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Erste Himmelskarte des Weltraumteleskops Euclid | ABC-Z

Giga ist in vielen Bereichen der Consumer Electronics längst das neue Mega. Trotzdem sind 208 Gigapixel noch immer eine stattliche Bildgröße. So umfangreich war die Aufnahme, die ESA-Generaldirektor Josef Aschbacher und Carole Mundell, die Wissenschaftschefin der europäischen Raumfahrtorganisation, am 15. Oktober auf dem International Astronautical Congress in Mailand vorstellten.

Es ist ein Mosaik aus 260 Einzelbeobachtungen, die das europäische Weltraum-Spezialteleskop Euclid zwischen dem 25. März und dem 8. April dieses Jahres von einem Ausschnitt des südlichen Sternenhimmels gemacht hat. Mit dem Bild erscheint sozusagen der erste Band eines gewaltigen Himmelsatlas, zu dessen Erstellung das Instrument am 1. Juli 2023 zu seinem Beobachtungsposten in einer Sonnenumlaufbahn in 1,5 Millionen Kilometern Entfernung zur Erde gestartet worden war.

Die Aufnahme überdeckt mit 132 Quadratgrad etwa das 500-Fache dessen, was die Scheibe des von der Erde aus beobachteten Vollmondes abdeckt. Darauf zu sehen sind rund hundert Millionen astronomische Lichtquellen. Zumeist sind es Sterne der Michstraße, also unserer eigenen Galaxie, aber, wie der Zoom im Filmclip exemplarisch zeigt, auch fremde Galaxien, deren Form, Entfernung und Geschwindigkeit relativ zu unserem eigenen Standort im All Euclid vermessen kann. Tatsächlich enthält das jetzt veröffentlichte Mosaikbild rund 14 Millionen solcher Galaxien. Die Himmelskarte, die Euclid erstellen soll, ist also ein dreidimensionaler Atlas der Galaxien, so wie sie tatsächlich im Raum liegen – und zwar der größte, der bislang in Angriff genommen wurde.

Neben den Punktquellen der Sterne und den Scheibchen der Galaxien ist ein Schleier zu sehen, der sich in dieser Darstellung hellblau vom Schwarz des intergalaktischen Kosmos abhebt. Dabei handelt es sich um Gas und Staub in unserer Milchstraße, die kollektives Sternenlicht reflektieren. Aufgrund seines Aussehens wird er auch „galaktischer Cirrus“ genannt.

Zoom in Euclids erstes Mosaik: Der Skalenbalken ist zwei Winkelgrad lang, das ist etwa das Vierfache des Winkeldurchmessers, unter dem uns der Vollmond (ganz rechts) erscheint.ESA/Euclid/Euclid Consortium/NASA, CEA Paris-Saclay, image processing by J.-C. Cuillandre, E. Bertin, G. Anselmi; ESA/Gaia/DPAC; ESA/Planck Collaboration

Die jetzt veröffentlichte Aufnahme umfasst nur ein Prozent dessen, was Euclid im Laufe seiner sechs Jahre dauernden Mission erfassen soll. Der fertige Atlas soll dann rund zwei Milliarden Galaxien vermessen – bis hinaus zu Entfernungen, aus denen das Licht zehn Milliarden Jahre zu uns unterwegs war. Ein Hauptziel dieses Projektes ist es, die Verteilung der ominösen Dunklen Materie im Universum genau und über große Skalen hinweg zu kartieren. Diese Materie – wenn es sich überhaupt um eine solche handelt – macht sich bislang ausschließlich durch ihre Schwerefelder bemerkbar, ihre physikalische Natur ist unbekannt.

Zudem erhoffe man sich von dem Euclid-Atlas neue Daten über die noch rätselhaftere sogenannte Dunkle Energie. So wird der Grund hinter der Beschleunigung der Expansion des Universums genannt, die erst vor knapp 25 Jahren überhaupt entdeckt wurde. Bislang sieht es so aus, als ob es sich um ein auch über kosmische Zeiträume hinweg unveränderliches Phänomen handelt – eine kosmologische Konstante also. Kürzlich gab es aber erste, noch vage Hinweise auf eine Abschwächung.

Nicht zuletzt die Frage nach der kosmologischen Konstante sowie Unstimmigkeiten zwischen verschiedenen Verfahren, die aktuelle Ausdehnungsgeschwindigkeit des Kosmos zu bestimmen, lassen die Astrophysiker der ersten Veröffentlichung kosmologischer Befunde aus den Euclid-Daten mit gesteigertem Interesse entgegensehen. Sie ist für das Jahr 2026 geplant.

Zuvor soll im März 2025 der nächste Band des Altas erscheinen, der weitere 53 Quadratgrad umfasst. Seit das Teleskop im Februar 2024 seinen wissenschaftlichen Betrieb aufgenommen hat, wurden zwölf Prozent des gesamten Zielgebietes beobachtet. Dieses beträgt – aufgrund verschiedener Einschränkungen der Sicht durch das Band der Milchstraße und ihres galaktischen Cirrus sowie der Staubansammlungen in der Bahnebene der Planeten unseres Sonnensystems – nur 36 Prozent des gesamten Firmaments. Auch der bisher umfassendste Galaxienatlas wird daher nur einen kleinen Bruchteil des beobachtbaren Universums verzeichnet und vermessen haben. Dieses enthält nämlich mindestens hundert Milliarden Galaxien.

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