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Kann Saudi-Arabien im Ukraine-Krieg vermitteln? | ABC-Z

Diese Woche treffen sich der US-amerikanische und der russische Außenminister in Riad zu ersten Gesprächen über den Ukraine-Krieg. Für Riad ist das ein enormer diplomatischer Erfolg.

Für diesen Dienstag sind sie zum Gespräch verabredet, der US-amerikanische Außenminister Marco Rubio und sein russischer Amtskollege Sergei Lawrow. Thema ihrer Unterredung wird ein mögliches Ende des Angriffskriegs gegen die Ukraine sein, den Russland vor knapp drei Jahren begonnen hatte.

Das Gespräch soll den Auftakt zur geplanten Unterredung zwischen US-Präsident Donald Trump und seinem russischen Gegenüber Wladimir Putin bilden. „Wir werden uns in Saudi-Arabien treffen“, hatte Trump nur wenige Stunden nach einem Telefonat mit Putin gegenüber der Presse erklärt. Anschließend hatte er mit dem ukrainischen Präsidenten telefoniert.

Dass beide Gespräche – zunächst das zwischen den beiden Außenministern, dann das zwischen den beiden Präsidenten – in Riad, der Hauptstadt Saudi-Arabiens, stattfinden sollen, ist für die Führung des Königreichs ein erheblicher Triumph. Denn damit kann sie sich als Vermittlerin in dem derzeit größten internationalen Konflikt der Welt und damit als eine diplomatische Instanz ersten Ranges präsentieren.

Bereits in seiner ersten Amtszeite hatte sich Trump anerkennend über die diplomatischen Initiativen Saudi-Arabiens geäußert. Zudem war der saudische Kronprinz Mohammed bin Salman (MbS) das erste ausländische Staatsoberhaupt, das Trump nach seinem Amtsantritt anrief. In seiner Videoansprache vor Publikum beim Weltwirtschaftsforum in Davos nannte er den Kronprinzen einen „wunderbaren Menschen“.

Mit der Ankündigung, Putin auch in Anwesenheit von Prinz Mohammed bin Salman zu treffen, erkenne Trump Saudi-Arabien als führendes Land auf der globalen politischen und wirtschaftlichen Bühne an, sagen Experten. Diese Rolle, so der in London lebende Politologe Mohammed Qawas, gründe in dem Umstand, dass Saudi-Arabien nicht allein politisch und ökonomisch bedeutsam sei, sondern zudem ausgezeichnete Beziehungen sowohl zu Washington als auch zu Moskau unterhalte. „Mit Blick auf den Nahen Osten spielt Saudi-Arabien bei allen Vermittlungen eine Schlüsselrolle. Sämtliche Verhandlungen in der Region laufen über Riad.“

Das Königreich habe im Ukraine-Krieg bereits mehrfach vermittelt, so Qawas. „Ebenso wie die Vereinigten Arabischen Emirate hat es sich bei mehreren Initiativen zum Austausch von Kriegsgefangenen engagiert.“ Wenn Trump nun Saudi-Arabien als Ort für das Treffen wählt, dann auch darum, weil er eine besondere Beziehung zu dem Land aufbauen wolle.“ Der Grund dafür dürfte in dem Umstand liegen, dass Saudi-Arabien zuletzt erklärt hatte, dass es das von Trump ins Spiel gebrachte Gaza-Projekt ablehnt. „Vielleicht nähern sich die beiden Seiten nun wieder einander an. Trump möchte, dass Saudi-Arabien zu dem Land wird, in dem der Krieg in der Ukraine beendet werden könnte.“

Während des gesamten Ukraine-Krieges zeigte sich Saudi-Arabien neutral. Das Land verzichtete darauf, sich der Kritik und den Sanktionen des Westens gegen Russland anzuschließen. Über Kronprinz MbS stand das Königreich zudem in regelmäßigem Kontakt mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj. Darüber hinaus hatte Saudi-Arabien die Bereitstellung eines humanitären Hilfspakets für die Ukraine im Wert von 400 Millionen US-Dollar (381 Millionen Euro) angekündigt. Und das King Salman Humanitarian Aid and Relief Center (KSRelief) unterzeichnete zwei gemeinsame Kooperationsabkommen mit der Weltgesundheitsorganisation (WHO) und dem Hohen Flüchtlingskommissariat der Vereinten Nationen (UNHCR) zur Bereitstellung medizinischer Hilfe und Unterkunft für Flüchtlinge aus der Ukraine in deren Nachbarländern. Die dafür vorgesehenen Mittel im Wert von zehn Millionen US-Dollar (9,54 Millionen Euro) sollen zwischen diesen zu gleichen Teilen aufgeteilt werden.

Putin seinerseits unterstrich 2023 die Beziehung zu Saudi-Arabien, als er MbS für seine Hilfe bei der Organisation des größten Gefangenenaustauschs zwischen den Vereinigten Staaten und Russland seit dem Kalten Krieg dankte.

Mit seiner Neutralität habe sich Saudi-Arabien in seine derzeitige Vermittlerrolle gebracht, sagt Mohammed Qawas. Saudi-Arabien versuche eine für alle Seiten möglichst akzeptable Rolle zu spielen. „Zugleich legt das Königreich Wert auf seine Beziehungen zu den Europäern. Es wird darauf achten, dass seine Politik den europäischen Sicherheitsinteressen nicht schadet.“

Sowohl zu den Vereinigten Staaten als auch zu Russland unterhält Saudi-Arabien enge Wirtschaftsbeziehungen. Auch darum ist das Land ein geeigneter Vermittler. Denn jedes Abkommen müsse finanziell gestützt sein, sagt Mohammed Qawas. „Und diese Mittel kann Saudi-Arabien bereitstellen. Oder es kann Staaten kontaktieren, die sich an der Finanzierung beteiligen können.“ Selenskyj fordere vor allem Sicherheitsgarantien, so Qawas. „Aber es braucht ebenso Wirtschafts- und Investitionsgarantien.“

Saudi-Arabien demonstriere zudem seine Unabhängigkeit von seinen bisherigen Partnern, so Qawas. „Das zeigte sich, als dessen Staatsführung 2022 ankündigte, die Erdöl-Fördermengen zu senken. Das hätte in den USA zu einer Preissteigerung geführt, weshalb es zwischen Riad und Washington zu erheblichen Spannungen kam. Eigensinn bewies das Königreich auch, als es zu dem von dem damaligen US-Präsidenten Biden vorangetriebenen Ukraine-Kurs auf Distanz ging. Zuletzt nahmen beide Staaten hinsichtlich des Krieges im Gazastreifen unterschiedliche Positionen ein. „All dies dürfte Washington veranlassen, sich um Saudi-Arabien zu bemühen, um den Kontakt im Zweifel nicht völlig zu verlieren.“

Aus dem Arabischen adaptiert von Kersten Knipp.

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