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Fonds, App, Initiativen: Habeck will mit Staatshilfen der Wirtschaft auf die Sprünge helfen | ABC-Z


Fonds, App, Initiativen

Habeck will mit Staatshilfen der Wirtschaft auf die Sprünge helfen

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Die Wirtschaft lahmt. Die Konjunktur springt kaum an. Deutschland fällt immer weiter zurück. Mit diesen Befunden im Rücken legt Wirtschaftsminister Habeck eine Modernisierungsagenda vor. Die FDP verteidigt umgehend die Schuldenbremse, Kanzler Scholz lässt das Engagement loben.

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck will mit einer eigenen Modernisierungsagenda Deutschland und die Wirtschaft wieder auf Wachstumskurs bringen. Teil seiner Vorhaben und Appelle ist auch ein neuer Anlauf für die Förderung von Unternehmen mit staatlichen Mitteln. Zudem will er die Beantragung aller Sozialleistungen in einer “Deutschland App” bündeln. Wolfgang Kubicki vom Koalitionspartner SPD bezeichnete die Pläne wenig überraschend umgehend als “einfältig”. Ein Regierungssprecher betonte, dass Habeck auf eigene Rechnung unterwegs sei. Das Papier sei “ein Vorschlag in der politischen Debatte”. Es sei sehr sinnvoll, dass sich alle Beteiligten intensive Gedanken machten.

In dem drei Wochen vor dem Grünen-Parteitag von Habeck vorgelegten Papier schlug dieser eine “unbürokratische Investitionsprämie” von zehn Prozent des Investitionsvolumens vor. Das Geld soll aus einem “Deutschlandfonds” von Bund und Ländern kommen und besonders auch an “Handwerksbetriebe sowie kleine und mittelständische Betriebe” gehen. Die Laufzeit des Fonds sei auf fünf Jahre befristet. Die Staatsverschuldung würde wegen des ausgelösten Wachstums “nur moderat” steigen.

Bei der Vorstellung der Agenda sagte Habeck, dass der Fonds vorfinanziert werden müsse. “Ich sehe keine andere realpolitische Möglichkeit.” Die Idee sei auch für diejenigen, die auf einer strikten Einhaltung der Schuldenbremse bestehen, nach seiner Hoffnung ein gangbarer Weg, weil sie begrenzt sei, sagte er mit Blick auf Finanzminister und FDP-Chef Christian Lindner, an dem ein erster Anlauf gescheitert war.

“Wirklichkeit hält sich nicht an Verträge”

“Es ist nicht die prinzipielle Öffnung oder Debatte um die Schuldenbremse”, betonte Habeck. “Diese Debatte versuche ich auszusparen, indem wir eine punktuelle, konkrete Verabredung treffen und sagen, dieses Volumen für den Zeitraum steht zur Verfügung.” Ein genaues Volumen habe er “mit Absicht” nicht errechnet. Allerdings habe der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) eine mittlere dreistellige Milliardenzahl für die nächsten Jahre vorgesehen. “Wir reden hier schon von einem großen Volumen, das allerdings dann über viele Jahre verausgabt wird”, konstatierte Habeck. In seinem Papier listet er Berechnungen Dritter auf, die sich auf 230 Milliarden Euro für Infrastruktur, Forschung und Verkehr summieren.

“Das ist ein Papier, das ist mir wohl bewusst, das über die Verabredungen im Koalitionsvertrag hinausgeht”, räumte Habeck ein. Aber die Wirklichkeit halte sich manchmal nicht an Verträge. “Und wir müssen ja zur Kenntnis nehmen, dass mit den bisherigen Maßnahmen nicht nur die wirtschaftliche Erholung zu langsam geht, sondern auch das Potenzialwachstum in Deutschland.” Habeck nannte sein Impulspapier “ganz stark angebotsorientiert”, es verbessere die Standortbedingungen und sehe Steuersenkungen vor. “Ein attraktiver Standort, der sollte auch ausfinanzierbar sein”, betonte er. Dies dürfte ein unübersehbares Zugehen auf die Bedenken der FDP sein.

Habeck fordert in dem Plan zudem eine deutliche Senkung der Stromkosten. Weitere Punkte des Reformkonzepts sind eine neue Innovationsdynamik, schnellere und einfachere Genehmigungen, Klimaschutz als Standortfaktor, das Heben von Arbeits- und Fachkräftepotenzialen und eine “Offensive für neue Handelsverträge”. Das Impulspapier sei ein Beitrag zu der Diskussion mit Wirtschaftsvertretern, zu der Bundeskanzler Olaf Scholz eingeladen habe.

Wirtschaft uneins

FDP-Vize Wolfgang Kubicki monierte, Habeck habe nicht dargelegt habe, woher das Geld kommen soll. Diesem gehe es offenbar hauptsächlich darum, dem Finanzminister die Schuld an der deutschen Wirtschaftsschwäche zuzuschieben, weil dieser die Schuldenbremse einhalten wolle, sagte er der “Rheinischen Post”. Statt sich “alten Ideen eines schuldenfinanzierten Subventionsfonds zu widmen”, sollte Habeck lieber vereinbarte Maßnahmen wie den Bürokratieabbau umsetzen, sagte die FDP-Abgeordnete Carina Konrad.

Aus der SPD kam hingegen Zuspruch. “Der Vorschlag von Robert Habeck für einen Investitionsfonds kann ein Element sein”, sagte SPD-Generalsekretär Matthias Miersch der “Rheinischen Post”. Auch Christian Leye vom Bündnis Sarah Wagenknecht (BSW) begrüßte die Idee. “Jedoch fehlt mir die Vorstellungskraft, wie er sich mit diesem Vorschlag beim ideologisch verbohrten Finanzminister durchsetzen kann”, fügte er hinzu.

Der Präsident des Zentralverbands des Deutschen Handwerks, Jörg Dittrich, hält die Pläne für kaum realisierbar. “Wir brauchen kein weiteres Projekt, das auf der Umsetzungshalde landet”, sagte er t-online. Inhaltlich plädierte Dittrich eher dafür, “Steuern und Lohnzusatzkosten zu senken”.

Wirtschaftsexperten sind sich bei der Bewertung der Vorschläge uneins: DIW-Chef Marcel Fratzscher sieht die Pläne sehr kritisch. “Den meisten Unternehmen mangelt es nicht an Geld, sondern an Vertrauen, Zuversicht und Projekten, in die sie lohnenswert investieren können”, sagte er im SWR. Das arbeitgebernahe Institut der deutschen Wirtschaft in Köln kritisierte vor allem die unklaren Finanzierungspläne. Sebastian Dullien vom IMK der Hans-Böckler-Stiftung sagte, die Idee eines Investitionsfonds sei “genau der richtige Ansatz”. Moritz Schularick vom Kiel Institut für Weltwirtschaft begrüßte, das Konzeptpapier bringe “dringend benötigten Schwung in die Debatte um die notwendigen Veränderungen der deutschen Volkswirtschaft”.

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