Lieblingsmusik hat laut Studie überraschenden Effekt – ähnlich wie Sex | ABC-Z

Berlin. Musik kann Rauschzustände auslösen wie Drogen oder guter Sex. Doch was passiert da genau im Hirn? Forscher aus Finnland haben eine Erklärung.
Für die einen sind es Techno-Beats auf einem Rave, für andere wiederum der opulente Orchesterklang einer Wagner-Oper: „In dem wogenden Schwall, in dem tönenden Schall, in des Welt-Atems wehendem All – ertrinken, versinken – unbewusst – höchste Lust!“ Schon Richard Wagner war ein musikalischer Ekstatiker, der sogenannte „Liebestod“ in seinem Musikdrama „Tristan und Isolde“ eine Art tönender finaler Orgasmus. Später kamen Elvis Presley, Rock and Roll und schließlich das sich selbst vergessen im Rausch eines Rave.
Musik kann Glücksgefühle auslösen, das ist lange bekannt. Wissenschaftler der Universität Turku in Finnland haben nun aber zum ersten Mal genauer beschrieben, wie Töne auf das Opioidsystem des Gehirns wirken und dort ein wahres Feuerwerk auslösen können. Das System ist an lustvollen Emotionen beteiligt, die bei überlebenswichtigen Verhaltensweisen wie Essen und Sex entstehen. Opioide wiederum sind körpereigene Botenstoffe, die unter anderem Schmerzen und das Stressgefühl regulieren. Wer seine Lieblingsmusik hört, kann demnach seinen Stresslevel reduzieren und zur Ruhe kommen. Auf der anderen Seite kann Musik aber auch aufputschend wirken und sogar aggressiv machen.
Frühere Studien haben bereits nachgewiesen, dass Musik auch postoperative oder gar chronische Schmerzen lindern kann. Wenn durch Klänge im Gehirn Opioide freigesetzt werden, müssen im besten Fall sogar weniger opioidhaltige Schmerzmittel verabreicht werden.
Ein Wissenschaftlerteam unter Leitung von Vesa Putkinen von der Universität Turku konnte nun zeigen, wie das Hören von Lieblingsmusik die Opioidrezeptoren im Gehirn aktiviert. Ihre Ergebnisse präsentierten die Forscher im „European Journal of Nuclear Medicine and Molecual Imaging“.
Mittels bildgebender Verfahren wurden die Hirnströme von 30 Frauen aufgezeichnet, während diese ihre Lieblingsmusik hörten. „Diese Ergebnisse zeigen zum ersten Mal direkt, dass das Hören von Musik das Opioidsystem des Gehirns aktiviert“, so Putkinen. Das Erstaunliche: Musik kann Glücksgefühle auslösen, obwohl damit keine primäre Belohnung wie beim Essen oder Sex verbunden ist.
Die Wissenschaftler fanden außerdem heraus, dass gleich in mehreren Regionen des Gehirns Opioide freigesetzt werden, etwa im Orbitallappen direkt über der Augenhöhle und im Mandelkern (Amygdala) im limbischen System. Dort werden von außen einströmende Informationen verarbeitet. Der Mandelkern ist auch an emotionalen Reaktionen und der Speicherung von Gedächtnisinhalten beteiligt. Im sogenannten Nucleus accumbens wurden Opioide vor allem dann freigesetzt, wenn die Hörerinnen angenehme Gänsehautmomente erlebten.
Je mehr Opioidrezeptoren die Teilnehmerinnen hatten, desto stärker reagierte ihr Gehirn auf die Musik. Die Intensität des musikalischen Rausches, den eine Person erleben kann, ist also wesentlich durch biochemische Vorgänge im Gehirn bestimmt, ließe sich ein Ergebnis der Studie zusammenfassen.