Flughafen in Madrid als Unterkunft für Obdachlose: Wer ist zuständig? | ABC-Z

Wenn die Nacht kommt, wird es eng in Barajas. Schon kurz nach dem Metro-Ausgang ist nach 23 Uhr im Terminal 2 des Madrider Flughafens links und rechts des Fahrbands neben den Werbetafeln keine geschützte Ecke mehr frei. Obdachlose haben auch im Terminal 4 ihr Nachtquartier aufgeschlagen. In Schlafsäcken oder auf einem Stück Karton in eine dünne Decke gehüllt, versuchen sie, neben geschlossenen Check-in-Schaltern in den regnerisch kalten Winternächten ein wenig Schlaf zu finden.
Der größte Flughafen Spaniens mit jährlich mehr als 60 Millionen Passagieren ist zu einem der größten Obdachlosenasyle in der spanischen Hauptstadt geworden. Genaue Zahlen gibt es nicht, aber Sozialarbeiter sprechen von bis zu 500 Personen, die dort jede Nacht einen sicheren Platz suchen. Die Terminals des Flughafens sind rund um die Uhr geöffnet, während Metro-Stationen und Bahnhöfe nachts schließen.
„Ich habe eine Putzstelle in einer Praxis. Aber mein Gehalt reicht nicht für die Miete“, sagt eine Frau, die einen Platz auf einer Bank ergattert hat. Ihren Namen will sie nicht nennen. „Hier ist es warm. Nur ab und zu kommt die Polizei vorbei und will unsere Papiere sehen“, fährt sie fort. Nicht weit von ihr entfernt sitzt ein Student auf dem Boden über ein Buch gebeugt. Er studiere Biologie und arbeite in einem Schnellrestaurant, sagt er. Die meisten aber wollen nicht reden. Sie haben genug von den Reportern und Kamerateams, die ausschwärmen, seit die spanischen Medien das Thema entdeckt haben.
Rauschgift auf den Toiletten
Im Januar erregte die Zeitung „El País“ mit einer Reportage über den elf Jahre alten Sebastián Aufsehen. Zusammen mit seiner schwangeren Mutter verbrachte er einen Monat in der Nähe eines McDonald’s-Lokals im Terminal 4. Insgesamt dauerte es drei Monate, bis die beiden ein Zimmer in einer betreuten Wohnung bekamen. Für einige Frauen aus Südamerika, die zum Beispiel als Pflegerinnen arbeiten, ist der Flughafen an ihren freien Wochenenden der letzte Rückzugsort. Hilfsorganisationen berichten, dass die Frauen dorthin flüchteten, weil sie in ihren Familien keine Zimmer für sich allein hätten und etwa bei den Kindern schlafen müssten.
Leider seien immer mehr „schlechte Menschen“ dabei, klagt die Putzfrau im Terminal 2. Sie könnten aus Angst vor Diebstählen und Gewalt auch am Flughafen nicht mehr ruhig schlafen. „Die Lage ist außer Kontrolle geraten, aber es geschieht nichts“, sagt eine Sprecherin der Flughafengewerkschaft ASAE im Lokalfernsehen. Besonders nachts hätten die Angestellten Angst. Auf Toiletten würden Rauschgifte konsumiert, es komme zu Prostitution. Mitarbeiter würden täglich beleidigt und bedroht.
„Kosmetische Maßnahme“ vor der Messe
Aber seit Monaten will niemand den Gestrandeten wirklich helfen. Nicht nur in Madrid sind sie zwischen die politischen Fronten geraten. Auch in Barcelona und Palma de Mallorca wurde die zunehmende Zahl von Obdachlosen in den Terminals zu einem Problem. Die Flughäfen selbst gehören der staatlichen Betreibergesellschaft AENA, die der linken Zentralregierung untersteht. Doch AENA hält sich nicht für zuständig und verweist auf die Sozialbehörden der Stadt und der Regionalregierung von Madrid, die die konservative PP führt. Deren Notunterkünfte sind jedoch hoffnungslos überfüllt. Laut der Stadtverwaltung sind nur gut 70 Personen bei ihren Sozialdiensten registriert. Der große Teil seien Flüchtlinge und Asylsuchende, für die die Zentralregierung verantwortlich sei.
Auf dem Flughafen von Barcelona griffen die Sicherheitskräfte im Februar schon einmal durch. Dort schliefen jede Nacht etwa 160 Personen. Es fiel auf, dass die Aktion, die die Polizei unterstützte, kurz vor dem Mobile World Congress begann. Nach Ansicht der Gewerkschaft CCOO war das eine „kosmetische Maßnahme“ vor der großen Mobilfunkmesse. In Madrid wies die Betreibergesellschaft AENA in der vergangenen Woche Berichte zurück, sie wolle die Terminals räumen lassen. Es kam zu einem Krisengespräch zwischen dem AENA-Chef und dem Madrider Bürgermeister. Beide versicherten, sie wollten weiter eine „würdige“ Lösung für die Betroffenen suchen.
In den vergangenen Tagen war zu beobachten, wie private Sicherheitskräfte schon an den Metro-Ausgängen Ankommende ohne Gepäck tagsüber stoppten und stichprobenartig befragten, was sie am Flughafen wollten. Laut Presseberichten wird erwogen, diese Kontrollen nachts nun zu verstärken und Teile der Terminals in Madrid und Barcelona zu schließen, ohne aber ihre Türen komplett zu verriegeln.