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Erdnussallergie: Neue Hoffnung für Erwachsene – Gesundheit |ABC-Z

Die Angst vor Erdnüssen bleibt meist ein Leben lang: Wer als Kind eine Allergie dagegen entwickelt, der wird sie von allein meist nie mehr los, denn im Gegensatz zu anderen Nahrungsmittelallergien wachsen sich Erdnussallergien nur selten aus. Das ist besonders unangenehm, weil Erdnüsse im Körper von Allergikern sehr viel heftigere Reaktionen auslösen, als es Äpfel, Paprika oder Tomaten vermögen: Während Apfelallergiker meist nur mit einem Kratzen im Hals und einem Bitzeln auf den Lippen zu kämpfen haben, reagiert das Immunsystem von Erdnussallergikern derart heftig, dass ihnen schon beim kleinsten Kontakt heftigste Reaktionen bis hin zum gefürchteten anaphylaktischen Schock drohen, der tödlich enden kann. Das schlägt vielen Betroffenen kräftig auf die Psyche.

Doch eine neue Studie enthält gute Nachrichten für erwachsene Erdnussallergiker: Sie können ihrem Immunsystem abgewöhnen, derart überzureagieren. Um das zu beweisen, hatten britische Forschende 21 Erwachsenen zwischen 18 und 40 Jahren im Rahmen einer kleinen Studie Erdnussmehl zu essen gegeben. Neun Kontrollpersonen lebten hingegen weiter wie bisher, was vor allem bedeutete, dass sie es tunlichst vermieden, in Kontakt mit Erdnüssen zu geraten. Niemand von den Erwachsenen hatte sich in den Jahren zuvor an Erdnüsse herangewagt, nicht einmal im Rahmen einer medizinischen Behandlung.

Nun erhielten die Testpersonen täglich winzige Mengen Erdnussmehl, beginnend mit 0,3 Milligramm. Eng überwacht von den Forschenden und immer mit einem Klinikbett in der Nähe wurde nach einiger Zeit eine etwas höhere Dosis probiert. Und wenn das ohne größere Immun-Eskapaden klappte, eine noch etwas höhere. Zwei Wochen lang futterten die Probanden täglich die Dosis, die sie noch vertrugen, dann erfolgte die nächste Höherdosierung in der Klinik. Je größer die erträglichen Dosen wurden, desto eher konnten die Probanden vom Erdnussmehl auf „Erdnussprodukte aus der realen Welt“ umsteigen, wie die Forschenden das nennen: Erdnüsse, Erdnussbutter oder Erdnussflips – ganz nach Vorliebe.

Am Ende vertrugen die meisten ein Gramm Erdnussmehl – oder vier Erdnüsse

Tatsächlich bändigten die Allergiker auf diese Weise ihre sonst beim kleinsten Erdnussschnipsel ausflippenden Immunzellen: Die behutsame Erdnussverfütterung „scheint eine wirksame Behandlung für Erwachsene mit Erdnussallergie zu sein“, folgern die Autoren um Hannah Hunter vom Guy’s and St Thomas‘ NHS Foundation Trust in London im Fachblatt Allergy.

Am Ende vertrugen die meisten Probanden ein ganzes Gramm Erdnussmehl – entsprechend vier großen Erdnüssen. 14 von 18 Testpersonen, also 78 Prozent, schafften mindestens 1,4 Gramm, zehn weitere sogar mehr als vier Gramm. Drei Probanden kehrten der Studie allerdings den Rücken, die Reaktionen ihres Immunsystems waren einfach zu heftig. Diejenigen, die Toleranz gegenüber Erdnüssen entwickelt hatten, berichteten von deutlich besserer Lebensqualität. Auch fanden sich weniger auf Erdnüsse abgerichtete Antikörper in ihrem Blut, und ihre Haut reagierte im Prick-Test, bei dem das Allergen auf den Arm getropft und die Haut leicht eingeritzt wird, weniger als die der Kontrollpersonen. Die Studienautoren um Hannah Hunter gehen davon aus, dass das gleiche Prinzip auch bei anderen Nahrungsmittelallergien funktionieren wird, gegen Kuhmilch, Eier oder Weizen zum Beispiel. Denn diese Allergien sind im Vergleich zur Erdnussallergie ohnehin eher zahm.

Der Versuch mache Hoffnung, sagte auch Adam Fox, Professor für Pädiatrische Allergie am King’s College London, der nicht an der Studie beteiligt war, dem britischen Science Media Centre: Herkömmlicherweise sei man davon ausgegangen, dass solche Desensibilisierungstherapien bei Nahrungsmittelallergien nur etwas für Kinder seien. Nun sei der Beweis erbracht, dass so etwas grundsätzlich auch bei Erwachsenen funktionieren könne, so Fox, auch wenn die Studie klein sei und größere Studien folgen müssten.

In den vergangenen Jahren hatten sich bereits große Fortschritte bei der einst so gefürchteten Erdnussallergie für Kinder ergeben. Seit 2020 gibt es für Vier- bis 17-Jährige das Medikament Palforzia: medizinisches Erdnusspulver zur oralen Immuntherapie. Mittlerweile zeigten Studien, dass die Behandlung auch bei jüngeren Kindern zwischen ein und drei Jahren sicher ist und mit rund 75 Prozent eine ähnliche Erfolgsquote hat wie bei größeren Kindern. Viele Kliniken bieten die Desensibilisierung inzwischen an. Doch weil die Kinder während der Behandlung oft heftig reagieren, sind Sicherheitsvorkehrungen nötig.

Dasselbe gelte auch für die Behandlung von Erwachsenen, betont Adam Fox. Keinesfalls sollten Betroffene nach dem Vorbild der neuen Studie zu Hause mit einer Desensibilisierung beginnen, warnt er: „Diese Behandlung benötigt sorgfältige medizinische Supervision und sollte nie ohne sie versucht werden.“

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