“Fehlt sachliche Herleitung”: Trumps und Habecks North Atlantic Treaty Organization-Forderungen stoßen auf Kritik | ABC-Z
“Fehlt sachliche Herleitung”
Trumps und Habecks NATO-Forderungen stoßen auf Kritik
08.01.2025, 00:03 Uhr
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Deutschland erreicht 2024 erstmals das Zwei-Prozent-Ziel der NATO. Dass die Ausgaben für Verteidigung nicht reichen, ist unstrittig. Die jüngsten Forderungen nach einer Aufstockung von Trump und zuvor von Habeck stoßen jedoch auf Gegenwehr bei zwei Verteidigungsexperten von der FDP.
Der Vorsitzende des Verteidigungsausschusses im Bundestag, der FDP-Politiker Marcus Faber, hat die Forderung des designierten US-Präsidenten Donald Trump, die NATO-Staaten sollten künftig fünf statt zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts für Verteidigung ausgeben, zurückgewiesen. “Die 32 NATO-Staaten werden sich auf ein neues gemeinsames Minimum jenseits des Zwei-Prozent-Ziels einigen müssen”, sagte er dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). “Das werden aber eher drei als fünf Prozent sein.” Faber betonte außerdem: “Und das wird im Konsens beschlossen.”
Trump hatte sich bei einer Pressekonferenz in seinem Anwesen Mar-a-Lago in Florida geäußert und mit Blick auf die anderen NATO-Staaten nachgeschoben: “Sie können es sich alle leisten.” NATO-Generalsekretär Mark Rutte hatte bereits angedeutet, dass er mit verstärktem Druck von Trump in dieser Frage rechnet. Der Republikaner hatte im Wahlkampf angekündigt, sich in der NATO dafür einsetzen zu wollen, dass alle Bündnismitglieder künftig drei Prozent ihres Bruttoinlandsprodukts für Verteidigung ausgeben. Nun erhöhte er seine Forderung noch weiter. Das aktuelle NATO-Ziel sieht lediglich eine Mindestquote in Höhe von zwei Prozent vor.
Strack-Zimmermann wirft Habeck Wahlkampf-Motive vor
Auch an der 3,5-Prozent-Forderung des grünen Kanzlerkandidaten Robert Habeck gab es erneut Kritik. Die FDP-Verteidigungspolitikerin Marie-Agnes Strack-Zimmermann sprach sich zwar ebenfalls für deutlich höhere Ausgaben für Verteidigung aus. Habecks Vorstoß missbilligte sie jedoch. “Der Vorschlag von Robert Habeck, die Verteidigungsausgaben auf 3,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts zu steigern, dürfte ausschließlich dem Wahlkampf geschuldet sein”, sagte Strack-Zimmermann der “Rheinischen Post”. “Er versucht offensichtlich, Verteidigungsminister Boris Pistorius zu kopieren in der Hoffnung, die eigenen Umfragewerte zu verbessern. Dazu eignet sich die Frage der Sicherheit allerdings ganz und gar nicht.”
Die FDP-Politikerin führte weiter aus: “Zur Wahrheit gehört, dass spätestens seit dem russischen Angriff auf die Ukraine zwei Prozent vom Bruttoinlandsprodukt für Verteidigungsausgaben nicht im Entferntesten mehr genügen”, so Strack-Zimmermann. “Wir sind enormen Bedrohungen ausgesetzt. Umso wichtiger ist es, gemeinsam mit der NATO und der EU Fähigkeiten aufzubauen und diese finanziell zu hinterlegen und nicht aus der hohlen Hand heraus Pi mal Daumen eine Zahl in den Raum zu stellen”, sagte sie.
DIW-Chef Fratzscher vermutet taktisches Manöver von Habeck
Ähnlich argumentierte der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin), Marcel Fratzscher. “Robert Habeck hat recht, dass Deutschland in der Zukunft sehr viel mehr Geld für Verteidigung und Sicherheit wird ausgeben müssen”, sagte Fratzscher der “Rheinischen Post”. “Hinzu kommen große Belastungen für den Wiederaufbau der Ukraine. Die Zahl von 3,5 Prozent halte ich jedoch für aus der Luft gegriffen, ihr fehlt eine sachliche Herleitung”, sagte Fratzscher.
“Meine Vermutung ist, dass die Forderung von Robert Habeck ein taktisches Manöver im Bundestagswahlkampf ist, um die Absurdität der Schuldenbremse und deren katastrophale Konsequenzen zu unterstreichen.” Denn eine neue Bundesregierung werde ohne Umgehung der Schuldenbremse keine zusätzlichen Ausgaben für Verteidigung leisten können, ohne andere Investitionen noch stärker zu kürzen und die Wirtschaft empfindlich zu schwächen, sagte Fratzscher.