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„Falsche Sprache“: Ausgerechnet Gregor Gysi hält den Politkern den Spiegel vor | ABC-Z

Kanzler Olaf Scholz hat die Vertrauensfrage im Bundestag gestellt und erwartungsgemäß verloren. Am 23. Februar sind Neuwahlen. Die Union hat das Momentum auf ihrer Seite. Wahrscheinlich wird sie in Regierungsverantwortung kommen. Also stellt ARD-Moderator Louis Klamroth die Frage: Wer hat jetzt den Plan für Deutschland? Die Antwort ist nach 75 Minuten Hart aber fair“”>„Hart aber fair“ ernüchternd: keiner! Außer Reden nichts gewesen. Jedenfalls tut sich in der Runde aus Vertretern von SPD, CDU und FDP niemand mit einer echten Strategie hervor.

Doch Stopp! Ausgerechnet Gregor Gysi, der als Bundestagsabgeordneter für die Linke weit, weit, weit von jeglicher Regierungstätigkeit entfernt ist, gibt zumindest die richtigen Denkanstöße für die Zukunft.

Ampel-Idee könnte für Jahrzehnte verbrannt sein

Gysi erklärt Klamroth, dass mit der Ampelkoalition nicht nur eine Regierung geplatzt ist, sondern gleich eine ganze politische Idee. „Die Ampel ist gescheitert, damit ist das Modell für die nächste Zukunft nicht mehr denkbar“, erklärt der Gysi und geht dabei von 15, 20, 25 Jahren verbrannter Erde aus.

Mit dem Bruch der Koalition hat sich auch die Vorstellung in Luft aufgelöst, dass sich drei Parteien dieses breiten politischen Spektrums einigen können und damit auch die sehr unterschiedlichen Wünsche und Vorstellungen zu einem Konsens bringen. Funktionierende Koalitionsarbeit hätte nämlich bedeutet, dass die Ampel in internen Verhandlungen unterschiedliche Politik von FDP und SPD und Grünen vereint und somit einen Konsens schafft, der die Bevölkerung befriedet und den das Volk aus sich selbst heraus nicht zu Wege bringt.

Gysi: „Geht um Mehrheiten statt Wahrheiten“

Die selbsternannte Zukunftskoalition ist grandios an sich selbst gescheitert. Wäre das Miteinander unterschiedlicher Parteien geglückt, wäre dies ein Gewinn und eine Stärkung für die Demokratie gewesen. So aber steht das Ende der Ampel nur für eine Unfähigkeit der Politik, eigene Positionen zu verlassen, um Kompromisse einzugehen. Geblieben ist die Unsicherheit.

Gregor Gysi, dessen Partei mit Umfragewerten um die drei Prozent im Bundestagswahlkampf keine Rolle spielen wird, sagt: „Wir haben ein Problem. Wir haben die falsche Sprache“. In der Politik würde immer weniger mit Argumenten debattiert, „schließlich geht es dort nicht um Wahrheiten, sondern um Mehrheiten“. Die Parteien müssten nun endlich überprüfen, was sie falsch machen würden. Stattdessen klauten sie aber nur bei der AfD. Gysi klagt: „Ich sehe eine Gefahr für die Demokratie, wenn wir das nicht verbessern.“

Staat und Privathaushalt folgen nicht den gleichen Regeln

Gysi glaubt, dass Politiker heute den falschen Blick auf die Dinge haben. Zur Krise der Autoindustrie sagt er: „Natürlich brauchen wir Autos. Die Strukturen auf dem Land sind doch anders: Da fährt einmal am Tag ein Bus vom Dorf in die Kreisstadt. Sollen die dahin laufen? Das ist doch absurd.“ Ohnehin seien die Menschen im Kern verunsichert. „Früher war es sicher, dass es den Kindern besser geht als den Eltern. Das gibt es heute nicht mehr.“

Auch sei es falsch, in Zeiten von weniger Steuereinnahmen, kein Geld auszugeben. Das Prinzip „Wenn man wenig Geld hat, muss man sparen“ gilt nur für den privaten Haushalt. „Aber der Staat muss investieren, um wieder mehr Steuereinnahmen zu bekommen.“ Heißt: Den laufenden Haushalt über Schulden zu finanzieren, sei falsch. Aber Investitionen könnten sehr wohl über Schulden finanziert sein.

Saskia Eskens schnippische Haltung

Das fand am gestrigen Abend bei Louis Klamroth übrigens auch Saskia Esken. Allerdings fiel die SPD-Parteivorsitzende wieder mal in jene schnippische Haltung, die viele Bürger kaum noch ertragen können. Als Esken ihre Bewertung zu einer rüden Formulierung von Kanzler Olaf Scholz während der Debatte anlässlich der Vertrauensfrage abgeben sollte, legte sie noch eine Attacke nach.

Der Kanzler hatte mit Blick auf FDP-Chef Christian Lindner erklärt, dass diesem „die sittliche Reife“ für die Regierungsarbeit fehle, und Esken stellte dazu fest: „Es war nur eine Beschreibung der Realität. Wir haben gedacht, man könne Vertrauen haben. Aber es war die Bereitschaft nicht da, Verantwortung zu übernehmen.“ Da habe jemand einen Koalitionsbruch provoziert, um sich „für die Wahl aufzuhübschen.“

Die Frage ist nur: Muss man als Kanzler wirklich so eine Ohrfeige im Bundestag verteilen? Wie hatte Gysi noch geklagt: „Wir haben ein Problem. Wir haben die falsche Sprache.“ Nach der gescheiterten Vertrauensfrage ist dies der erste echte Tag im Wahlkampf. Die Sprache kann also immer noch wüster werden.

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