Es gibt Parallelen zu früher. Videokunst in Freising zeigt sie im Schafhof – Freising | ABC-Z

Der blutige Bauernkrieg hat vor 500 Jahren Teile Bayerns erschüttert und viele Tote gefordert. Historiker beleuchteten dieses Thema in diesem Jahr ausführlich in Büchern und Ausstellungen. Doch nicht nur in der Rückschau sind die Konflikte der frühen Neuzeit von Interesse, das zeigen zeitgenössische Künstlerinnen und Künstler derzeit im Freisinger Schafhof. Bis Ende November sind dort ihre Werke zu sehen, die sich mit grundlegenden Fragen der Gesellschaft beschäftigen, die noch oder wieder aktuell sind.
Wie unterscheiden sich die Lebenswelten in Stadt und Land? Welche Probleme entstehen dabei? Wie beeinflusst die Natur den Alltag des Menschen – und umgekehrt, wie man mit Blick auf mögliche Klima-Kipppunkte hinzufügen muss? Die Ausstellung „Planetarische Bauern – Landwirtschaft, Kunst, Revolution“ nimmt das Ende der Bauernkriege vor fünf Jahrhunderten zum Anlass für eine spannende künstlerische Auseinandersetzung mit der Gegenwart. Zu sehen war sie in größerem Umfang bereits in Halle an der Saale. Sie entstand als Kooperation der Kulturstiftung Sachsen-Anhalt und der Werkleitz-Gesellschaft. Sechs ausgewählte Werke sind nun im besonderen Ambiente des Schafhofs mit seinem historischen Tonnengewölbe ausgestellt.
Natürlich seien die Probleme der Menschen vor 500 Jahren nicht eins zu eins mit der Lebenswirklichkeit heute zu vergleichen, sagt Museumsleiter Eike Berg. Dennoch fänden sich Parallelen. Die Ausstellung passe gut zum Jahresthema „Stadt-Land-Wandel“. Berg erinnert an die Bauernproteste Anfang 2024. Zwar müssen die Landwirte der Gegenwart ihre Freiheit nicht mehr mühsam erkämpfen. Die Demonstrationen im vergangenen Jahr blieben friedlich, zeigten aber, dass nicht wenige Bauern um ihre Existenz fürchteten – und sich von Teilen der Gesellschaft unverstanden fühlten. Letztlich gehe es um Identitätsfragen, sagt Berg. Darum, was den Menschen und sein Verhältnis zur Umwelt ausmache.
Himmelszeichen
Michael Wang aus den USA, Jahrgang 1981, thematisiert in seinem Video-Essay „Grünes Wunder“, dass Extrem-Wetter sowie seltene astrologische Phänomene zur Zeit der Bauernkriege als göttliche Botschaften interpretiert wurden. Angesichts der zunehmenden Popularität autoritärer Denkmuster und der Tendenzen, wissenschaftliche Erklärungen zu ignorieren, fragt der New Yorker, ob es eine moderne Entsprechung der Himmelszeichen gebe. In dem Video-Essay zeigt er Stiche mit apokalyptischen Vorhersagen, die kurz vor Ausbruch des Bauernkriegs veröffentlicht worden waren.
Um gesellschaftspolitische und wirtschaftliche Fragen drehen sich die interdisziplinären Projekte der Berlinerin Alice Creischer, Jahrgang 1960. Sie befragte Landwirtinnen und Landwirte nach ihren Lebens- und Produktionsbedingungen und orientierte sich dabei am „Fragebogen für Arbeiter“, mit dem Karl Marx 1880 die Situation der französischen Arbeiter untersucht hatte. Mit interessanten Ergebnissen.
Teils verblüffende Parallelen zur Rolle der Frauen damals und heute finden sich in der Video-Projektion „Minuswelt“ des bekannten Wiener Künstlerkollektivs „Total Refusal“ in Zusammenarbeit mit Sarah Fichtinger und Nikola Supukovic. Im zeitgenössischen Medium Videospiel legen sie ideologische Strukturen frei und lassen Frauen aus der Zeit um 1500 zu Wort kommen. Die polnische Künstlerin Iza Tarasewicz, Jahrgang 1981, verbindet in „Ruins and Promises“ Artefakte einer untergegangen vorindustriellen Landwirtschaft mit den Elementen einer satellitengesteuerten Welt.
Historische Dimension
Die historische Dimension macht die Ausstellung für Berg besonders spannend. Die Kunst soll die Menschen sensibilisieren und über den emotionalen Zugang zum Nachdenken anregen. Denn die gesellschaftlichen Probleme, die zum Bauernkrieg führten, sind in veränderter Form rund um den Globus noch immer aktuell.
Ausstellung „Planetarische Bauern“, Europäisches Kunstforum Oberbayern im Schafhof in Freising, Am Schafhof 1, bis 30. November, geöffnet Dienstag bis Samstag 14 bis 18 Uhr, Sonntag 10 bis 18 Uhr. Am Freitag, 28. November, ist das Museum geschlossen.





















