Feldhase in und um München: Unschöne Bestandslage zur Osterzeit – Landkreis München | ABC-Z

„Wer kann das sein, mit Stummelschwänzchen, zwei langen Ohren dichtem Fell? Er kann, wenn’s sein muss, Haken schlagen, lebt auf dem Feld und ist sehr schnell“. Dieser Frage hat sich die frühere Dresdener Rundfunksprecherin Gertraude Witschas einst in poetischer Form angenommen. Die Antwort kennt dabei jedes Kind: „Na klar, der Hase ist’s, der Wieselflinke“, klärt sie in ihrem Gedicht „H wie Hase“ auf. Welcher Hase genau beim Dichten vor ihrem geistigen Auge ins Bild hoppelte, ließ sie offen.
Dabei schlagen weltweit der Schneehase, der Wüstenhase, der Feldhase und weitere Vertreter seiner Art Haken. Auf Letzteren wird bereits der Abgesang angestimmt. Der Feldhase macht sich wohl mehr und mehr vom Acker. Das jedenfalls beklagt der Landesbund für Vogel- und Naturschutz Bayern, der sich dazu kurz vor Ostern, also zur rechten Zeit, zu Wort meldete. „Die Situation der Feldhasen in der Landeshauptstadt und den angrenzenden Landkreisen ist dramatisch“, erklärt Heinz Sedlmeier, Geschäftsführer der Münchner Kreisgruppe des LBV. Die Kombination aus Flächenfraß, intensiver Landwirtschaft, Straßenverkehr und Bejagung wirke sich fatal auf die Hasenbestände aus. Aber auch frei laufende Hunde machten den Feldhasen das Leben und Überleben schwer.
Freizeitdichterin Gertraude Witschas hat sich auch auf diese Problemlage einen Reim gemacht: „Man kriegt ihn nur recht selten zu Gesicht, denn Menschentrubel, Hunde, Füchse, Motorenlärm, das mag er nicht.“ Was er außerdem nicht mag, das sind schwere Bagger, die ihm seinen Lebensraum unter dem Hintern wegschaufeln. Denn als Feldhase ohne Feld lebt es sich schwer, zumal der Acker und seine Mulden Speiseraum, Wohn – und Schlafzimmer in einem sind für die Feldhasenfamilie. Es wird den Feldhasen wenig trösten, wenn sich auf seinem Lebensraum ein Discounter ansiedelt, in dessen Regalen Klone seiner Art stehen, die zartbitter lächelnd sich den Kunden für süße Stunden anbieten. Dort müssen diese zwar keine Angst vor Fuchs und Hund haben, umso mehr aber vor dem Menschen, ihrem ärgsten Feind, der die grausame Gewohnheit hat, ihnen bald nach dem Kauf zuerst einmal den Kopf abzubeißen. Wenn es so weitergehe, orakelt Naturschützer Sedlmeier, werde es in München bald nur noch Hasen aus Schokolade geben. In München Stadt und Landkreis findet man Feldhasen derzeit nur noch an Waldrändern und Bahnbrachen sowie vereinzelt auf Feldern und Ackern. Dabei sei bis zur Jahrtausendwende der Feldhase häufig anzutreffen gewesen auf den großen Wiesen und Brachflächen mitten in der Stadt, die es inzwischen nicht mehr gebe. Auf dem Land verschwänden gleichzeitig durch intensive Landwirtschaft Futterquellen und Rückzugsorte zugunsten immer breiterer Wege für Gerätschaften.
Wird der letzte Münchner Feldhase aus Fleisch und Blut also in absehbarer Zeit neben Problembär Bruno ausgestopft im Museum Mensch und Natur in Nymphenburg stehen? Auf Magie setzen kann man in diesem Fall wahrscheinlich nicht. Bisher sind jedenfalls nur Fälle von aus dem Hut gezauberten Kaninchen bekannt. Aber vielleicht klappt’s auch mit dem Feldhasen.