Eurofighter: Europa kauft für Multi-Milliarden Kampfjets | ABC-Z
Mehre europäische Länder rüsten ihre Luftstreitkräfte auf, jüngst Italien und Spanien. Das bedeutet für den 30 Jahre alte Eurofighter eine Auftragswelle. Für das Herstellerkonsortium um Airbus und Leonardo ist es ein Achtungserfolg gegenüber dem F-35-US-Kampfjet von Lockheed Martin.
Dreißig Jahre nach dem Erstflug verzeichnet der Kampfjet Eurofighter eine der größten Kaufwellen seiner Geschichte. Nur wenige Tage nachdem Spanien weitere 25 Modelle neu bestellt hat, unterschrieb jetzt auch Italien einen Auftrag für 24 Exemplare. Damit nicht genug. Der noch amtierende deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hatte im Juni auf der Berliner Luftfahrtausstellung ILA den Kauf weiterer 20 Jets für die Luftwaffe angekündigt. Branchenkenner gehen davon aus, dass der Auftrag kurz nach der Wahl von der neuen Bundesregierung erfolgt.
Nachdem Rüstungsexporte nach Saudi-Arabien von der aufgelösten Bundesregierung wieder genehmigt wurden, wird zudem mit einer Neubestellung aus Riad über 54 Jets sowie aus Katar gerechnet. In der Branche sorgte auch jüngst der Flug von zwei Eurofightern in die Türkei für Aufsehen. Dabei hatten türkische Militärs und Experten die Möglichkeit, zwei Modelle genau unter die Lupe zu nehmen. Angeblich will die Türkei insgesamt 40 Eurofighter beschaffen.
Der Chef des Eurofighter-Konsortiums, Giancarlo Mezzanatto, hatte schon im vergangenen Jahr prognostiziert, das mittelfristig 100 bis 200 neue Kampfjets bestellt werden. Jüngst sprach er von einer „Renaissance des Programms“. Europa modernisiere seine Luftstreitkräfte.
Einschließlich der jüngsten Bestellung aus Italien sind nunmehr 730 Kampfjets aus acht Nationen bestellt. Davon wurden bis Ende 2023 603 Exemplare ausgeliefert. Die Neuaufträge sorgen also dafür, dass die Serienproduktion nicht abreißt und sich das Auftragsbuch wieder füllt.
Die neuen Jets sollen in Italien vor allem ältere Eurofighter-Versionen ablösen. In Spanien steht die Vergrößerung der Flotte im Fokus. Bis die neuen Jets verfügbar sind, dauert es aber noch Jahre. Die Auslieferung soll sowohl in Italien als auch in Spanien Ende des Jahrzehnts anlaufen. In Spanien wird der Gesamtauftragswert auf 4,5 Milliarden Euro beziffert. In Italien berichten Medien von Gesamtkosten von über sieben Milliarden Euro. Deutschland hatte zuletzt 2020 insgesamt 38 Eurofighter für 5,5 Milliarden Euro bestellt, um ältere Modelle zu ersetzen.
Mit den Eurofighter-Neubestellungen erzielt das Herstellerkonsortium um Airbus in Spanien und Deutschland, BAE Systems in Großbritannien sowie Leonardo in Italien einen Achtungserfolg gegenüber dem F-35-US-Kampfjet von Lockheed Martin. Eine Besonderheit ist, dass sowohl Deutschland als auch Großbritannien und Italien neben ihren Eurofightern auch den US-Kampfjet F-35 bestellt haben. Von dem US-Modell, dessen Erstflug im Dezember 2000 stattfand, sind weltweit bereits über 1000 Exemplare ausgeliefert. Die Kundenliste umfasst bisher 20 Nationen.
Eurofighter wird ständig weiterentwickelt
Das Eurofighter-Konsortium unternimmt viel, damit der jahrzehntealte Kampfjet durch neue Varianten und Modernisierungen mindestens bis in die 2060er Jahre einsatzbereit bleibt. Entwickelt wird etwa ein neues Cockpit. Zudem wird der Flugsteuerungsrechner, die Kommunikation und vieles mehr modernisiert.
Aber nicht alles läuft im Gleichklang: So gibt es bei der Modernisierung des Radars zwei Konzepte: Deutschland und Spanien entwickeln das MK1 E-Scan-Radar unter der Führung von Hensoldt, während die Italiener und Großbritannien auf das MK2-Radar unter Führung von Leonardo setzen. Zu den Besonderheiten gehören auch vier Endmontagelinien für den Kampfjet in Deutschland, Spanien, Italien und Großbritannien. Der Kampfjet entsteht in einer Art Produktionspuzzle. So fertigt Italien den linken Flügel und Spanien den rechten Flügel und der Rumpfmittelkasten kommt aus Deutschland. Somit tragen die Neuaufträge bei den Herstellerfirmen zumindest zur Beschäftigungssicherung bei.
Gerhard Hegmann schreibt für WELT über Rüstung, Luft– und Raumfahrt und Militär.