Fernwärme: Deckelt die Heizkosten | ZEIT ONLINE | ABC-Z

Über eine mollig warme Wohnung zu reden, ist derzeit nicht sonderlich beliebt. Zum einen passiert politisch weitaus Aufregenderes, zum anderen steigen draußen die Temperaturen und die Sonne scheint. Im Frühling also übers Heizen diskutieren? Ernsthaft?
Man muss dem Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) dankbar sein, dass er es trotzdem wagt. Interessante Daten haben die Verbraucherschützer da ermittelt: In mehr als jedem vierten von knapp 580 Fernwärmenetzen zahlen die Kunden mindestens 20 Cent je Kilowattstunde. Das ist im Vergleich zu den laufenden Kosten von Wärmepumpen oder Gasöfen zwar noch nicht unverschämt teuer. Trotzdem ist es richtig, dass der vzbv einen Preisdeckel für Fernwärmekosten fordert.
Preisdeckel, also staatlich festgelegte Obergrenzen, sind dem Wettbewerb eigentlich fremd. Man kennt derlei Debatten vom Mietmarkt, wo ja auch heftig über Mietpreisbremsen, -deckel und andere Instrumente gestritten wird. Der Unterschied ist nur: Im Mietmarkt gibt es zumindest noch etwas Spiel von Angebot und Nachfrage. Bei der Fernwärme gibt es nur Monopolisten, in deren Anschlussgebiet die eigene Wohnung liegt oder nicht. Liegt sie drinnen, muss man zahlen.
Ein Deckel ist hier sinnvoll, weil es sonst keinerlei Motivation für den jeweiligen Versorger gibt, sein Angebot zu verbessern. Die Kunden können ja nicht weglaufen. Anders als beispielsweise bei einer Wärmepumpe oder einer Gasheizung, bei der man jederzeit zu einem günstigeren Strom- oder Gasanbieter wechseln kann, fehlt bei der Fernwärme diese Möglichkeit. Den Fernwärmeanschluss stillzulegen und beispielsweise eine andere Heizungsform zu wählen, ist oft auch nur theoretisch möglich. Vor allem, wenn vor Ort ein Anschluss- und Benutzungszwang besteht (was angesichts der hohen Investitionskosten eines Fernwärmenetzes sogar verständlich ist).
Ausgerechnet aus den Daten der drei großen Branchenverbände der Fernwärmelieferanten haben die Verbraucherschützer nun ermittelt, wie stark die Preise für deren Kunden variieren. Der mittlere Preis, der sogenannte Median, beträgt demnach 17 Cent je Kilowattstunde. 27 Prozent aller Haushalte zahlen jedoch mindestens 20 Cent, fast jeder zehnte Haushalt sogar mehr als 25 Cent. Grundlage der Berechnung war der angenommene Verbrauch von Mehrfamilienhäusern mit 30 Wohnungen.
Die Spannweite ist auch ein Ausdruck fehlender Anreize zu kundenfreundlichem Verhalten. Dass es hier Probleme gibt, ist allgemein bekannt. Die Ampelregierung war zerbrochen, bevor sie die geltenden Regeln für die Fernwärme grundlegend überarbeiten konnte. Ein neuer Versuch dürfte sich hinziehen. Solange die Kunden keine korrigierende Rolle ausüben können, weil es keinen Wettbewerb gibt, braucht es den Deckel. Das ist zwar nicht die beste Lösung – aber besser als gar keine.