Bundeswehr: Minister “Task Force” | ZEIT ONLINE | ABC-Z

“Task Force”, das klingt wichtig und nach Schlagkraft. Bundeswehr und Nato nennen so Kampfeinheiten für besondere Aufgaben. Die Task Force 47 etwa sollte in Afghanistan Anführer der Taliban jagen. Und mit der “Very High Readiness Joint Task Force” stellte die Bundeswehr 2023 die “Speerspitze” der Nato. Aber nicht nur die Militärs nutzen den Begriff, auch Boris Pistorius, der amtierende Verteidigungsminister, hat eine Vorliebe für Task Forces. In seiner Amtszeit, die im Januar 2023 begann, hat er reihenweise Task Forces einberufen.
Im August 2023 nahm die Task Force Personal die Arbeit auf, drei Monate später die Task Force Drohne, und im Dezember 2023 setzte er die Task Force Wehrpflicht ein. Übernommen von seiner Vorgängerin hatte er bereits die Task Force Optimierung Beschaffungswesen. Alle diese Task Forces haben dem Minister Konzepte vorgelegt. Passiert ist dennoch kaum etwas. Pistorius, der in der neuen Koalition erneut Verteidigungsminister werden könnte, hat bei zentralen Problemen der Bundeswehr wie Beschaffung und Personal erstaunlich wenig erreicht, wenn man das ins Verhältnis setzt zur Popularität, die er genießt.
Eines der größten Probleme der Bundeswehr ist, dass ihr das Personal fehlt. Damit Deutschland wieder in der Lage ist, sich gegen einen Angriff zu verteidigen, soll die Bundeswehr wachsen: Bis 2031 sind mindestens 203.000 Soldaten vorgesehen, Pistorius sprach auch schon von 230.000. Doch statt zu wachsen, ist die Truppe in seiner Amtszeit sogar leicht geschrumpft, von 183.277 Männern und Frauen in Uniform im Januar 2023 auf zuletzt 182.857. Oda Döring, Abteilungsleiterin Personal im Verteidigungsministerium (und zuvor Co-Chefin der Task Force Personal), machte im September auf einer Veranstaltung der FDP im Bundestag deutlich, wie wenig sich getan hat. Jeder vierte Soldat verlasse die Bundeswehr schon in der Probezeit, sagte sie. In Zahlen: 2023 gingen von 18.810 neuen Soldaten 5.100 frühzeitig. Bei einer solchen Abbrecherquote würde die beste Personalgewinnung nicht helfen, sagte Döring.
Auch beim erklärten Ziel, mehr Frauen einzustellen, kommt Pistorius kaum voran. Ihr Anteil dümpelt seit Jahren bei unter zehn Prozent, 2024 betrug er 9,89 Prozent, gerade mal 0,21 Prozentpunkte mehr als im Vorjahr. Und anders als angestrebt, wird die Truppe auch nicht jünger, sondern älter: Lag das Durchschnittsalter Ende 2019 noch bei 32 Jahren, waren es Ende 2024 schon 34 Jahre.
Nun soll ein neues Wehrkonzept helfen, die Personalprobleme zu lösen. Mitte vergangenen Jahres legte Pistorius seine Pläne zur Wiedereinsetzung der Wehrpflicht vor, die ebenfalls auf der Arbeit einer Task Force beruhen. Heraus kam das “Schwedische Modell”: Alle 18-Jährigen erhalten demnach Post von der Bundeswehr mit Fragen zu Fitness und Motivation. Männer müssen darauf antworten, Frauen können. Wer zur Bundeswehr will, soll gemustert werden. Ziel ist, pro Jahr 15.000 junge Menschen zu gewinnen.
Am vergangenen Freitag sagte Pistorius: “Wir gehen davon aus, dass wir mit einem attraktiven Wehrdienst genügend Freiwillige gewinnen werden. Sollte das eines Tages nicht der Fall sein, wird zu entscheiden sein, junge Männer verpflichtend einzuberufen.” Allerdings gibt es bereits einen freiwilligen Wehrdienst, der pro Jahr nicht mehr als 12.000 junge Leute für ein paar Monate in die Truppe bringt. Geholfen hat das der Bundeswehr bislang nicht.