Erste Kandidaten stehen – große Überraschung in Neukölln | ABC-Z

Stefan Gelbhaars (Grüne) Versuch eines politischen Comebacks ist vorerst gescheitert. Der ehemalige Bundestagsabgeordnete, gegen den Belästigungsvorwürfe publik geworden waren, die sich später in Teilen als falsch und erfunden herausstellten, wollte sich in seinem Heimatbezirk Pankow für die Wahl zum Berliner Abgeordnetenhaus aufstellen lassen.
Bei einer Wahlversammlung der Grünen am Sonnabend wollte er sich für den Wahlkreis 6, Prenzlauer Berg-West, nominieren lassen. Doch nachdem ein eigentlich unverbindliches Stimmungsbild bereits ergeben hatte, dass nur 83 von 267 der abgegebenen Stimmen (31 Prozent) auf Gelbhaar entfielen, war klar: Auch in der verbindlichen Wahl am Abend würde er keine Chance haben gegen seine Kontrahentin Sunčica Klaas, auf die im Stimmungsbild 179 Stimmen (67 Prozent) entfielen. Gelbhaar verzichtete, der Wahlkreis, in dem sich die Grünen sehr gute Chancen auf ein Direktmandat ausrechnen dürfen, geht an die 47-jährige Bildungsforscherin Klaas.
Will für seine Partei ins Abgeordnetenhaus, unterlag aber bei einer Wahlversammlung der Grünen in Pankow: Stefan Gelbhaar.
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Kurz nach der Wahl zeigte sich der Unterlegene niedergeschlagen. „Ich bin dankbar für die Unterstützung, aber natürlich enttäuscht“, sagte Gelbhaar der Berliner Morgenpost. Als einziger Weg, doch noch ins Abgeordnetenhaus einzuziehen, bleibt ihm nun die Landesliste der Grünen. Zu möglichen Plänen, einen Platz auf dieser Liste zu erobern, wollte er sich nicht äußern.
Franziska Giffey (SPD) als Direktkandidatin für Rudow gewählt – aber ohne Listenplatz
Aber nicht nur bei den Pankower Grünen standen an diesem Sonnabend mit Spannung erwartete Personalentscheidungen an. Die Berliner Sozialdemokraten kamen sogar in gleich drei Bezirken zusammen, um darüber abzustimmen, wer einen der begehrten vorderen Listenplätze für die Berlin-Wahl bekommt.
In Neukölln war die weitreichendste Entscheidung schon im Vorfeld getroffen worden: Der Bezirksverband hatte verhindert, dass die wahrscheinlich immer noch prominenteste Berliner Sozialdemokratin, die ehemalige Regierende Bürgermeisterin und amtierende Wirtschaftssenatorin, Franziska Giffey, einen Listenplatz erhält. Statt Giffey wird die Bezirksliste von Derya Çağlar angeführt. Es folgen Marcel Hopp, Charlotte Mende und der Kreisvorsitzende Joachim Rahmann.
Eine politische Karriere vor dem Aus? Die ehemalige Regierende Bürgermeisterin und amtierende Wirtschaftssenatorin Franziska Giffey (SPD).
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Giffey bleibt damit einzig der Weg über den Gewinn eines Direktmandates. Für ihre Kandidatur im bürgerlichen, weniger hektischen Neuköllner Ortsteil Rudow erhielt sie bei der Wahlveranstaltung die Unterstützung von 77 Prozent der Delegierten. 2021 konnte Giffey Rudow gewinnen, 2023 unterlag sie gegen Olaf Schenk (CDU). Sollte die Sozialdemokratin ihren Wahlkreis im kommenden Jahr nicht für sich entscheiden können – es wäre, zumindest vorerst, das Ende einer politischen Karriere. Der Kreisvorsitzende Rahmann wertete die 77 Prozent für Giffey als „gute Unterstützung“. Das Ergebnis zeige, dass ihre Kandidatur vom Kreisverband durchaus gewollt sei.
Neukölln: Martin Hikel (SPD) tritt nicht noch mal als Bezirksbürgermeister-Kandidat an
Auf Bezirksebene gab es in Neukölln jedoch eine große Überraschung: Bezirksbürgermeister Martin Hikel (SPD) wird 2026 bei der Wahl nicht erneut als Kandidat für das Bürgermeisteramt antreten. Der Co-Landesvorsitzende wurde zwar von der Versammlung mit 68,5 Prozent vorgeschlagen, entschied sich anschließend aber, nicht erneut für das Amt des Bezirksbürgermeisters zur Verfügung zu stehen.
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„Wir als SPD Neukölln danken Martin Hikel ausdrücklich für seine erfolgreiche Arbeit in den vergangenen Jahren“, hieß es in einer Mitteilung der Partei. „Unter oftmals schwierigen Rahmenbedingungen hat er mit großem Einsatz dazu beigetragen, unseren Bezirk zusammenzuhalten, sozialen Ausgleich zu sichern und unsere politischen Schwerpunkte voranzubringen. Wir bedauern seine Entscheidung.“
Laut „Tagesspiegel“ sah sich Hikel bei der Versammlung der Kritik der Parteilinken und der Jusos ausgesetzt. Das relativ schlechte Ergebnis von knapp 70 Prozent sollte ein Denkzettel sein, der dann aber nach hinten losging.
Marzahn-Hellersdorf: Iris Spranger (SPD) setzt sich gegen Gordon Lemm durch
Anders als in Neukölln, wo die entscheidenden Weichen bereits im Vorfeld gestellt wurden, war in Marzahn-Hellersdorf lange unklar, wer die Partei auf Platz eins der Bezirksliste anführen wird. Mit der Innensenatorin Iris Spranger und dem Bezirksvorsitzenden Gordon Lemm konkurrierten zwei politische Schwergewichte der Ostberliner Sozialdemokraten um jenen Spitzenplatz auf der Liste, der einen Einzug ins Abgeordnetenhaus garantieren dürfte.
Konnte sich im Duell für Platz eins der SPD-Bezirksliste in Marzahn-Hellersdorf gegen Gordon Lemm durchsetzen: Innensenatorin Iris Spranger.
© Sebastian Gollnow/dpa | Sebastian Gollnow
Dass Spranger überhaupt kandidierte, hatte im Vorfeld bei einigen im Bezirk für Verwunderung gesorgt. Ursprünglich war verabredet gewesen, dass die 64-jährige Senatorin nach der laufenden Legislatur nicht erneut für das Abgeordnetenhaus kandidieren würde. Doch dann wurde Spranger überraschend von ihrem Ortsverband Alt-Marzahn nominiert. Und auch bei der Abstimmung am Sonnabend setzte sie sich durch: Die Senatorin erhielt 30 Stimmen, Lemm nur 20.
Chaos in Charlottenburg-Wilmersdorf: Kreisvorsitzender verpasst Listenplatz
Regelrecht chaotisch ging es für eine Listenaufstellung der Sozialdemokraten hingegen in Charlottenburg-Wilmersdorf zu. Alle Entscheidungen für die vorderen Plätze waren äußerst knapp. Auf Platz eins konnte sich Florian Dörstelmann durchsetzen. Es folgen Ann-Kathrin Biewener und Timur Sarić auf Platz zwei und drei. Sarić gewann mit nur sechs Stimmen Unterschied gegen Kian Niroomand, den Kreisvorsitzenden im Berliner Westen. Aus dem Bezirk ist zu hören, dass Dörstelmann, Biewener und Sarić dem Lager um den einflussreichen Fraktionsvorsitzenden im Abgeordnetenhaus, Raed Saleh, zuzurechnen seien.
Wird den Sprung ins Abgeordnetenhaus wahrscheinlich verpassen: Kian Niroomand, der Kreisvorsitzende der SPD in Charlottenburg-Wilmersdorf.
© DPA Images | Annette Riedl
Niroomand hatte sich zuvor erst im zweiten Wahlgang und mit nur zwei Stimmen gegen die langjährige Abgeordnete und Saleh-Vertraute, Ülker Radziwill, im Rennen um die Direktkandidatur für seinen Wahlkreis rund um den Klausenerplatz durchsetzen können. Als Direktkandidat dürfte Niroomand, der als parteiinterner Gegner von Saleh gilt, den Sprung ins Abgeordnetenhaus allerdings verpassen. In seinem Wahlkreis unterlag die SPD bei den vergangenen beiden Wahlen zum Abgeordnetenhaus deutlich.















