Wohnen

Familien-Newsletter: Werde ich eines Tages erwachsen? – Gesellschaft | ABC-Z

Dieser Text stammt aus dem Familien-Newsletter der Süddeutschen Zeitung, der jeden Freitagabend verschickt wird. Hier können Sie ihn abonnieren.

Liebe Leserin, lieber Leser,

gelegentlich taucht diese Frage in meinem Kopf auf, wann ich denn endlich erwachsen werde. Um die, nun ja, Fallhöhe dieser Frage kurz einzuordnen: Ich bin 50 Jahre alt, verheiratet, habe drei Kinder, eine feste Anstellung und einen Kredit gibt es auch abzuzahlen. Die Antwort liegt also auf der Hand. Sie lautet: „Was für eine bescheuerte Frage, du bist längst erwachsenen, alter Sack!“ Aber was zählen die Fakten, wenn das Gefühl sich gegen sie sträubt? In meinem Kopf wohnt noch immer der verwirrte Jugendliche, der dort schon vor mehr als 30 Jahren gehaust hat – obwohl ich im Alltag inzwischen der Vater bin, der sich mit einem verwirrten 13-Jährigen auseinandersetzen muss. Als ich in diesem Alter war, dachte ich, Erwachsene haben den großen Durchblick. Ob mein Sohn wohl dasselbe über mich denkt?

Eine Recherche unter Alterspsychologen und anderen Wissenschaftlern hat mir verraten, dass das tatsächliche und das gefühlte Alter bei den wenigsten Menschen übereinstimmen. Grob gesagt, fühlen sich junge Menschen etwas älter als sie sind, bis sich das mit langsam umkehrt: Das Ich im Schädel hinter der Gleitsichtbrille findet sich mit den Lebensjahren immer jünger als es in der Realität ist.

Daran schließt sich die Frage an, wann wir uns tatsächlich erwachsen fühlen? Erstaunlicherweise fällt Wissenschaftlern eine eindeutige Antwort darauf schwer. Auf eine Aussage aber können sich die meisten Forscher einigen: Die Menschen fühlen sich selbst heute später erwachsen als noch vor einigen Jahrzehnten. Warum? Weil sich dieses Gefühl noch immer wesentlich an den großen biografischen Wegmarken Hochzeit, Elternschaft und Festanstellung entzündet. Auf diese lassen sich die Menschen zumindest in den wohlhabenden Gesellschaften aber immer später ein als einst. Entsprechend verzögert sich auch das Gefühl, tatsächlich erwachsen zu sein. Und vollständig, auch das bestätigen Wissenschaftler, verschwindet das jugendliche Selbst nie aus dem Kopf.

Wie ist das bei Ihnen – fühlen Sie sich erwachsen, wenn Sie sich mit Ihren Kindern auseinandersetzen? Oder sind das genau die Momente, in denen Ihnen Ihr innerer Teenager in die Quere kommt? Verraten Sie es mir gerne.

Ein schönes Wochenende wünscht

Sebastian Herrmann

Back to top button