US-Präsident „gut kalkulierbar“: Merz will Trump ein geeintes Europa entgegensetzen | ABC-Z

US-Präsident „gut kalkulierbar“
Merz will Trump ein geeintes Europa entgegensetzen
18.01.2025, 15:41 Uhr
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Friedrich Merz versucht auf der Klausurtagung der Europäischen Parteienfamilie EVP Optimismus zu verbreiten. Die Präsidentschaft Trumps sei eine Chance. Europa müsse nur geeint auftreten, so der Unions-Kanzlerkandidat. In Sachen Verteidigungspolitik wird er bereits konkreter.
Unions-Kanzlerkandidat Friedrich Merz fordert eine abgestimmte europäische Reaktion auf die Politik des neuen US-Präsidenten Donald Trump. „Solange die europäischen Mitgliedsstaaten vereint sind, werden sie in der Welt respektiert, auch in den USA.“ Die EU habe 450 Millionen Einwohner, mehr als die USA und Kanada zusammen. „Und solange sie gespalten sind, wird uns niemand ernst nehmen“, sagte der CDU-Vorsitzende zum Abschluss einer Klausur von Spitzenvertretern der bürgerlich-konservativen Parteienfamilie EVP in Berlin. „Es gibt keine Veranlassung, jetzt angstvoll auf Washington zu schauen“, so Merz.
Der CDU-Chef bezog dies auch ausdrücklich auf die amerikanischen Tech-Konzerne und deren Kritik an europäischer Regulierung. „Da gilt der Grundsatz, dass diejenigen, die in Europa tätig werden wollen, sich an europäisches Recht zu halten haben – unabhängig von ihrer Macht, die sie sonst möglicherweise in der Welt haben. Und da empfehle ich uns allen sehr selbstbewusst, unsere europäischen Werte auch zu vertreten.“
Merz sprach zudem von einem „letzten Aufruf zum Handeln“. Die Amtseinführung von Trump an diesem Montag „wird unsere Bemühungen beschleunigen, unsere Kräfte zu bündeln und gemeinsam zu handeln“. Trump sei sehr gut kalkulierbar. „Er tut, was er sagt. Er denkt, was er sagt und er macht, was er sagt.“ Das sei mit Herausforderungen verbunden.
Mittlerweile schätze er die Lage so ein, dass Trump einen Prozess in Europa beschleunige, den man ohnehin hätte einleiten müssen. „Insofern ist das jetzt für uns auch eine Chance, das Richtige zu tun“, sagte Merz etwa mit Blick darauf, die Verteidigungsbereitschaft der Europäer zu stärken.
Merz zu Verteidigungsausgaben: Erst über Standards sprechen
Trump werde auch die Debatte über die Verteidigungsausgaben beeinflussen. Merz betonte mit Blick auf die EVP-Kollegen: „Wir sind uns einig darüber, dass wir alle zusammen sehr viel mehr tun müssen.“ Bevor man sich aber über gemeinsame europäische Initiativen und die Finanzierung unterhalte, müsse man etwa bei der Beschaffung über die Vereinfachung von Standards sprechen und auch über Stückzahlen. Hier sei ein großer Spielraum, um für das Geld, das man ohnehin ausgeben müsse, deutlich mehr einkaufen zu können als derzeit. „Die militärische Beschaffung in Europa ist zu teuer, sie ist zu kompliziert. Sie ist auch von den Systemen her zu vielfältig“, kritisierte Merz.
EVP-Chef Manfred Weber sagte, die Erfahrungen der vergangenen Jahre zeigten, „dass wir Europäer klug genug sind, die Herausforderungen anzupacken“. Er sehe mit Optimismus auf den Umgang mit Trump. „Er hält uns den Spiegel vor“, ergänzte der CSU-Politiker. Weiter sagte Weber: „Wir sind bereit, unsere Interessen international durchzusetzen.“ Die EVP sei bereit, „dem Dealmaker Trump einen Deal anzubieten“. Das betreffe etwa die Handelspolitik gegenüber China.
Am Samstag endete das zweitägige EVP-Treffen in der CDU-Zentrale in Berlin. Eingeladen zu den Beratungen im Konrad-Adenauer-Haus waren mehrere EU-Staats- und Regierungschefs sowie Oppositionsführer aus den Reihen der EVP. Bis auf Polens Ministerpräsident Donald Tusk seien alle der Einladung gefolgt, sagte Merz. Er betonte, der Zeitpunkt des Treffens fünf Wochen vor der Bundestagswahl sei „ein zeitlicher Zufall“ gewesen.
In der Wirtschafts- und Industriepolitik forderte die EVP in einem laut Merz einstimmig gefassten Beschluss einen Rückbau der europäischen Bürokratie. „Wir wollen die Berichtspflichten insgesamt um mindestens 50 Prozent reduzieren“, sagte Merz.