FC Bayern Basketball: Gordon Herbert und die kleine Rotation – Sport | ABC-Z

Pat Riley, 79, gilt als einer der zehn besten Trainer der NBA-Geschichte. Mit den Los Angeles Lakers gewann er viermal die nordamerikanische Profiliga, mit den Miami Heat einmal. Riley hat in seiner Karriere 1904 NBA-Spiele gecoacht, 282 davon in den Playoffs. Und er hatte einen Glaubenssatz, der immer dann heraus gekramt wird, wenn in irgendeiner Basketballliga auf der Welt die Playoffs anstehen: „Use eight, rotate seven, play six, trust five.“ Um also in den Playoffs erfolgreich zu sein, so Riley, sollte man als Trainer acht Spieler einsetzen, sieben in der festen Rotation haben, sechs Spieler wirklich spielen lassen (so circa 30 Minuten pro Spiel). Und nur fünf Spielern uneingeschränkt vertrauen, in den entscheidenden Minuten das Spiel, die Serie, die Saison zu gewinnen.
Gordon Herbert, 66, immerhin einer der besten Trainer Europas, dürfte das rileysche Mantra nicht nur kennen, sondern sogar als Naturgesetz verstehen. Weiß man doch spätestens seit seiner (sehr erfolgreichen) Zeit als Trainer der deutschen Nationalmannschaft, dass Herbert in entscheidenden Spielen nur auf sehr wenige, eben circa fünf bis acht Spieler setzt. Als der Weltmeistertrainer vor der Saison bei den Basketballern des FC Bayern München vorgestellt wurde, merkte so manch einer richtigerweise an, dass ja eine Saison im Vereinsbasketball erstens kein Olympia-Turnier und zweitens verdammt lang sei. Man denke nur an die Doppelbelastung und an all die Doppelspieltagswochen in der Euroleague. Herbert, so die einhellige Meinung, könne unmöglich an seinem Coaching-Grundsatz festhalten, viel zu groß sei die Verletzungsgefahr oder zumindest die Gefahr, dass ab April keiner mehr auch nur zum Sprint ansetzen kann.
Basketball-Bundestrainer Herbert
:„Vertraute sagten mir: Da ist nichts mehr in deinen Augen“
Wie ergeht es erfolgreichen Menschen, wenn sie in ein Loch fallen? Weltmeister-Coach Gordon Herbert erklärt seinen Weg aus einer Depression, was ihm dabei half und wie Basketball den Charakter formt.
Aber Gordon Herbert ist sich die komplette Euroleague-Saison über treu geblieben. Und auch in der Bundesliga ließ er manchmal lieber eine kleine Rotation spielen, als auf so manchen Ergänzungsspieler zurückzugreifen. Herbert ließ also bis jetzt so spielen, als seien immer Playoffs. Und so scheint es ihn auch jetzt nicht übermäßig zu beschäftigen, dass erstens demnächst tatsächlich die Playoffs in der Euroleague anstehen und dass er zweitens auf zwei seiner wichtigsten großen Spieler aktuell aus Verletzungsgründen verzichten muss.
Noch sechs Spiele sind es bis zu den Playoffs, die aktuell in Reichweite zu sein scheinen
Devin Booker, 2,05 Meter, Musterathlet und zweitbester Scorer des FC Bayern in der Euroleague, fehlt seit einem Monat mit einer Knieverletzung, nachdem er in einem Ligaspiel gegen Alba Berlin auf einem Werbesticker weggerutscht war. Momentan befinde er sich aber immerhin schon wieder im Aufbautraining, heißt es von Vereinsseite. Oscar da Silva, 2,06 Meter, fällt mit einer ähnlichen Verletzung „in den kommenden Wochen aus“, nachdem er in der vergangenen Woche am Knie operiert worden war. Und Kevin Yebo, 2,02 Meter, der zumindest homöopathisch auf einer der beiden großen Positionen eingesetzt wurde, spielt mittlerweile wieder für seinen Ex-Klub, die Niners Chemnitz. Sein ursprünglich bis 2027 gültiger Vertrag wurde aufgelöst.
Wie schon in den vergangenen Wochen empfahl sich auch am Sonntagabend beim 87:78 Heimsieg in der Bundesliga gegen die MLP Academics Heidelberg Danko Brankovic (2,16) als Aushilfskraft für die verletzten Booker und da Silva. Mit 14 Punkten und sechs Rebounds in 25 Spielminuten rechtfertigt er das Lob, das ihm Herbert noch auf der Pressekonferenz nach dem Euroleague-Sieg gegen Roter Stern Belgrad am vergangenen Donnerstag ausgesprochen hatte: „Brankovic hat die sich ihm bietende Chance genutzt. Er hat uns heute richtig gute Minuten gegeben.“
Angesprochen auf die mögliche Sorge, bald kaum noch große Spieler mehr im Kader zu haben, sagte Herbert allerdings auch: „Wir können uns glücklich schätzen, dass wir mit Giffey und Lucic zwei Spieler haben, die auch auf der Position des Power Forward spielen können.“ Also auf einer Position, auf der eigentlich etwas physischere Spieler als Niels Giffey (2,00) und Vladimir Lucic (2,04) zum Einsatz kommen. Bei Giffey und Lucic indes handelt es sich nicht nur um zwei sehr erfahrene Akteure, sondern auch um zwei derjenigen acht Spieler, auf die Herbert in der Euroleague mit seiner (im doppelten Wortsinn) kleinen Rotation weiter setzen wird. Noch sechs Spiele sind es bis zu den Playoffs, die aktuell in Reichweite zu sein scheinen, die Bayern stehen bei einem machbaren Restprogramm aktuell zuversichtlich auf dem fünften Platz.