Farbenfrohe Körbe aus El Salvador | ABC-Z

Ruta de las Flores, Blumenroute, heißt die knapp 40 Kilometer lange Straße in den Bergen von El Salvador – nach den vielen Wildblumen, die dort im Frühling blühen. Und so farbenfroh wie die Blüten sind auch die Kunststoffkörbe, die Rayas Collective in einem der Orte entlang der Route herstellen lässt. Es gibt einfarbige Körbe in kräftigem Orange oder Blau, in Rosa oder Flieder, aber auch mehrfarbige in knalligen Kombinationen wie Gelb-Orange-Hellblau-Grün oder Rot-Pink-Flieder.
Die Region rund um die Blumenroute ist bekannt für die traditionelle Korbflechterei, die Körbe von Rayas Collective entstehen in der Werkstatt von Flechterin Vanessa in der Kleinstadt Nahuizalco. Entworfen werden sie jedoch weit weg in Berlin, in einem prächtigen alten Feuerwehrgebäude aus Backstein im Stadtteil Schöneberg. Hier hat Designerin Luisa Kahlfeldt ihr Studio, und mindestens genauso farbenfroh wie die Körbe strahlt der hohe Raum – fliederfarbener Vorhang, mintgrüner Tisch und gelber Bürocontainer. Seit 2022 gibt es die Marke Rayas Collective, mit eigenem Webshop und kleiner Händlerbasis. Der größte Erfolg bislang: Der Designstore des Museum of Modern Art in New York hat gerade zwei Modelle ins Sortiment genommen.
Angefangen hat alles mit einem Einkaufskorb, den Schwägerin Consuelo Kahlfeldt vor ein paar Jahren aus ihrer Heimat El Salvador als Geschenk mitbrachte. Schnell mussten weitere beschafft werden, denn Freunde und Bekannte in Berlin wollten unbedingt auch so einen haben. 2021 bereisten Luisa und Consuelo gemeinsam die Blumenroute, sie besuchten Flechtereien, erkundeten die Möglichkeiten des Handwerks und gründeten schließlich Rayas Collective. Consuelo kümmert sich vor allem um die Produktion, Luisa um Gestaltung, Logistik und Verkauf.
Während die traditionellen Exemplare oft bunt gemustert sind, entschieden sich die Kahlfeldts für schlichtere, unifarbene oder gestreifte Designs. Im Moment gibt es die rechteckigen Körbe in vier Größen, eine XL-Version für den Großeinkauf auf dem Wochenmarkt folgt demnächst. Sie bestehen stets ganz aus Polyethylen, einem strapazierfähigen Kunststoff. Die Schnüre kommen aus einer Fabrik in El Salvador, die dunkleren Farben enthalten auch einen Anteil recycelten Materials.

Plastik sei natürlich problematisch, gibt Luisa Kahlfeldt zu, aber für diese Anwendung eben ideal. „Es ist wasserfest, abwaschbar, leicht und resistent gegen UV-Strahlung“, sagt die Vierunddreißigjährige. Damit seien die Körbe vielfach einsetzbar, vom Spielplatz bis zum Strand. Der Boden ist extra verstärkt, die langen Henkel verlaufen einmal um den Boden herum und sind entsprechend stabil.
Rayas Collective ist nicht Luisa Kahlfeldts erste Gründung, sie hat auch schon Sumo Baby auf den Weg gebracht, ein Unternehmen für Mehrwegwindeln. Die Windel aus Naturfasern entstand als Abschlussarbeit ihres Masterstudiums an der Hochschule Ecal in Lausanne. Zuerst verschwand das Projekt in der Schublade, doch als die Designerin während der Pandemie in Kurzarbeit war, entwickelte sie es mit Mitgründer Caspar Böhme zur Serienreife. Mittlerweile ist sie lediglich Teilhaberin: Nachdem die Designphase abgeschlossen war, zog sie sich aus dem operativen Geschäft zurück.

Doch die Erfahrungen mit Sumo Baby motivierte sie zur nächsten Gründung. „Das war für mich nichts Neues, die Frage: Wie stelle ich eine kleine Kollektion auf die Beine?“, sagt Kahlfeldt, die auch in London studiert und in den Designstudios von Barber Osgerby und Konstantin Grcic gearbeitet hat. „Preisgestaltung, Steuern, wie funktioniert Großhandel, wie funktioniert Direct-to-Consumer?“ Trotzdem war Rayas erst einmal vor allem ein Projekt aus Leidenschaft, wie sie sagt. Anfangs wurde über Instagram verkauft, dann folgte der erste Webshop.
Nun freue sie sich, dass sie dazu beitragen könne, in El Salvador ein traditionelles Handwerk zu erhalten. Und Arbeitsplätze zu schaffen – denn drei Menschen in Nahuizalco flechten für die Marke. Wie es weitergeht? „Oh, Ideen habe ich viele“, sagt Kahlfeldt lachend, „eigentlich zu viele.“ Gerade arbeitet sie an einem runden Korb ohne Henkel als Wohnaccessoire, etwa, um Decken und Kissen aufzubewahren.
Vor allem aber gehe es ihr darum, herauszufinden, wie das Unternehmen wachsen könne. Von Sumo Baby kennt sie die die Geschwindigkeit der Start-up-Welt. „Das war mir zu schnell.“ Ihr sei lieber: langsam wachsen, organisch, ohne fremdes Kapital, ohne Verschwendung und Überproduktion – aber trotzdem profitabel.