Erscheinung von Buch „Queer“: Die Tierwelt ist queer – vom Primaten bis zum Pinguin | ABC-Z

Unser Planet ist bunt, ebenso sind es die Menschen, Tiere, Pflanzen und Pilze, die auf ihm leben. Sie zeigen eine erstaunliche Vielfalt, was ihr Äußeres, ihren Lebensraum und ihr Verhalten angeht, schreibt Wissenschaftsjournalist Josh L. Davis in seinem neuen Buch „Queer„.
Und das gelte ganz besonders dann, wenn es um Sex und sexuelles Verhalten geht.
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Buch „Queer“: Heterosexualität ist im Tierreich eher die Ausnahme
Häufig werde gesagt, dass rund 1500 Tierarten homosexuelles Verhalten zeigen – etwa Hausfliegen, Waldbachschildkröten oder Braunbären. Doch diese Zahl sei eine massive Unterschätzung, so Davis. Die plausibelste Annahme sei, dass die meisten Tierarten queeres Verhalten in irgendeiner Form zeigen und eine rein heteronormative Art eher die Ausnahme darstelle, schreibt der Autor.
Mit dem Buch möchte Davis die Frage „Warum gibt es in der Natur Homosexualität, wenn sie doch gegen die Evolution gerichtet scheint?“ auf den Kopf stellen.
Zudem will er einen Einblick in die Vielfalt von Biologie und Verhalten geben, fernab von den bislang häufig angenommenen „traditionellen“ männlichen und weiblichen Rollen. Dass Sex zwischen Tieren ausschließlich der Fortpflanzung dient, so zeigt es dieses Buch, ist ein Mythos.
Queere Pinguine sind nicht selten
Von Pinguinen bis zu Primaten, über Schafe und Schwäne – gleichgeschlechtliches Sexual- und Balzverhalten ist in der Natur weit verbreitet. Ein paar Beispiele: Homosexuelle Paare, männliche wie weibliche, sind laut Davis zum Beispiel von mindestens einem Drittel aller Pinguinarten berichtet worden. Demnach wurden seit über 100 Jahren queere Pinguine in der Natur beobachtet. Als Beispiel nennt Davis Adeliepinguine in der Antarktis, die gleichgeschlechtliche Beziehungen führen.

© T.Terziev/Shutterstock/ Haupt
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Andere Arten sind nicht einmal für die Fortpflanzung auf das andere Geschlecht angewiesen. Wie etwa die New-Mexico-Rennechse, die im Südwesten der USA verbreitet ist. Innerhalb dieser Gattung Aspidoscelis haben sich demnach rein weibliche Arten entwickelt.
Das habe wiederum dazu geführt, „dass rund ein Drittel aller Arten eingeschlechtlich ist – Individuen, die ohne eine weitere Partei lebensfähige Nachkommen erzeugen können“. In der Fachsprache nennt sich diese „asexuelle“, ungeschlechtliche Fortpflanzung „Parthenogenese“ und ist laut Davis in der Natur weit verbreitet. Demnach findet man sie bei Haien, Vögeln, Krokodilen, Amphibien, Schnecken und Krebstieren.

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„Das Spiel zwischen Chromosomen, Hormonen, Proteinen und Zufall ist ein komplexer Tanz“
Einige Individuen der Morphofalter, die in den Feuchtwäldern in Süd- und Zentralamerika zu finden sind, vereinen wiederum beide Geschlechter im selben Körper. Sie sind entlang der Mittellinie geteilt, wobei eine Hälfte des Insekts männlich, die andere weiblich ist.
Solche sogenannten Gynander findet man häufig bei Schmetterlingen und Vögeln, aber auch Spinnen oder Hummer, nennt der Journalist. Davis zitiert Schätzungen, wonach vielleicht einer von 10.000 Schmetterlingen ein Gynander ist.

© Musée d’histoire naturelle de Lille, CC BY-SA 4.0, via Wikimedia Commons/ Haupt
von Musée d’histoire naturelle de Lille, CC BY-SA 4.0, via Wikimedia Commons/ Haupt
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Wie sich diese Tiere entwickeln, sei nicht bekannt. Sicher sei aber, dass die Prozesse, die hinter der Geschlechtsbestimmung stehen, bei Weitem nicht eindeutig seien. „Das Spiel zwischen Chromosomen, Hormonen, Proteinen und Zufall ist ein komplexer Tanz“, sagt Davis.
Diese Tiere können das Geschlecht ändern
Andere Tiere, wie viele Papageienfische, können das Geschlecht einfach ändern. Laut Davis wandeln sich Masken-Papageienfische vom Weibchen zum Männchen um, wenn sie eine gewisse Größe erreicht haben. Dieses Zwittertum betrieben diese Fische aufgrund ihres Paarungssystems. Ein Männchen sammelt demnach einen Harem von mehreren Weibchen um sich. Ein Fisch kann seinen Fortpflanzungserfolg erhöhen, wenn er sein Geschlecht wechseln kann.
Doch es gebe auch einige Arten, die den umgekehrten Weg gehen. Clownfische etwa ändern ihr Geschlecht vom Männchen zum Weibchen, wenn etwa ein Todesfall auftritt.
Ein flexibles Sexverhalten zeigen auch alle Arten der Großen Menschenaffen wie Orang-Utans, Gorillas oder Schimpansen, bei denen homosexuelle und bisexuelle Interaktionen beobachtet wurden. Aber auch unter Giraffen sind schwule oder lesbische Verhaltensweisen verbreitet.
Ebenso beim Großen Tümmler, wo häufig männliche Paare zu beobachten seien. „Sie wandern zusammen, kümmern sich umeinander und wehren sogar Haie ab, um sich gegenseitig zu beschützen. Und sie haben auch jede Menge Sex“, so Davis. Auch weibliche Tümmler tun dies.

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Das Buch „Queer“, am Montag erschienen, ist eine „Expedition in die Vielfalt von Geschlecht und Sexualität in der Natur“ und gleichzeitig eine Hommage an die Diversität.
Josh L. Davis, „Queer. Sex und Geschlecht in der Welt der Tiere und Pflanzen“, Haupt Verlag, 19,90 Euro.