Fabian Hürzeler: „Mehmet Scholl war mein bester Trainer“ | ABC-Z
Die Karriere von Fabian Hürzeler gleicht einem Märchen. Als „schlechtester Spieler“ beim FC Bayern gestartet, mischt er heute die Premier League auf. Im Podcast „Phrasenmäher“ gibt der Trainer von Brighton & Hove Albion unbekannte Einblicke und erzählt, was ein Bingo-Abend mit dem Sieg über Pep Guardiola gemeinsam hat.
Er ist der größte deutsche Trainer-Shootingstar und der jüngste Chefcoach der Premier-League-Geschichte. Mit 31 Jahren mischt Fabian Hürzeler mit Brighton & Hove Albion das Establishment in England auf und hat kürzlich Pep Guardiola und Meister Manchester City 2:1 geschlagen. Mit einem Klub, der mehr in Transfers investierte als Bayern (231 zu 142 Mio. Euro) und einen höheren Marktwert hat als Dortmund (571 zu 474 Mio. Euro).
Im Fußballtalk „Phrasenmäher“ spricht der ehemalige Aufstiegstrainer von St. Pauli über seine Wahnsinnskarriere.
Ob sich ein Sieg gegen Pep anders anfühlt als ein Sieg in Elversberg
Hürzeler: „Natürlich ist ein Sieg gegen Pep etwas Besonderes, weil er den Fußball mit seinen Ideen revolutioniert und etwas Einmaliges geschafft hat. Es zeigt, dass wir das Establishment challengen können. Ich bin aber vor allem auf meinen Staff und die Spieler stolz.“
Welche Telefon-Tipps er von Guardiola bekam
Vor seinem Wechsel von St. Pauli nach Brighton für fünf Millionen Euro Ablöse, telefonierte Hürzeler mit Pep: „Ich habe da ein Motto und das heißt: Auf den Schultern von Riesen kannst du weiter schauen! Ich habe Pep gefragt, was der Schlüssel ist, um in der Premier League Spiele zu gewinnen. Seine Antwort war: Du musst das Umschaltverhalten des Gegners kontrollieren! Das hat sich total bewahrheitet. Seine zweite Botschaft war: Du musst deine Spielidee immer weiter entwickeln. Pep ist ein Meister darin.“
Welchen Rat ihm Jürgen Klopp gab
Hürzeler: „Jürgen ist für mich der beste Trainer, wenn es darum geht, eine Identität für einen Klub und alle Mitarbeiter zu schaffen. Er hat mir geschildert, wie konsequent er gehandelt und auch harte Entscheidungen getroffen hat – das war sehr aufschlussreich.“
Wie ein Bingo-Abend beim City-Sieg half
Hürzeler: „Ein paar Tage vor dem Spiel hatten wir dank meines Co-Trainers Jonas Scheuermann eine Bingo-Night mit dem Staff und den Angestellten – auch der Küche und den Reinigungskräften. Diese Abende sind extrem wichtig für mich, um die Mitarbeiter zu verstehen und sie dadurch spüren, dass sie alle Teil des Erfolgs sind.“
Welches Haar-Geheimnis er mit Klopp gemeinsam hat
Als Hürzeler bei Brighton vorgestellt wurde, fiel vielen Fans seine neue (dichtere) Frisur auf. Er lacht: „In England werde ich schon mit Jürgen verglichen – was wir gleich sein lassen können, weil er deutlich erfolgreicher war und eine einzigartige Karriere hingelegt hat. Der einzige Vergleich, der passt, ist wohl, dass wir beide unsere Haarpracht etwas verschönert haben lassen …“
Warum sein Vater mehr Instagram-Follower hat als er
Papa Markus Hürzeler ist einer der weltweit führenden Zahnärzte für Implantat-Behandlungen. Follower: 42.000 – 3500 mehr als sein Sohn. Fabian: „Viele denken, dass ich der verwöhnte Zahnarzt-Sohn bin, was überhaupt nicht stimmt. Meine Eltern haben immer vorgelebt, dass eine positive Besessenheit die Grundlage für Erfolg ist. Mein Vater ist morgens um sechs aus dem Haus und kam abends nach acht wieder nach Hause. Wenn du das tagtäglich miterlebst, willst du zehn Jahre später nicht derjenige sein, der um neun zur Arbeit geht und um vier zurück ist.“
Auszeiten? Kennt Hürzeler nicht. In der Winterpause bei St. Pauli wollte er an freien Tagen bei Guardiola hospitieren. Im Sommer war er bei Uruguays Nationalteam mit Trainer-Legende Marcelo Bielsa: „Ich höre oft den Satz: ‚Du bist verrückt!‘ Und man kann auch sagen, dass ich besessen bin – aber ich mache es unfassbar gern.“
Warum er die Bayern-DNA in sich trägt
Hürzeler wechselte mit elf Jahren in die Jugend des FC Bayern: „Damals war ich der schlechteste Spieler im ganzen Klub. Von Persönlichkeiten wie Matthias Sammer oder Mehmet Scholl, der mein bester Trainer war, habe ich viel mitgenommen. Dieses Sieger-Gen der Bayern ist tief in mir verankert.“
Welches Motto ihn mit Sammer verbindet
Sammer prägte den Satz: „Wenn ich am Ende vorn stehe, können mich die Leute auch Arschloch nennen!“
Hürzeler: „Ich bin auch jemand, der das tatsächlich schon mal gehört hat (lacht). Aber ich halte es aus und will ein Gewinner sein, der für sein Team vorweggeht.“
Warum er seinen Job als Kunsthändler verlor
Mit 23 wurde Hürzeler Spielertrainer bei Viertligist FC Pipinsried, stieg sensationell in die 3. Liga auf. Damals jobbte er nebenbei als Kunsthändler: „Das teuerste Bild, das ich verkauft habe, kostete rund 40.000 Euro, (hochwertige Kopie der Kerze von Gerhard Richter/ d.Red). Irgendwann habe ich den Job verloren, da ich mich während der Arbeitszeit immer mehr um Fußball gekümmert habe und der Kunstverkauf gelitten hat.“
Ob er bei der Aufstiegsparty mit St. Pauli wusste, dass er geht?
Hürzeler ließ sich auf Händen durchs Millerntor tragen. Wusste er da vom Brighton-Interesse? „Nein! Der Anruf kam erst anderthalb Wochen nach der Meisterfeier.“
Hürzeler wurde als „Söldner“, „Heuchler“, „armselig“ beschimpft. Wie sehr hat ihn das getroffen? Hürzeler: „Ich würde lügen, wenn ich sage, dass es spurlos an einem vorbeigeht, weil ich alles für den Verein getan habe. Aber ich habe auch Verständnis für Enttäuschung der Fans. Ich wünsche mir, dass ich bei einer Rückkehr ans Millerntor trotzdem mit offenen Armen empfangen werde.“
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