Kultur

Festival für Objekttheater: Neujustieren in Echtzeit | ABC-Z

Passt ein Raumschiff in eine Garage? In der Garage im Hof der Schaubude steht eins. „Robinson Crusoe“ steht im Bücherregal, leere Pizzakartons stapeln sich in der Ecke. Noch ist der coole Retrodrehstuhl vor dem großen Panoramafenster unbesetzt. Zwölf neugierige Augen schauen auf das detailverliebte Pappmodell. Einer setzt sich die VR-Brille auf und wird in das Raumschiff katapultiert. Er ist das einzige Besatzungsmitglied und muss erst mal eine Taschenlampe finden, so dunkel ist es da drin.

PRESS (ST) ART probiert auf dem Festival Theater der Dinge mit neugierigen Festivalbesuchern aus, ob das Cross-Reality-Game „Now! A Realities Odyssee“, das noch in der Entwicklung ist, in der Anwendung funktioniert.

PRESS (ST) ART wollen ein Spiel, in dem sich der Spieler mit der VR-Brille und die Mitspielenden, die mit einem Tablet durch das Raumschiff navigieren, im virtuellen Raum vereinen. Das gelingt und ist ein schöner, überraschender Gemeinschaftsmoment.

Ungern setzt man die VR-Brille ab, weil es im virtuellen Raumschiff so gemütlich ist. Das hat konkret mit dem Pappmodell zu tun, das in der Garage steht. Es wurde als visuelle Grundlage für das Spiel abfotografiert. Seine Haptik ist auch noch im virtuellen Raum spürbar.

Fokus auf Autonomen Objekten

Das kreative Zusammendenken von traditionellen künstlerischen Praktiken mit Technik im Allgemeinen und im Speziellen mit KI, ist die Schnittmenge bei allen Produktionen der diesjährigen Ausgabe des Theaters der Dinge, des Internationalen Festivals des zeitgenössischen Figuren- und Objekttheaters. Liegt der Fokus doch auf den Autonomen Objekten.

16 Produktionen aus sieben Ländern wurden Anfang November an sieben Standorten in Berlin gezeigt. Das Festivalzentrum, die Schaubude, war tapeziert mit KI-generierten Hasenfotos vom UFK Benedikt Braun & Gaswerk Weimar e. V., denn das Theaterfoyer war temporärer Produktionsort. Alle konnten sich ihre eigenen Hasenfotos generieren lassen nach dem Muster: Nimm ein Foto von dir, gib der KI die entsprechende Anweisung und lass dich überraschen!

In der Garage gab es noch einen anderen Untermieter: eine kleine Maschine, die ihren „Arm“ in verschiedene Richtungen bewegen kann. Man ertappte sich dabei, ihre durch Technik generierten Bewegungen sexy zu finden, so wurde sie in Szene gesetzt – im Zusammenspiel einer KI-generierten „Stimme der Maschine“, einem elektronischen Klangteppich und einem starken Lichtspot.

„Drawn“ von Luit Bakker, Niederlande. Im kleinen Theatersaal vereinte Marya Kamarova aus Belgien (555 bugs) durch eingebaute Kleinstelektronik ein Meer von winzigen Blechdosen und anderen Miniobjekten zu einem spannenden, ständig sich verändernden Klangteppich.

Haut und Muskeln

Im großen Saal setzt ihr Landsmann Ugo Dehaes ein Experiment fort, mit dem er schon 2023 Gast des Festivals war: Tanz soll durch Roboter performt werden. In „Moving Skin“ sucht er nach einem Äquivalent für Haut und Muskeln. Immer neue Versuchsvarianten holt er aus seinen Pappkartons, lässt sie auf dem Spieltisch ihre Runden drehen und kommentiert, was wieder nicht geklappt hat. Und entwickelt direkt aus dem Scheitern heraus eine neue Idee.

Was mit jedem Festivaltag deutlicher wird: Man kann sich noch mal ganz neu kennenlernen. So viele noch nie gesehene, nicht zuordenbare Wesen sind Überraschung hoch drei. Jedes Mal muss man sich neu justieren. Man fängt an, sich dabei zu beobachten, und so ist man, während man im Zuschauerraum sitzt, eigentlich ein eigenes Einmanntheater.

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