Berlin

Feiern in Berlin: Auf dem Dancefloor ist viel Love | ABC-Z

D as Wochenende beginnt mit einer Party der härtesten Sorte: Kindergeburtstag. Weil die Schul­freun­d*in­nen in den Ferien sind, ist zu diesem ersten Teil der Feierlichkeiten nur der allerengste Kreis geladen: fünfeinhalb Kids und sechs Erwachsene, fast ausgeglichene Machtverhältnisse also.

Es gibt Erdbeertorte mit rosa Buttercreme, Kreischen und Tränen der Überreiztheit. Als die Kleinen dann im Kinderzimmer damit beschäftigt sind, das neue Lego aufzubauen, packen die Eltern die juicy Geschichten aus. Die Mutter des Siebenjährigen wurde zur Schulleitung zitiert, weil er im Unterricht Hakenkreuze in sein Heft gemalt hat. „Er hat mir erklärt, dass er das irgendwo durchgestrichen gesehen hat und dass es heiße, man ist gegen Krieg“, erzählt sie Tränen lachend.

Ein weiteres Kind war auch dabei, als das verfassungsfeindliche Symbol erspäht wurde, seine Interpretation lautete, es gäbe an der Stelle „kein Labyrinth“. Warum es das Hakenkreuz nicht auch irgendwo hingekritzelt hätte? Achselzucken bei der Mutter. „Er kann halt absolut nicht malen“. Der Dreijährige kommt aus dem Kinderzimmer und singt, ihm sei la-la-la-langweilig, bevor er beginnt, mit dem Handstaubsauger die Kuchenkrümel wegzuschlürfen.

Der Fünfjährige, der in Neukölln in die Kita geht, hat neulich beim Ins-Bett-bringen gefragt: „Papa, sind Zombies halal?“ Ansonsten hat das Kind ein KI-generiertes Lied mit dem Titel „Bombardiro Crocodilo“ nach Hause mitgebracht, das es seither in Endlosschleife hört. Schranztechno mit italienischem Ballaballa-Text, kompletter Brainrot. Oder wie der Teenie-Sohn von J. es nennt: Gehirnschimmel. Der wiederum hat neulich zusammen mit einem Freund einen Kuchen in Gestalt einer Melone gebacken, aus Solidarität mit den Menschen in Gaza. The kids are alright, right?

Nach dem Kindergeburtstag ist Erwachsenenparty

Der Samstag ist Erwachsenenparty. Im Heideglühen am Westhafen legt Roman Flügel auf. Der denkbar beste Anlass, das erste Mal seit Jahren wieder in einen Club zu gehen. Als S. und ich gegen 20.30 Uhr eintreffen, ist die Party schon seit ein paar Stunden im Gange, die Stimmung bestens. Ich fühle mich an die Clubszene in „Allegro Pastell“ erinnert, die mit Abstand euphorischste Stelle in Leif Randts Roman über zwei umfassend wohltemperierte Gegenwartsbewohner*innen.

Kaum kommen wir mit unseren Getränken von der Bar, steht auf dem Open-Air-Floor: Leif Randt. Oh, hi! Die nächsten Stunden verbringen S. und ich damit, zu tanzen, Clubmode-Trends zu beobachten (dunkle Sonnenbrillen auf dem Dancefloor sind zurück?) und uns den Livestream auf Casey Spooners Instagram-Kanal anzuschauen.

Der Musiker, der Anfang der Nullerjahre als eine Hälfte des New Yorker Performance-Duos Fischerspooner den mittelgroßen Hit „Emerge“ landete, feiert in Bärchens Knallhaus seine Hochzeit. Das Bräutigam-Paar trägt genau wie die meisten der Gäste weiß, lange Schleier, ohne Ende Tüll. Die ganze Veranstaltung ist eine Mischung aus Modenschau und Ballroom-Performance, aufgezeichnet von Dutzenden Kameras.

Im Heideglühen herrscht striktes Fotoverbot. Auf dem kleinen Floor riecht es nach Kokos, Pfirsich-Aroma und Zigarettenrauch. Eine Minute vor Mitternacht wird DJ Malika mit johlendem Applaus verabschiedet. Roman Flügel, der Benjamin Button unter den deutschen DJs, beginnt sein House-Set mit einem Remix von Boney Ms „Sunny“, textlich runterreduziert auf die Zeile „Thank you for the love“.

Die nächsten drei Stunden ist viel, viel Love im Raum, dazu Schweiß, Nebel und mehr Körper pro Quadratmeter, als die Versammlungsstättenverordnung es erlaubt. Wie hatte vorhin jemand gesagt? „Hier ist die Welt noch in Ordnung“. Und für einen klitzekleinen Moment stimmt das sogar.

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