Entwicklungsministerin Alabali Radovan: “Wir bleiben verlässlicher Partner” | ABC-Z

Entwicklungsministerin Alabali Radovan hat Deutschlands Engagement in der Entwicklungshilfe bekräftigt. Diese stehe durch massive Kürzungen unter Druck, sagte sie im tagesthemen-Interview. Deutschland bleibe aber ein verlässlicher Partner.
Trotz drastischer Einschnitte bei der internationalen Entwicklungshilfe hat Bundesentwicklungsministerin Reem Alabali Radovan den deutschen Beitrag zur Entwicklungshilfe bekräftigt. Deutschland werde die globalen Hilfen auch künftig und trotz massiven Kostendrucks fortführen, sagte sie im Interview mit den tagesthemen.
“Die Entwicklungszusammenarbeit steht unter Druck – national und international”, sagte die SPD-Politikerin den tagesthemen. Zuletzt hatte der US-amerikanische Rückzug aus der Entwicklungshilfefinanzierung die Lage noch einmal deutlich verschärft. Auch Deutschland, Frankreich und Großbritannien hatten ihre Entwicklungshilfen zuletzt zusammengekürzt – unter anderem, weil sie ihre Verteidigungsbudgets massiv hochfahren.
Für Alabali Radovan ist das aber kein Signal des Rückzugs: “Ja, es gibt schmerzhafte Kürzungen in meinem Bereich, im Bereich der Entwicklungszusammenarbeit, aber trotzdem, wir haben einen Haushalt der klar zeigt: Wir bleiben verlässlicher Partner und wir bleiben auch in der Entwicklungszusammenarbeit engagiert.”
“Es geht darum, dass wir niemanden zurücklassen”
Für das Entwicklungshilfeministerium ginge es um “Krisenprävention, Friedenssicherung und die globalen Herausforderungen”. Dafür seien die verbleibenden zehn Milliarden Euro für Entwicklungszusammenarbeit “nicht wenig Geld”.
Damit müsse man auch das Thema Fluchtursachenbekämpfung angehen, sagte die Ministerin. “Mir geht es darum, dass Menschen vor Ort Perspektiven bekommen, damit sie nicht fliehen müssen.” Zudem gehe es um die Unterstützung von Anrainerstaaten, welche die meisten Flüchtlinge aufnehmen würden, etwa der Libanon oder Jordanien. “Migration endet nicht an unseren Grenzen. Wir müssen das Ganze auch international denken”, so Alabali Radovan.
Mehr Selbsthilfe, mehr Effektivität
Weder Deutschland noch die EU könnten den Rückzug der USA finanziell kompensieren, so die Entwicklungsministerin. “Aber das Signal kann doch nicht sein, jetzt ziehen wir uns auch zurück. Im Gegenteil: es geht darum, dass wir niemanden zurücklassen, es geht um unsere gemeinsame Zukunft.” Deshalb brauche es auch mehr private Investments, und Entwicklungsländer des globalen Südens müssten selbst mehr in ihre eigene Entwicklung investieren, zum Beispiel durch “gerechte Steuern”.
Zudem müsse die Entwicklungsbehörde effektiver arbeiten. Man müsse angesichts der Kürzungen anerkennen, das Deutschland nicht mehr überall im gleichen Maße engagiert sein könne. “Das heißt, wir schauen uns die Instrumente an: Was klappt effektiv besser und wo müssen wir uns eventuell zurückziehen.”
UN-Entwicklungskonferenz in Sevilla
Dutzende Spitzenpolitiker und mehr als 4.000 Vertreter aus den Bereichen Wirtschaft, Zivilgesellschaft und Finanzinstitutionen sind in die spanische Stadt Sevilla gekommen, um bis Donnerstag neue Impulse im Bereich der Entwicklungsfinanzierung zu finden. Die deutsche Delegation wird von Alibali Radovan geleitet.
Am ersten Konferenztag bekannten sich die Teilnehmer zu den UN-Nachhaltigkeitszielen. Sie beschlossen die sogenannte Verpflichtung von Sevilla und damit ein gemeinsames Vorgehen, um die Ziele trotz des Spardrucks bis 2030 zu erreichen.
Keine Delegation nach Spanien geschickt haben die USA – was symbolisch für den Rückzug der Vereinigten Staaten aus der internationalen Entwicklungszusammenarbeit steht. Präsident Donald Trump hat mehr als 80 Prozent der Finanzierung für die Programme der US-Entwicklungshilfebehörde USAID gestrichen. Die US-Kürzungen sind besonders einschneidend, weil die USA international bisher einer der größten Geldgeber waren.
Guterres: “Entwicklungsmotor wieder anwerfen”
UN-Generalsekretär Guterres sagte bei der Eröffnung der Konferenz, dass zwei Drittel der für 2030 festgelegten Ziele der Vereinten Nationen für nachhaltige Entwicklung im Rückstand seien und jährlich mehr als vier Billionen Dollar investiert werden müssten, um sie zu erreichen. Die Krise bei internationalen Hilfen bedeute, dass Kinder nicht geimpft würden, Mädchen die Schule abbrächen und Familien Hunger litten.
Guterres rief dazu auf, in einer von “Ungleichheiten, Klima-Chaos und tobenden Konflikten erschütterten Welt” den “Entwicklungsmotor wieder anzuwerfen”. Weiter sagte Guterres: “Wir leben in einer Welt, in der das Vertrauen zerbröckelt und der Multilateralismus einer harten Bewährungsprobe ausgesetzt ist”. Wichtig sei, Investitionen in die Entwicklung wieder zu “beschleunigen”.
Reform der internationalen Finanzordnung
Zu den wichtigsten Diskussionspunkten gehört eine Reform der internationalen Finanzordnung, um ärmeren Ländern zu helfen, ihre wachsende Schuldenlast abzubauen, die Fortschritte in den Bereichen Gesundheit und Bildung behindert. Bereits bei einem Vorbereitungstreffen bei der UN in New York hatten sich alle teilnehmenden Länder außer den USA auf einen Entwurf für die Verpflichtung von Sevilla geeinigt.
Darüber hinaus wird eine Neugestaltung der internationalen Finanzarchitektur gefordert, wobei den Ländern des Südens in den Finanzinstitutionen mehr Gewicht eingeräumt und die Zusammenarbeit bei der Bekämpfung der Steuerhinterziehung verbessert werden soll. In dem Dokument werden außerdem die Entwicklungsbanken aufgefordert, ihre Kreditvergabekapazitäten zu verdreifachen. Kreditgeber sollen zudem eine vorhersehbare Finanzierung für wichtige Sozialausgaben sicherstellen.