Ex-Bundespräsident Gauck wird deutlich – „Mit der AfD geht es nicht“ | ABC-Z

Berlin. Der ehemalige Bundespräsident Gauck warnt vor einem lahmen Regierungsstil und attestiert Kanzler Friedrich Merz, er sei „mächtig am Lernen“.
Der ehemalige Bundespräsident und Pastor Joachim Gauck (parteilos) hat in der Talkrunde von Markus Lanz am Donnerstag von der Bundesregierung ein „stringentes und entschlossenes Handeln“ verlangt. Man sei in einer Situation, wo das Übernehmen von Selbstverantwortung nicht mehr in Mode sei.
Gauck bei Lanz: „Das ist der Tod im Topf“
Vielleicht, weil dies auch mit Anstrengungen verbunden sei und es gebe mittlerweile viele Wähler, die sich lieber als Teil einer „Gefolgschaft“ unter einer starken Führungsfigur sehen würden und mit der demokratischen Moderne fremdelten. In solch einer Situation sein ein Regierungsstil nach dem Motto „dahin verwalten“ bedenklich: „Das ist der Tod im Topf“.
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Gauck forderte ein mutiges Regieren und wenn dies – wie jetzt in der Migrationspolitik mit ihren Zurückweisungen an der Grenze – auch mit Rückschlägen verbunden sei, dann sei das hinzunehmen. „Möglich, dass diese Politik vor den Gerichten keinen Bestand hat“, so Gauck, aber es sei notwendig, eine strikte Begrenzung der Migration wie in Dänemark zu probieren, und wenn diese nicht gelinge, dann müsse man dies der Bevölkerung erklären. Vielfach mangele es in der deutschen Politik einfach an der Kommunikation. „Auch Friedrich Merz ist da mächtig am Lernen.“
„Brauchen volksnahe Politiker“
Auch dass Merz das Versprechen des Einhaltens der Schuldenbremse nicht halten konnte, ist laut Gauck ein Kommunikationsproblem. „Merz ist nicht charakterschwach“. Er hätte die Sache mit den Schulden, mit dem Zwang der Verhältnisse gut erklären müssen. Entweder mit dem Hinweis auf den Koalitionspartner SPD oder mit dem Umstand, dass er angesichts neuer Umstände zu einer anderen Einsicht gekommen sei.
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Deutlich und klar äußerte sich Gauck zur AfD, von einem Verbot hält er wenig, dies würde die Partei nur noch größer machen. Einigen „Träumereien“ von ostdeutschen CDU-Politikern über eine mögliche Zusammenarbeit mit der AfD erteilte er eine Absage. In dieser Partei dürften jetzt „völkische“ Politiker Karriere machen, „eine anständige Union kann mit der AfD nicht koalieren. Mit der AfD geht es nicht.“
Gauck selbst hasst den Krieg
Vielleicht werde dies in 20 Jahren, wenn sich die AfD möglicherweise zu einer offenen Gesellschaft bekenne, anders sein. Jetzt sei dies nicht der Fall. Als Rezept für eine Eindämmung der rechtspopulistischen Partei empfahl Gauck das Fördern von „volksnahen Führungsfiguren“ in den demokratischen Parteien, die die derzeitigen Defizite in der politischen Kommunikation wettmachten durch eine „erhellende Vereinfachung“ bei der Darstellung von Sachverhalten im Gegensatz zur „verführenden Vereinfachung“ durch die Rechtspopulisten.
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Verquer sieht Gauck auch die aktuelle Diskussion in der Ukraine-Politik. Sowohl von rechts außen als auch von links außen erkenne er da eine Art von „Unterwerfungspazifismus“ gegenüber Moskau. „Die tun so, als ob wir die Kriegstreiber seien, das ist doch grotesk“, meinte Gauck. Das Schüren von Angst hierzulande, das sei Putins Waffe.
Die Angst der Eltern noch vor Augen
Er selbst hasse den Krieg, sagte der Ex-Bundespräsident, Jahrgang 1940. Er habe die Angst seiner Eltern bei einem Fliegeralarm noch vor Augen, aber Deutschland müsse auch der Bedrohungslage durch Moskau – den existierenden Krieg sowie der hybriden Kriegsführung, der Zerstörung von Kabeln in der Ostsee oder der Infrastruktur – etwas entgegensetzen.
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Emotional reagierte Joachim Gauck bei der Erörterung des Themas Gaza und Israel. Von Markus Lanz konfrontiert mit den Zitaten des israelischen Ex-Premiers Ehud Olmert, wonach Israel „kriminelles Töten“ von Palästinensern im Gaza betreibe, äußerte sich Gauck in beinahe verzweifeltem Ton. Als er einst als junger Mensch mit den Gräueln des Holocausts der Deutschen an den Juden konfrontiert wurde, da sei er „total im Herzen getroffen“ gewesen und er könne seither nicht anders, als an der Seite von Israel zu stehen.
Gauck sei „entsetzt“ darüber, was in Gaza geschieht
Andererseits sei er „entsetzt“ darüber, was unter Premier Benjamin Netanjahu im Gaza geschehe, das sei „unverhältnismäßig“ und das Recht auf Verteidigung sei dort einer Hybris gewichen. „Das ist ein unverantwortliches Handeln, das geht so nicht. Es wird zu viel Leid über Unschuldige gebracht.“ Deutschland dürfe da nicht schweigen.
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Gefragt von Markus Lanz, ob er im Gaza von Genozid sprechen würde, äußerte sich Gauck doppeldeutig: „Wenn ich ein Israeli wäre, könnte ich den Begriff gegenüber Premier Netanjahu vielleicht verwenden.“ Er sei aber „ein alter Deutscher“, so Gauck, und da finde er es problematisch, diesen Begriff gegenüber Israel zu benutzen.