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Wirtschaftspreise Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen: Vorbilder für die Region – Bad Tölz-Wolfratshausen | ABC-Z

Die Wirtschaft stagniert, bei der Standortanalyse liegt Deutschland nur noch im Mittelfeld, der demografische Wandel belastet das Rentensystem, Arbeitskräfte fehlen, ein Zuviel gibt es dagegen an Bürokratie. „Unsere Wirtschaft hat ein Problem“, konstatierte Landrat Josef Niedermaier (Freie Wähler) bei der Verleihung der Wirtschaftspreise, die der Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen seit 1999 vergibt. Umso wichtiger sind in diesen Zeiten die positiven Beispiele; Unternehmen, die Gewerbesteuereinnahmen in der Region generieren, Arbeitsplätze schaffen, jungen Menschen eine Zukunftsperspektive bieten und so das Fundament für ein funktionierendes Gemeinwesen bilden. Als Vorbilder in diesem Sinn wurden am Donnerstag das Entsorgungsunternehmen Ehgartner GmbH mit Standorten in Geretsried und Forstinning ausgezeichnet sowie die Raiffeisen Ware Oberland GmbH, die an vier Standorten in Thanning, Wallgau, Lenggries und Warngau Baustoffe und Agrarprodukte anbietet.

Zuversicht sei nötig, forderte Niedermaier vor den etwa 200 Gästen aus Politik und Wirtschaft, die in den großen Saal des Landratsamts gekommen waren. Und eine „gelebte Fehlertoleranz“, die verhindere, dass alles geregelt und abgesichert werden müsse. „Wir haben es uns in den letzten Jahren verdammt bequem gemacht“, sagte Niedermaier. Nun müssten Entscheidungen getroffen werden, die „wehtun“ und Mut erforderten. Jammern helfe nicht, es gelte „mit Zuversicht in die Zukunft zu schauen und kraftvoll nach vorne zu gehen“.

Ein Familienunternehmen in dritter Generation

In diesem Sinne seien die diesjährigen Preisträger Vorbilder. Im Jahr 1960 gründete der Fuhrunternehmer Jakob Ehgartner ein Unternehmen zur Abholung von Hausmüll, zunächst in Geretsried und Icking. Der Stiefsohn Oskar Janka übernahm, heute leiten dessen Söhne Andreas und Markus Janka das Familienunternehmen in dritter Generation. Rund 150 Mitarbeiter, 60 Fahrzeuge und mehr als 3000 Container stehen zur Verfügung, um im südlichen und östlichen Münchner Umland Bauschutt, Sperrmüll, Altpapier oder Gartenabfälle fachgerecht zu entsorgen. Im Jahr 2004 stieg das Unternehmen in die Entsorgung von Bohrschlämmen ein, die bei Geothermie-Erdbohrungen anfallen.

„Unsere Branche ist wie die Luft zum Atmen“, erklärte Laudator Stefan Böhme, Präsident des Verbands der bayerischen Entsorgungsunternehmen. „Man bemerkt sie erst, wenn sie nicht mehr funktioniert“. Der inhabergeführte Familienbetrieb Ehgartner engagiere sich auch im sozialen und sportlichen Bereich, etwa als Sponsor beim TUS Geretsried. Geschäftsführer Andreas Janka dankte seinen Mitarbeitern, die „bei Wind und Wetter, Hitze und Schnee auf der Straße sind.“ Im Unternehmen arbeiteten Menschen aus 20 Nationen, „wenn wir die nicht hätten, könnten wir unsere Dienstleistungen nicht erfüllen.“

Stark wie ein Löwe: Dieser Preis ging nun an zwei ausgezeichnete Firmen im Landkreis, darunter auch das Entsorgungsunternehmen Ehgartner. (Foto: Harry Wolfsbauer)

Auch die Raiffeisen Ware Oberland ist fest in der Region verwurzelt, an vier Standorten arbeiten etwa 100 Angestellte, mehr als 30 000 Produkte sind ständig auf Lager. Mehr als 30 Azubis wurden in den vergangenen Jahren ausgebildet. Auch der wirtschaftliche Erfolg ist gewachsen: Lag der Umsatz 1970 noch bei 1,3 Millionen D-Mark, vervielfachte er sich auf aktuell 43 Millionen Euro, wie Laudator Hubert Oberhauser, Bürgermeister von Egling, erklärte.

„Ein Unternehmen wie ein Baum“

Das Unternehmen ging aus der 1908 gegründeten Raiffeisenbank hervor und erlebte diverse Fusionen. Aus einer kleinen Genossenschaft sei ein weitverzweigtes Handels- und Dienstleistungsunternehmen gewachsen, dessen besondere Kompetenz im Agrarbereich liege. „Ein Unternehmen wie ein Baum, tief verwurzelt, aber mit einer Krone, die nach oben wächst“, formulierte Oberhauser. Geschäftsführer Florian Heuschneider dankte für die „riesige Ehre“ und kündigte an, dass man zum 1. Januar das Warenhaus Miesbach übernehmen werde.

Die Preisverleihung fand vor großem Publikum statt.
Die Preisverleihung fand vor großem Publikum statt. (Foto: Harry Wolfsbauer)

Wenig zuversichtlich klang zuvor die Rede von Manfred Gößl, Hauptgeschäftsführer der IHK für München und Oberbayern. Deutschland stecke seit 2019 fest, in Bayern liege das Wachstum bei marginalen 0,8 Prozent, in der bayerischen Industrie gingen jeden Monat 2000 Arbeitsplätze verloren, warnte Gößl. Als Wirtschaftsstandort rangiere Deutschland, mit Ausnahme der Region um München, auf Rang 20. Man sei nur noch „Mittelmaß“ und Exportweltmeister zuletzt 2007 gewesen. Dazu komme der „Altersschub“: Hätten in den 1960er-Jahren sechs Erwerbstätige einen Rentner finanziert, müssten dies nun zwei Arbeitnehmer leisten. Deutschland müsse sich an erfolgreichen Ländern wie Schweden, Dänemark, Finnland oder der Schweiz orientieren, die ihren „Wohlfahrtsstaat“ in den 1990er-Jahren komplett umgekrempelt hätten. Es brauche mehr Eigenverantwortung und mehr Freiheit „statt Klein-Klein-Kontrolle“, forderte der IHK-Chef. Er schloss mit den Worten: „Lasst uns einfach arbeiten.“

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