FC Bayern: Ausgerechnet Bochum könnte Goretzkas große Chance werden | ABC-Z
München – Im Mai 2021 schaffte der VfL Bochum den Wiederaufstieg in die Bundesliga. Was besonders die Bayern-Fans freute, da beide Anhänger eine jahrzehntelange Fanfreundschaft verbindet. Rein sportlich endeten seither zwei der drei Ausflüge des FC Bayern ins kultige Ruhrstadion im Desaster. Unter Trainer Julian Nagelsmann setzte es im Februar 2022 ein 2:4, unter Thomas Tuchel im Februar 2024 ein 2:3 – in der Münchner Startelf: der Herzensbochumer Leon Goretzka.
“Bochum, ich komm aus dir. Bochum, ich häng an dir. Oh, Glück auf, oh, Glück auf. Oh, Glück auf, Bochum.” Singt Herbert Grönemeyer, der – gefühlt – berühmteste Bochumer vor Leon Goretzka. Dabei ist der 68-jähriger Musiker und Komponist im niedersächsischen Göttingen geboren. Als der kleine Herbert ein Jahr alt war, zogen seine Eltern mit ihm von Clausthal-Zellerfeld nach Bochum. Goretzka kam 1995 in Bochum zur Welt, begann als Vierjähriger beim Stadtteilverein Werner SV 06 mit dem Kicken, wechselte 2001 in die F-Jugend des VfL, blieb zwölf Jahre. Ein Bochumer Jung’, der 2013 zu Schalke wechselte und fünf Jahre darauf an die Säbener Straße ging.
Goretzka wurde schon unter Tuchel aussortiert – und spielte dann doch
Diesen Sonntag kehrt der 29-Jährige wieder einmal in seine Heimatstadt zurück. Mit dem FC Bayern, also mit gemischten Gefühlen. In Bayern-Klamotten. Aber auch im Bayern-Trikot auf dem Platz? Sein letzter Stadionbesuch “anne Castroper” erlangte bundesweite Aufmerksamkeit. Nachdem Bundestrainer Julian Nagelsmann den Mittelfeldspieler seit März nicht mehr für die Nationalelf nominiert und auch aus dem Kader für die Heim-EM gestrichen hatte, besuchte er Ende Mai das Relegationshinspiel seines VfL gegen Fortuna Düsseldorf. Im legendären Regenbogen-Trikot der Bochumer sang Goretzka die Grönemeyer-Hymne lauthals mit, drückte die Daumen und musste nach dem 0:3 getröstet werden.
Ein paar Tage später schafften die Bochumer doch noch die nie für mögliche gehaltene Wende und sicherten sich im Elfmeterschießen den Klassenerhalt. Das letzte persönliche Erfolgserlebnis für Goretzka.
Thomas Tuchel hatte ihn in der vergangenen Saison bereits aussortiert, wollte Joao Palhinha im Sommer 2023 als “holding six” verpflichten. Der Transfer scheiterte in den letzten Sekunden. Goretzka kämpfte sich zurück, bestritt am Ende doch 42 der insgesamt 49 Pflichtspiele der Bayern.
Leon Goretzka war beim FC Bayern schon komplett raus
Sein bitterster Moment jedoch: Youngster Aleksandar Pavlovic wurde ihm im Rückspiel des Champions-League-Halbfinals bei Real Madrid (1:2) vorgezogen. Goretzka musste zuschauen. Im Sommer legte ihm der Verein den Abschied trotz des bis 2026 datierten Vertrags nahe – auch, weil nun Palhinha endlich verpflichtet werden konnte, für 51 Millionen Euro Ablöse.
Weil der neue Trainer Vincent Kompany Joshua Kimmich von der Rechtsverteidiger-Position wieder ins zentrale Mittelfeld beorderte, rutschte Goretzka in der Sechser-Hierarchie hinter Kimmich, Pavlovic, Palhinha und Konrad Laimer auf Rang fünf. Doch er blieb stur – und blieb. Und blieb meist auf der Bank. Kein Startelf-Einsatz in den bisher elf Pflichtspielen der Saison, lediglich fünf Einwechslungen mit 52 Minuten Spielzeit. Zwei Mal fand er nicht einmal Berücksichtigung im Kader. Frust und Enttäuschung waren stets in Goretzkas traurigen Augen und in seinem melancholischen Blick abzulesen. Dennoch trainierte er, als wäre nichts gewesen – was Kompany begeisterte.
War Barcelona der Start des Neubeginns für Goretzka?
In Barcelona durfte Goretzka plötzlich eine halbe Stunde aufs Feld – beim Stand von 1:4. Undankbar – aber ein Neubeginn? Wegen des Schlüsselbeinbruchs von Pavlovic, der bis Januar ausfallen wird, sind Goretzkas Aktien wieder gestiegen. Auch, weil Pavlovic-Ersatz Palhinha bei Barca enttäuschte. Schlägt nun doch die Stunde des eigentlich aussortierten Verkaufskandidaten? Gar am Sonntag (15.30 Uhr, DAZN) bei Goretzkas VfL? Weil er sich aufgedrängt, nie hängengelassen hat. Im Profi-Geschäft werden Einsatzzeiten nicht aus Fürsorge und Nächstenliebe vergeben.
Wendet sich das Blatt für Goretzka ausgerechnet in Bochum? Wäre zu kitschig, um wahr zu sein.