Berlin

Berliner Hochschulen müssen sparen: Restaurierungsstudiengänge vor dem Aus | ABC-Z

Zur Mittagszeit hallen am 12. November Pfiffe und Applaus über den Campus der Hochschule für Technik und Wirtschaft (HTW) Berlin am Wilhelminenhof. Rund hundert Studierende haben sich vor der Mensa versammelt, um gegen die Streichung ihrer Studiengänge zu protestieren. „Warum müssen kleine, aber wichtige Studiengänge, die für Vielfalt stehen, gestrichen werden?“, empört sich Amanda, die mitdemonstriert.

„KRG muss bleiben!“, steht auf dem Transparent, das die Studentin der Grabungstechnik zusammen mit ihrer Kommilitonin vor der Bühne hochhält. KRG steht für Konservierung, Restaurierung und Grabungstechnik. Dieser Studiengang ist einer von zwölf, die aufgrund von Sparmaßnahmen der HTW-Leitung von der Streichung bedroht sind.

Den Studiengang Grabungstechnik gibt es in ganz Deutschland nur an der HTW. Auch die Studiengänge Restaurierung und Konservierung sind selten und gefährdet. Es gibt sechs davon in Deutschland. „Und wenn sie geschlossen werden, wohin sollen dann die Studierenden aus Berlin und Brandenburg gehen? Nach Stuttgart und Münster?“, fragt Amanda. Parallel zu ihrem 7. Bachelor-Semester arbeitet sie bereits im Brandenburgischen Landesamt für Denkmalpflege. Auch dort haben viele ihrer Kol­le­g:in­nen ihren Beruf an der HTW gelernt.

Gerade weil solche Studiengänge nur an wenigen Universitäten angeboten werden, sind sie für die Berufsbranche essenziell, erklärt Julia Hammerschmied vom Verband der Restauratoren. „Deutschland besitzt weltweit anerkannte Restaurierungsexpertise, und ein Zentrum dieser Exzellenz ist an der HTW Berlin“, sagt die Restauratorin am Museum für Kommunikation.

„Ein irreparabler Verlust für Berlin und für Deutschland“

Nach der Einstellung des Studiengangs Metallrestaurierung in Potsdam stehe die qualifizierte Ausbildung in diesem Bereich in Deutschland mit einer weiteren Schließung praktisch vor dem Aus. Die Streichung der Studiengänge Restaurierung und Konservierung wäre „kein Rückschritt, sondern ein irreparabler Verlust für Berlin und für Deutschland“.

Weitere Unterstützung haben die Studierenden von etwa zehn Verbänden aus dem archäologischen Bereich sowie von 700 Personen erhalten, die ihren offenen Brief unterzeichnet haben. Die Entscheidung über die Kürzung des Hochschulbudgets liegt jedoch letztendlich in den Händen des Senats.

Gemäß dem im letzten Sommer neu verhandeltem Hochschulvertrag muss die HTW bis 2028 rund 41 Millionen Euro einsparen. Trotz der Verhandlungen zwischen den Hochschulen und dem Senat bedeutet das massive Einsparungen für die Hochschulen.

Ende September schlug die Hochschulleitung der HTW vor, die am wenigsten belegten Studiengänge zu streichen, um 15 Millionen Euro einzusparen. Dazu gehören unter anderem die Bereiche Umweltinformatik, Informatik in Kultur und Gesundheit sowie Regenerative Energien. Sie wären alle zu teuer für die wenigen Studierenden, die sich dafür entscheiden. Aber „diese Studiengänge sind sehr wichtig, wir möchten sie nicht abschaffen, aber wenn sie nicht gut laufen …“, sagt Stefanie Molthagen-Schnöring, Vizepräsidentin für Forschung der HTW.

Streichung nach Gießkannenprinzip

„Es läuft komplett nach dem Gießkannenprinzip. Es wird nicht berücksichtigt, welchen Mehrwert diese Studiengänge bieten“, sagt Jannik Gras, Student der Umweltinformatik und Vertretungsmitglied im Studierendenrat. Die Studierendenzahlen steigen jedoch, versichern die Ver­tre­te­r:in­nen des Fachbereichs. In Amandas Jahrgang vor mehr als drei Jahren gab es vier Bachelor- und zwölf Masterstudierende. Im letzten Jahrgang waren es insgesamt es 46 Studierende.

Zur Streichung der Studiengänge kommt eine Reduzierung der Studienplätze an der Hochschule um 10 Prozent hinzu. In ganz Berlin sind das laut Wissenschaftssenatorin Ina Czyborra etwa 14.000 Plätze weniger. Auf Seiten der Leitung sei der Zeitdruck besonders groß.

Nach der Unterzeichnung über den neuen Haushalt stelle sich für die Leitung die Frage, wie die Einsparungen so schnell umgesetzt werden können, sagt Molthagen-Schnöring. Für das Wintersemester 2026/27 müssen schon im Januar die Anzahl der Anmeldeplätze und der angebotenen Studiengänge feststehen.

„Wenn wir ein bisschen Zeit hätten, würden wir die ganzen Debatten anders führen“, versichert Molthagen-Schnöring. Derzeit werde über eine mögliche Aussetzung der Zulassungen für einige Jahre nachgedacht, um Zeit zu gewinnen und ein neues, zukunftsfähigeres Konzept mit einer besseren Auslastung zu entwickeln.

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