Experte besorgt über WHO-Austritt – „Nur ein Land kann das Vakuum füllen“ | ABC-Z
Berlin/Washington. Donald Trump hat an seinem ersten Amtstag ein Dekret unterzeichnet, die WHO zu verlassen. Das bringt die Organisation in Bedrängnis.
Der angekündigte Austritt der USA aus der Weltgesundheitsorganisation (WHO) war einer von vielen Aufregern, die der frisch vereidigte US-Präsident Donald Trump an seinem ersten Tag im Amt mittels Dekret herbeiführte. Es wird allerdings noch ein Jahr dauern, bis die Vereinigten Staaten tatsächlich die WHO verlassen können: Es gibt eine Art Kündigungsfrist, während der sie weiter ihre Beiträge zahlen müssen.
In diesem Zeitraum könnte sich der Kongress in dieser Frage noch einmischen, außerdem sind juristische Anfechtungen der Entscheidung möglich. Genau wie Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) kündigte auch die WHO selbst am Dienstag an, dass man versuchen werde, Trump noch umzustimmen. „Wir hoffen, dass die USA ihren Entschluss noch einmal überdenken, und wir freuen uns auf einen konstruktiven Dialog zur Aufrechterhaltung der Partnerschaft zwischen den USA und der WHO“, teilte die Organisation in Genf mit. Sollten die USA dennoch austreten, wäre es ein herber Schlag für die globale Gesundheit.
WHO: Mit den USA geht der größte Beitragszahler – Trump spricht von Abzocke
Die WHO ist eine Organisation der Vereinten Nationen (UNO) und koordiniert die weltweite Gesundheitspolitik. Die USA waren im letzten Abrechnungszyklus 2022/2023 mit mehr als 200 Millionen US-Dollar Pflichtbeiträgen und zusätzlichen freiwilligen Zahlungen von mehr als einer Milliarde Dollar der größte Beitragszahler der WHO und für rund ein Fünftel des Gesamtbudgets verantwortlich.
Diese Geldsumme nannte Trump als einen Grund für den Austritt: „Die Weltgesundheitsorganisation hat uns abgezockt, jeder zockt die USA ab. Das wird nicht mehr passieren.“ Sachlich führte er vor allem den in seinen Augen mangelhaften Umgang der WHO mit der Corona-Pandemie und anderen globalen Gesundheitskrisen an.
Rückzug der USA erzeugt Vakuum auf der Weltbühne
Wenn die Vereinigten Staaten in einem Jahr tatsächlich das Bündnis verlassen, entsteht nicht nur ein finanzielles Vakuum, sondern auch eines der politischen Verantwortung. Die freiwilligen Gelder, die an die WHO fließen, können von den Zuwendungsgebern als zweckgebunden deklariert werden. Dementsprechend haben die Mitgliedsstaaten durchaus beträchtlichen Einfluss auf die inhaltliche Arbeit der WHO in Sachfragen.
Angesichts der Größenordnung der US-amerikanischen Beiträge bestehen nun Zweifel, ob überhaupt jemand diese Lücke füllen können wird. In den USA gibt es eine Befürchtung. Dr. Ashish Jah, Koordinator der Corona-Bekämpfung unter Joe Biden, sagte am Montag zu CNN: „Die WHO ist eine sehr wichtige Organisation – und der Rückzug der USA kreiert ein politisches Vakuum, das nur ein Land auf der Welt zu füllen in der Lage ist – und das ist China.“
Deutschland ist schon zweitgrößter Beitragszahler der WHO
Deutschland und die Europäische Union würden sich in Zukunft dann immer mehr chinesischem Einfluss ausgesetzt sehen, wenn es darum geht, globale Krankheiten zu bekämpfen sowie Themen der Gesundheitspolitik über Grenzen hinweg zu koordinieren. Und dass in diesen Fragen zwischen den beiden Parteien häufig völlig gegensätzliche Auffassungen herrschen, ist nicht erst seit der Corona-Pandemie bekannt.
Hauptstadt Inside von Jörg Quoos, Chefredakteur der FUNKE Zentralredaktion
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Zunächst wird aber auf jeden Fall die Verantwortung von Deutschland selbst steigen, das schon jetzt im vergangenen Abrechnungszeitraum mit 856 Millionen Dollar der zweitgrößte Beitragszahler war. „Die Stärkung der WHO ist ein zentraler Pfeiler unseres Engagements für eine sichere und gesündere Welt“, sagte Lauterbach am Dienstag.
Für die Gesundheit der ärmsten Menschen auf dem Planeten ist der Austritt der @WHO eine Katastrophe. Es fehlen nicht nur 20% der Mittel sondern auch sehr wichtige US Fachleute. Besonders Kinder in Not, zB in Gaza, sind schon wieder das erste Opfer https://t.co/6U2ckeoKyF
— Prof. Karl Lauterbach (@Karl_Lauterbach) 21. Januar 2025
WHO-Generaldirektor Tedros Adhanom Ghebreyesus hatte erklärt, dass seine Organisation derzeit eigentlich 1,5 Milliarden Dollar zusätzlich benötige. Zurzeit bestünden weltweit schließlich 42 Gesundheitskrisen wie die Hungerkrise im Sudan oder die humanitäre Notlage im Gazastreifen.
mit dpa/kna