FC Bayern: Wieso João Palhinha unter Trainer Vincent Kompany zum Härtefall wird | ABC-Z

Der FC Bayern zahlt 50 Millionen für João Palhinha, er gilt als Schlüsselspieler. Doch vor dem Spitzenspiel gegen Bayer Leverkusen ist der Portugiese nur Ersatz. Bisher ist der 29-Jährige nur persönlich, nicht auch sportlich in Bayern angekommen. Ist er zum falschen Zeitpunkt am richtigen Ort?
Die Kultur und Landschaft seiner neuen Heimat hat er bereits mit Begeisterung entdeckt. João Palhinha unternahm eine Bootsfahrt über den Tegernsee, stemmte auf dem Oktoberfest ein Bier in die Höhe und war in München unterwegs – der Portugiese ist in Bayern angekommen. Zumindest persönlich.
Sportlich noch nicht. Samstag (18.30 Uhr, Sky) empfängt sein FC Bayern im Topspiel der Bundesliga Bayer Leverkusen. Erster gegen Zweiter, Rekordmeister gegen den amtierenden Meister – auf diese Partie blicken alle Fußball-Interessierten in Deutschland. Und Palhinha droht erneut die Rolle des Zuschauers. Er könnte überraschend zum Härtefall der Bayern werden.
Bereits vor einem Jahr wollten sie ihn haben. Unter dem damaligen Trainer Thomas Tuchel war der inzwischen 29-Jährige sogar zum Medizincheck in München. Kurzfristig scheiterte der sicher geglaubte Transfer am Geld. Die Bayern blieben in Kontakt mit dem Profi, auch nach der beschlossenen Trennung von Tuchel. Im vergangenen Sommer unterschrieb Palhinha bis 2028 bei den Bayern. Sie zahlten für ihn rund 50 Millionen Euro an den FC Fulham.
Doch der erhoffte Königstransfer ist er bislang nicht. Noch ist die Saison jung, es ist zu früh für ein Fazit. Doch wie ein neuer Spieler einschlagen kann, zeigt Michael Olise, den die Bayern ebenfalls erst vor einigen Wochen verpflichteten. Palhinha hingegen ist bislang nur Ersatz. Seine ersten Wochen liefen anders, als es viele erwartet hatten. In der Branche wird der Transfer hinterfragt.
Palhinha stand erst einmal in der Startelf
Sechs Pflichtspiele haben die Bayern in dieser Saison bislang absolviert. Palhinha gehörte lediglich einmal zur Startelf, beim 6:1 in der Liga bei Aufsteiger Holstein Kiel. Er überzeugte – und saß doch beim folgenden Spiel in der Champions League gegen Dinamo Zagreb (9:2) draußen, Trainer Vincent Kompany wechselte ihn nicht ein.
Der Konkurrenzkampf im zentralen Mittelfeld ist enorm. Kompany setzt bislang auf Joshua Kimmich und Alexsandar Pavlovic. Als die Bayern Palhinha kauften, schien die Zukunft Kimmichs offen. Im vergangenen Sommer nun entschied man im Klub: Kimmich soll Leitfigur der Mannschaft sein, die Rolle im Mittelfeld bekommen, statt hinten rechts eingesetzt zu werden. Der 29-Jährige soll mittel- und langfristig sogar Kapitän sein. Und Pavlovic entwickelte sich zuletzt sehr gut.
Die Frage nun: Hält Vincent Kompany auch gegen Leverkusen an seiner bislang so starken „Doppelsechs“ Kimmich und Pavlovic fest? Oder wechselt er?
Dietmar Hamann spielte für den FC Bayern und die Nationalelf. Der Sky-Experte sagte: „Es wird sicherlich Spiele geben, in denen er gebraucht wird, die Frage ist, ob das reicht. Denn wenn du einen Mann für 50 Millionen holst, dann gehe ich davon aus, dass er im Jahr 45 bis 50 Spiele macht.“
Palhinha trägt keinen Ehering, seine Frau ist schwanger
Hamann betonte hinsichtlich des 9:2 gegen Zagreb aber auch: „Das sind nicht die Spiele, in denen du einen Palhinha brauchst, den brauchst du gegen bessere Mannschaften. Weil wenn er irgendwo Defizite hat, dann fußballerisch. Es liegt ihm natürlich auch nicht, wenn er reinkommt, es 5:0 steht und jeder macht Hacke, Spitze, eins, zwei, drei. Das ist auch nicht sein Spiel.“
Tuchel wollte mit Palhinha unbedingt einen defensiv denkenden „Sechser“ haben. Kompany hat eigene Vorstellungen. Rund um den FC Bayern kommt die Frage auf: Ist Palinha zum falschen Zeitpunkt am an sich richtigen Ort?
Max Eberl sieht es gelassen, dass Palhinha bislang nur Ergänzungsspieler ist. „Er hat jetzt seinen Schritt gemacht. João kommt aus der Premier League, einer anderen Liga. Das sollte man berücksichtigen“, sagte der Sportvorstand des FC Bayern der „Abendzeitung.“ Eberl weiter: „Er brauchte Zeit, um sich an alles zu gewöhnen. Neuer Verein, neue Stadt, neue Sprache, Trainer, Mannschaft – alles ist neu. Das braucht einfach Zeit.“ Die Klubbosse betonen immer wieder: Wir benötigen einen breiten Kader.
In Palhinhas Heimat und in München stellt sich mancher die Frage, inwiefern ihn neben der sportlichen Situation sein Privatleben ihn beschäftigt. Es wird über Probleme in seiner Ehe und eine Trennung berichtet. Seine Frau Patrícia Palhares, eine Sängerin, löschte auf Instagram alle gemeinsamen Fotos. Als er nach München zog, blieb sie offenbar zunächst in Portugal und verkündete Mitte September, dass sie erneut schwanger sei. Das Paar hat bereits einen Sohn. Palhinha trug zuletzt keinen Ehering.
Julien Wolff ist Fußball-Redakteur. Er berichtet seit 2011 aus München über den FC Bayern, zudem über die Bundesliga und die Nationalmannschaft.