Fitnesstrend Wandpilates: Frauen, die an Wänden kleben – Gesellschaft | ABC-Z
Ja, das Leben ist kein Ponyhof, es hinterlässt sogar Spuren, wer wüsste das besser als Frauen in den, wie es so schön heißt, mittleren Jahren. Aber muss man die sichtbaren Zeichen des altersbedingten Abbaus deswegen einfach so hinnehmen? Natürlich nicht, sagen Skincare-Influencer, Sportwissenschaftlerinnen, Ernährungsexperten und empfehlen Retinol abends gegen Zornesfalten, Liegestütze morgens gegen „Bingo Wings“ und eine generelle Mäßigung bei allen Snacks zwischendurch. So schwer ist das eigentlich nicht, oder?
Ein bisschen hier, ein bisschen da, schon lässt sich der Lauf der Zeit ein wenig anhalten. Und sollten all diese kleinen unterstützenden Maßnahmen nicht den erwünschten Effekt bringen, gibt’s ja noch radikalere Möglichkeiten: Filler, Botox, Abnehmspritzen. Gut, eventuell sieht man irgendwann genauso verzerrt aus wie Madonna, und eigentlich ist es auch nur mittelcool, zu dem gleichen Gewichtsverlust-Kniff zu greifen wie der böse Elon Musk; aber das ist eben der Preis, der zu zahlen ist, wenn man bei diesem Anti-Aging-Gewese mitmachen will.
:Kann man sich als ältere Frau dem Schönheitsideal entziehen?
In „The Substance“ spielt Demi Moore eine alternde Fitnesstrainerin, die sich mithilfe einer ominösen Tinktur in ihr jüngeres Ich zurückverwandelt. In Zeiten von Botox und Abnehmspritzen hat der Film die Debatte über den Perfektionsdruck auf Frauen noch einmal befeuert.
Hier und jetzt aber die gute Nachricht: Das muss alles gar nicht sein! Straffere Haut, Gewichtsverlust, einhergehend mit Attraktivitätszugewinn, sogar eine „erhöhte Libido“ verspricht ein „neuer Fitnesstrend“ (sind Trends nicht immer neu?), der gerade die Social-Media-Kanäle all jener flutet, die nicht mehr jung, aber noch nicht alt sind. Gesteuert von einem Algorithmus, der noch böser ist als Elon Musk. (Memo an sich selbst: Nie und nirgendwo das echte Geburtsdatum angeben, außer man braucht einen neuen Pass.) Worum es geht? „Wall Pilates“, Turnübungen an der Wand. Fasziniert sieht man sehr viele Frauen und sehr wenige Männer, die sich an Wände pressen, als hätten sie starken Gegenwind, dazu bewegen sie ihre Arme wie ein Hampelmann oder hocken verkrampft, als wären sie eigentlich gerne woanders, nämlich auf dem stillen Örtchen. Dazu geben sie Sätze zum Besten wie „In meinen 60ern bekam ich so meinen Körper aus den 20ern wieder“ oder „Es ist nie zu spät, sich selbst neu zu erfinden“. Hey, ihr sitzt nur an Wänden, ihr versetzt keine! Aber gut.
Bei den nicht ganz so professionellen Wall-Pilates-Anhängerinnen blitzt dann auch mal ein Spitzenhöschen hervor, das man so nie sehen wollte, einmal latscht der Pudel des Hauses in ein Reel, es wirkt, als frage sich der Hund genau in diesem Moment: Sind die Menschen jetzt verrückt geworden? Recht viele Wände könnten mal einen neuen Anstrich gebrauchen.
Mauer statt Matte – was für ein schlauer Trick! Denn Mauern gibt es überall (sogar im Hotelzimmer, wie eine Influencerin beflissentlich erwähnt, guter Hinweis), Matten nicht. Auf der anderen Seite: Haben wir nicht jetzt schon viel zu viele Mauern, die eingrenzen – und zu wenige Matten, auf die man weich fallen kann?