich der Abstimmung stellen sollten. Doch am Tag der Richterwahl stellte sich die Unionsfraktion quer. Der Termin wurde in den September verlegt. Brosius-Gersdorf erklärte inzwischen ihren Verzicht.