Erdinger Tankstellen-Brandstifter muss dauerhaft in die Psychiatrie – Erding | ABC-Z

Nach zwei Verhandlungstagen war für das Landgericht Landshut klar: Der 31-Jährige, der innerhalb von 24 Stunden in seiner Heimatstadt Erding zweimal Feuer gelegt hat, muss dauerhaft in die Psychiatrie. Seinem Wunsch, die Unterbringung zur Bewährung auszusetzen, hat die Strafkammer nicht entsprochen,
24. März dieses Jahres kurz vor Mitternacht: Neben einer Zapfsäule einer bereits geschlossenen Tankstelle brennt es. Von der angrenzenden Straße aus sind die bis zu 50 Zentimeter hohen Flammen gut zu sehen. Die herbeigerufenen Feuerwehrleute müssen jedoch nicht mehr eingreifen: Zuvor eingetroffenen Polizisten ist es bereits gelungen, den Brand mit Handfeuerlöschern zu löschen. Die Auswertung der Überwachungskameras ergibt, dass sich ein gut erkennbarer Mann an mehreren Zapfsäulen zu schaffen gemacht, Schnüre verlegt, einen Molotow-Cocktail entzündet und weggelaufen ist. Unweit der Tankstelle kann der Erdinger festgenommen werden.
:Wählen Sie den Whatsapp-Kanal für Ihren Landkreis
Die Süddeutsche Zeitung bietet Whatsapp-Kanäle für alle Landkreise rund um München an. Das Angebot ist kostenlos. So abonnieren Sie die Kanäle.
Wie der für die Ermittlungen zuständige Beamte der Erdinger Kriminalpolizei beim Prozessauftakt erklärte, bestand keine Explosionsgefahr: Die Schnüre seien als Lunten ungeeignet und die Tanks unter der Tankstelle durch Sicherheitsventile geschützt. Der Molotow-Cocktail sei „wie eine Kerze“ abgebrannt und ein Sachschaden nicht entstanden.
Ein Schaden von 25 000 Euro ist hingegen am Abend zuvor entstanden, als der 31-Jährige einen Molotow-Cocktail auf das Auto seines Vaters geworfen hat. Anders als an der Tankstelle waren Personen in Gefahr: Das Auto war nämlich auf einem ebenerdigen Stellplatz unter einem Mehrparteienhaus geparkt. Hätte nicht ein Passant den Vater benachrichtigt und dieser den brennenden Wagen ins Freie gefahren, hätten die Flammen womöglich auf das Wohnhaus übergegriffen.
Der 31-Jährige gibt an, dass er Stimmen gehört hat
Der Beschuldigte hat die Taten eingeräumt. Sein Vater habe ihn als Kind „drangsaliert“. So habe er „stundenlang“ weite Strecken laufen oder in der Sonne schmoren müssen – bis zum Sonnenbrand. Infolge seiner paranoiden Schizophrenie habe er Stimmen gehört und sich eingebildet, sein Vater höre seine Wohnung ab – mit Unterstützung des Tankstellenbetreibers. Daran, dass der Fahrzeugbrand auf das darüberliegende Wohnhaus übergreifen könnte, habe er nicht gedacht, beteuerte er. An der Tankstelle habe er lediglich ein „Kleinfeuer“ entfachen und auf seine psychische Situation aufmerksam machen wollen.
Daran, dass der Beschuldigte, der nach eigenen Angaben zwei Berufsausbildungen abgeschlossen hat, infolge seiner psychischen Erkrankung schuldunfähig war, hatte das Landgericht keine Zweifel. Eine Bestrafung kam deshalb nicht in Betracht, sehr wohl aber die Anordnung einer sogenannten Maßregel der Sicherung und Besserung. Zu diesen Maßregeln zählen die Unterbringung in einer Entzugsklinik, in einem psychiatrischen Krankenhaus sowie die Sicherungsverwahrung.
Anders als Strafen zielen Maßregeln nicht auf repressive Sanktionierung begangenen Unrechts, sondern auf präventiven Schutz vor zukünftigen Straftaten. Maßstab für die Anordnung einer Maßregel ist deshalb die Gemeingefährlichkeit des Täters, der begangenen Straftat kommt lediglich Indizwirkung zu.
Im Fall des Erdingers war die Strafkammer davon überzeugt, dass von ihm ohne Einweisung in die Psychiatrie weitere erhebliche Straftaten zu erwarten sind. Die Unterbringung in der geschlossenen Psychiatrie gilt als besonders belastend, weil sie unbefristet angeordnet wird. Anders als bei zeitlich befristeten Gefängnisstrafen weiß der Betroffene nicht, wann und ob er überhaupt wieder auf freien Fuß kommt.
Dass der 31-Jährige zum Tatzeitpunkt unbehandelt war und nun regelmäßig Psychopharmaka einnimmt, begründete aus Sicht der Strafkammer noch „keine besonderen Umstände“, die eine Unterbringung auf Bewährung gerechtfertigt hätten. Wer auf Bewährung untergebracht wird, wird ambulant therapiert mit engmaschigen Kontrollen anstelle einer stationären Einweisung. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.





















