Entlastung für Unternehmen: EU sagt hohen Strompreisen den Kampf an | ABC-Z

Entlastung für Unternehmen
EU sagt hohen Strompreisen den Kampf an
19.02.2025, 14:56 Uhr
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Mit ihrem Clean Industrial Deal will die EU-Kommission Energiepreise in der EU deutlich senken und die Industrie stärken. Energieexpertin Clauda Kemfert vom DIW nennt die Pläne längst überfällig. Doch die Finanzierung könnte die neue Bundesregierung vor Herausforderungen stellen.
Die europäische Industrie kämpft mit einer schwachen Nachfrage, billigeren chinesischen Konkurrenten und einem möglichen neuen Schlag durch die von US-Präsident Donald Trump geplanten Zölle auf Stahl- und Aluminiumimporte. Vor diesem Hintergrund wird die Europäische Kommission nächste Woche den sogenannten Clean Industrial Deal vorstellen.
Das Maßnahmenpaket soll nicht nur kränkelnde europäische Industrien wiederbeleben, sondern gleichzeitig auch ihren CO2-Fußabdruck verringern. Vor allem aber sollen die Energiepreise in der EU deutlich gesenkt werden. Teile des Papiers sind bereits durchgesickert und liegen unter anderem der Nachrichtenagentur Reuters und dem „Handelsblatt“ vor.
Demnach will die EU-Kommission den Druck auf Unternehmen verringern. Die Europäische Investitionsbank (EIB) soll deswegen über Garantien Stromkauf-Verträge mit Produzenten erneuerbarer Energien absichern, heißt es in einem Entwurf. Diese sogenannten PPAs (Power Purchase Agreement) sind ein wichtiges Instrument, damit auf der einen Seite Betriebe günstigen Strom direkt beziehen können. Auf der anderen Seite geben PPAs auch Investoren in erneuerbare Energie Sicherheit, da sie langfristige Abnehmer haben. Darüber hinaus will die EU auf Differenzverträge setzen. Das heißt: Liegt der aktuelle Preis unter dem garantierten Betrag, zahlt der Staat die Differenz.
Kemfert: Vereinbarungen längst überfällig
Claudia Kemfert vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung begrüßt die Pläne der EU im Gespräch mit ntv. „Gerade Vereinbarungen wie die Power Puchase Agreements sind längst überfällig“, sagt die Energieexpertin. „Bei den Differenzverträgen muss man schauen, wie sie ausgestaltet sind.“ Kemfert warnt vor einer Überförderung und würde solche Verträge nur energieintensiven Unternehmen ermöglichen, die es wirklich nötig haben.
Langfristige Verträge bieten Unternehmen zwar eine gewisse Sicherheit. Sollten die Preise zwischenzeitlich allerdings sinken, wäre das für den Staat teuer. Er müsste dann die Differenz zahlen. „Für die Unternehmen bietet das viele Vorteile, da sie stabile Preise und eine Planungssicherheit ermöglichen“, sagt Kemfert. Woher das Geld für mögliche Ausgleichszahlungen kommen soll, müsse die neue Regierung klären. So könnte die Regierung etwa mehr in den Klima- und Transformationsfonds speisen oder die Schuldenbremse reformieren.
In einer Einschätzung für den „Tagesspiegel“ schreibt der Co-Leiter des Forschungsbereichs „Transformative Industriepolitik“ am Wuppertal Institut für Klima, die Ambitionen der EU müssten mit ausreichend finanziellen Mitteln ausgestattet werden. „Dafür braucht es einen starken europäischen Finanzierungsmechanismus, der als Gegengewicht zu staatlichen Beihilfen dient, die von den finanzkräftigeren Mitgliedstaaten gezahlt werden können“, schreibt Lukas Hermwille.
Informationen der „FAZ“ zufolge belaufen sich die zusätzlichen Kosten und nötige Investitionen in Energie, Industrie und Transport für die grüne Wende auf 480 Milliarden Euro im Jahr. Finanziert werden soll das durch eine Umwidmung aus dem bestehenden Haushalt. Im nächsten EU-Haushalt von 2028 bis 2034 wird dann ein Wettbewerbsfähigkeitsfonds eingeführt.
„Buy European“-Klausel
Brüssel wird den 27 EU-Mitgliedsstaaten außerdem empfehlen, die Steuern auf Strom auf das gesetzliche Minimum zu senken, um die Rechnungen der Verbraucher kurzfristig zu senken. Die Kommission plant auch, die bestehenden Ziele für die Befüllung von Gasspeichern in der EU aufzuweichen, die die EU über das Jahr 2025 hinaus verlängern wollte. Damit reagiert sie auf die Bedenken Deutschlands und anderer Länder, die der Meinung sind, dass feste Fristen für die Befüllung der Speicher die Gaspreise in die Höhe treiben könnten.
Die geplanten Maßnahmen der EU könnten es Unternehmen darüber hinaus erleichtern, staatliche Beihilfen und andere finanzielle Anreize für Projekte zur Senkung ihrer Kohlenstoffemissionen zu erhalten. Die EU-Regierungen könnten Steuererleichterungen für Investitionen in saubere Industrieanlagen gewähren, beispielsweise durch beschleunigte Abschreibungen.
Um die Nachfrage nach lokal hergestellten Produkten zu steigern, will die EU eine „Buy European“-Klausel einführen. Das „Handelsblatt“ berichtet, dass künftig 40 Prozent der Clean-Tech-Produkte wie etwa Solar- oder Windkraftanlagen in der EU hergestellt werden sollen. Die Hoffnung dahinter: unabhängiger von den USA und China werden.