Wirtschaft

„Enttäuschend und alarmierend“: Fehlender Kontakt zu Krisenfirmen? Diese Regierungs-Bilanz offenbart ein neues Defizit | ABC-Z

Die angespannte wirtschaftliche Lage am Standort Deutschland brachte 2024 verschiedene Firmen in Schwierigkeiten. Darunter neun prominente Beispiele. Zahlen legen nun dar, wie wenig die Krise die Kommunikation der Politik beeinflusste. Besonders zwei Minister fallen negativ auf.

Trotz permanenter Krisenmeldungen und drohender Stellenstreichungen hat die Bundesregierung im vergangenen Jahr keine zusätzlichen Kontakte zu den betroffenen Unternehmen gesucht. Das zeigt die Antwort der Regierung auf eine Kleine Anfrage der FDP-Fraktion im Bundestag, die WELT AM SONNTAG exklusiv vorliegt.

Die Abgeordneten wollten wissen, welche Gespräche Minister und Staatssekretäre in den vergangenen Jahren mit neun von Stellenabbau betroffenen Konzernen geführt haben und welche Vorschläge zur Unterstützung sie dabei mit den Managern diskutierten.

Die Liste der Unternehmen umfasst die bundeseigene Deutsche Bahn, die Autohersteller Audi, Volkswagen, Ford und Tesla, die Zulieferer Continental und ZF Friedrichshafen, den Softwareriesen SAP und die Deutsche Bank.

Auf die Inhalte der Gespräche geht die Bundesregierung in ihrer Antwort nicht ein. Stattdessen listet das federführende Bundeswirtschaftsministerium die Termine mit Vertretern der neun Unternehmen seit 2022 auf. Die meisten Kontakte zu diesen Firmen hatte seit 2022 das Wirtschaftsministerium (142), gefolgt vom Bundeskanzleramt (96).

Trotz der Krise im vergangenen Jahr ist die Zahl der Treffen gegenüber den Vorjahren nicht gestiegen. Insgesamt sind 82 Treffen aus dem Jahr 2024 verzeichnet, 81 aus 2023 und 89 aus dem ersten Regierungsjahr der Ampel, 2022.

Überraschend gering ist die Zahl der Termine von Verkehrsminister Volker Wissing (seit Anfang November parteilos, vorher FDP) und Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) mit den Unternehmen. Abgesehen von Treffen mit dem Chef der Deutschen Bahn hatte Wissing seit Amtsantritt der Liste zufolge kein einziges Gespräch mit einem Vertreter eines der anderen Unternehmen.

Heil traf sich demnach seit 2022 fünfmal mit Vertretern von Continental und einmal mit dem Personalchef der Deutschen Bahn. Weitere Kontakte zu Managern oder Betriebsräten sind nicht dokumentiert.

Anja Schulz, Finanzpolitikerin der FDP, findet die Antworten auf ihre Anfrage „enttäuschend und alarmierend zugleich“. Es fehle der Regierung offensichtlich entweder das Interesse oder die Kontrolle über zentrale Themen wie Energiepreise, Fachkräftemangel und Bürokratie. Das Arbeits- und das Verkehrsministerium kümmerten sich nur stiefmütterlich um die Unternehmen. „Diese Bundesregierung verliert den Draht zur Wirtschaft“, kritisiert Schulz. „Es wird immer offensichtlicher, dass Hubertus Heil ein reiner Bürgergeldverteilungsminister, aber kein Minister für die hart arbeitende Mitte dieses Landes ist.“

Daniel Zwick ist Wirtschaftsredakteur und berichtet für WELT über alle Themen aus der Autoindustrie.

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