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Faktencheck: Falschaussagen zur Bundestagswahl entlarvt | ABC-Z

Unterschriebene Wahlzettel, versiegelte Wahlurnen, Bleistifte fürs Wahlkreuz – zur Bundestagswahl kursieren einige Falschbehauptungen und Manipulationsvorwürfe. Was stimmt, was nicht?

Was ist im Wahllokal erlaubt, was macht eine Stimme ungültig? Im Netz kursierten am Wahltag der Bundestagswahl 2025 Vorwürfe der Wahlmanipulation, weil Wahlurnen nicht mit einem Schloss versehen waren, bis hin zu irreführenden Ratschlägen, dass man die Wahlzettel unterschreiben sollte. Das DW Faktencheck Team hat sich einige der viralen Behauptungen angeschaut.

Behauptung: In einem 150.000 Mal angesehen Post auf X wurden Wähler der in Teilen rechtsextremen Partei Alternative für Deutschland (AfD) aufgefordert, ihren Stimmzettel zu signieren: “Gegen Wahlbetrug Wahlzettel unterschreiben”, steht in großen Buchstaben auf einer Grafik, die von einem Satire-Account verbreitet wurde. Auch weitere Nutzer haben die Grafik geteilt. Dabei ähnelt das Bild der Wahlkampfwerbung der AfD. Weitere ähnliche Bilder kursieren auch in anderen Netzwerken wie Reddit.

Unterschriebene Wahlzettel sind in Deutschland ungültig. Jede Form von handschriftlichen Ergänzungen wie die Unterschrift oder Kommentare machen den Stimmzettel ungültig, selbst dann, wenn sie die Wahlentscheidung eigentlich bekräftigen sollen.

Auf der Webseite der Bundeswahlleitung, die die Bundestagswahlen organisiert und überwacht, wird klargestellt: “Wird ein Hinweis auf die Wählerin oder den Wähler (zum Beispiel durch Namensangabe) auf den Stimmzettel geschrieben, so wird dieser wegen Gefährdung des Wahlgeheimnisses ungültig.” Das ist im Bundeswahlgesetz unter § 39geregelt: “Ungültig sind Stimmen, wenn der Stimmzettel einen Zusatz oder Vorbehalt enthält.” Jegliche Aufrufe, Stimmzettel zu unterschreiben, sind also Aufforderungen, die eigene Stimme ungütig zu machen.

Was zusätzlich bei dem Post auf X auffällig ist: Er ruft dazu auf, am 24. Februar abzustimmen – was einen Tag nach der eigentlichen Bundestagswahl am 23. Februar ist.

Behauptung: Einige Nutzer scheinen Wahlbetrug zu wittern, weil sie in der Wahlkabine einen Bleistift vorgefunden haben. Einer schreibt auf X: “Vergiss deinen Kugelschreiber nicht. Macht kein Kreuz, wenn es in der Wahlkabine einen Bleistift gibt und besteht auf einen Kugelschreiber.” Ein anderer unterstellt unlautere Absichten: “Sie denken echt an alles… In der Wahlkabine hat ein Kugelschreiber zu liegen und kein Bleistift …”. Ein TikTok-Video, in dem jemand seine Kreuze mit Buntstift macht, wird kommentiert mit: “Damit ungültig mit einem Buntstift…”

Die Bundeswahlordnung sieht nach § 50 lediglich vor: “In der Wahlkabine soll ein Schreibstift bereitliegen.” Welche Art von Stift es sein muss, steht dort nicht, auch nicht, dass er dokumentenecht sein muss. Die Bundeswahlleiterin schreibt dazu auf ihrer Homepage: “Eine nachträgliche Manipulation des Stimmzettels ist ausgeschlossen, weil die Stimmauszählung öffentlich ist und die Mitglieder der Wahlvorstände sich außerdem gegenseitig kontrollieren.” Die Wahlvorstände, also die Personen, die den korrekten Ablauf der Wahl in einem Wahlbüro überwachen, und ihre Stellvertreter sind zudem parteiübergreifend besetzt.

Wer trotzdem lieber einen eigenen Stift mitbringt, darf das tun, sollte aber darauf achten, dass keine Tinte durch das Papier sickert. Wenn sie verschmiert könnte nicht mehr deutlich zu erkennen sein, wo das Kreuz gemacht wurde. Dann würde der Stimmzettel für ungültig erklärt. Auch darf nach außen hin nicht zu erahnen sein, wo das Kreuz gemacht wurde.

Das einzige, was an diesen Posts gegen die Bundeswahlordnung verstößt, sind die Fotos und Videos selbst: “In der Wahlkabine darf nicht fotografiert oder gefilmt werden”, heißt es in § 56 der Bundeswahlordnung. Ebenso wenig ist es erlaubt, anderen zu zeigen, wo man sein Kreuz auf dem Stimmzettel gemacht hat.

Beides stellt einen Verstoß gegen das Wahlgeheimnis dar. Zwar darf man jedem erzählen, wen man wählen wird oder gewählt hat, der Wahlvorgang selbst muss aber geheim sein. Das ist in Deutschland ist nicht nur ein Recht, sondern eine Pflicht.

Der Wahlvorstand ist sogar verpflichtet Wähler zurückzuweisen, die ihre Wahl während des Wahlvorgangs nicht verheimlichen. Darunter fallen – auch bei der Briefwahl – das Fotografieren oder Zeigen ausgefüllter Stimmzettel. Wird etwa ein Stimmzettel im Wahlbüro so gefaltet, dass die Kreuze sichtbar sind, darf er nicht eingeworfen werden. Die betreffende Person hat lediglich das Recht einen neuen Wahlzettel zu verlangen, um ihre Stimme erneut und geheim abzugeben. Landet ein solcher Stimmzettel dennoch in der Wahlurne, kann er jedoch nicht mehr ungültig gemacht werden.

Behauptung: In den sozialen Medien bemängeln User, dass einige Wahlurnen keine Schlösser haben. Dieser Nutzer auf X schrieb: “Wer wissen will warum in D immer die gleichen an der Macht sind. Urne Wahlkreis 84, Bezirk 10, Wahllokal 324. Laut Aussage Wahlvorstand hält der Bundeswahlleiter eine Versiegelung der Urnen nicht für nötig.” Ähnliche Behauptungen wurden von anderen Nutzern aufgestellt, wie hier: “Damit sind sowohl die Urnen als auch der Inhalt einfach austauschbar, da nicht für den Wahlbezirk authentisch identifizierbar und durch NICHTS für den Wähler gesichert. So könnten sie geöffnet werden und alle Wahlzettel könnten durch andere ausgetauscht werden …”

In der Bundeswahlordnung § 51 heißt es: “Die Wahlurne muss mit einem Deckel versehen sein. (…) Sie muss verschließbar sein.” Laut einem Faktencheck der Nachrichtenagentur AFP erklärte eine Sprecherin der Bundeswahlleiterin am Telefon: “Wie sie verschlossen wird, ist nicht festgelegt. Es muss weder ein Schloss noch ein Siegel dran sein.”

Bereits zur Bundestagswahl 2021 kursierten dieselben Vorwürfe. Schon damals bestätigte ein Sprecher des damaligen Bundeswahlleiters der DW, dass die Urnen verschlossen sein müssen. Wie, sei rechtlich nicht festgelegt.

Einfach ausgetauscht werden können die Wahlzettel dennoch nicht, da sich nach § 54 der Bundeswahlordnung während der Öffnung des Wahlbüros bis zur “Ermittlung und Feststellung des Wahlergebnisses”, also bis zum Ende der Auszählung, jeder im Wahlraum aufhalten darf.

Jeder Bundesbürger hat also das Recht, als Wahlbeobachter darüber zu wachen, dass es keine Manipulationen gibt.

Mitarbeit: Anna Bakovich, Georg Braunschweig, Karla Sophie Kretz, Andreas Wißkirchen, Claudia Dehn

Hinweis: Dieser Artikel entstand im Rahmen der Kooperation der ARD-Faktenchecker von ARD-faktenfinder, BR24 #Faktenfuchs, und DW Fact check.

Von Joscha Weber, Rachel Baig, Jan D. Walter

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