Energiewende: Biogas ist wieder im Aufwind, davon könnte Bayern profitieren – Bayern | ABC-Z
Die vielen bäuerlichen Biogas-Anlagen in Bayern und Deutschland können eine zentrale Rolle für die Energiewende spielen – und zwar als Reservekraftwerke für die Zeiten, in denen die Sonne nicht scheint und kein Wind weht und beide als Lieferanten von Ökostrom ausfallen. Das ist das Ergebnis einer neuen Studie von Forschern an der Friedrich-Alexander-Universität in Erlangen. Man müsse die vorhandenen Anlagen dafür nur entsprechend um- und aufrüsten. Ein weiterer Vorteil sei, dass Strom aus Biogas-Anlagen sehr viel preisgünstiger sei als Strom aus Wasserstoff-Kraftwerken, die bisher als Reservekraftwerke vorgesehen sind. „Sie würden die Kosten erheblich reduzieren, die in den Dunkelflauten anfallen“, sagt Jürgen Karl, Professor für Energieverfahrenstechnik und einer von drei Autoren der Studie.
Für Bayern ist die Studie besonders interessant. Der Freistaat ist das Biogas-Land Nummer eins unter den Bundesländern. Mit gut 2700 Anlagen steht hier ein gutes Viertel der Biogas-Kraftwerke in Deutschland. Zusammen bringen sie es auf 1500 Megawatt elektrische Leistung. Das entspricht ziemlich genau der Leistung des früheren Atomkraftwerks Isar 2. Im Jahr 2022 produzierten die bayerischen Biogas-Kraftwerke gut sieben Milliarden Kilowattstunden Strom. Das entsprach knapp neun Prozent des Stromverbrauchs im Freistaat in dem Jahr.
Biogas entsteht bei der Vergärung von Energiepflanzen, vor allem von Mais, aber auch von Gülle und anderen landwirtschaftlichen Reststoffen. Es kann in großen Tanks gespeichert werden. Anders als Solarkraftwerke und Windräder, die nur Strom produzieren, wenn die Sonne scheint und der Wind weht, können Biogas-Kraftwerke deshalb immer dann klimaneutralen Strom liefern, wenn er benötigt wird. Aber nicht nur das macht Biogas so interessant für die Energiewende. Biogas-Kraftwerke liefern auch klimaneutrale Wärme. Auf dem Land hängen Tausende Wohnhäuser, Schulen und andere öffentliche Einrichtungen an Wärmenetzen, die von Biogas-Anlagen gespeist werden.
Viele Anlagen waren lange ohne Perspektive
Gleichwohl hatten sehr viele Anlagen lange wenig Perspektiven. Die mit Abstand meisten stammen aus den Jahren 2004 bis 2011, als ein regelrechter Biogas-Boom herrschte. Sie fallen sukzessive aus der auf 20 Jahre befristeten Förderung des Bundes. Ohne Förderung sind Biogas-Anlagen nach wie vor nicht wirklich rentabel. Die Verunsicherung in der Branche war groß, denn Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) verweigerte ihr lange eine Perspektive. Hintergrund könnte gewesen sein, dass Habeck und seine Ministerialen womöglich lange zu einseitig auf den schnellen Ausbau von Wind- und Solarkraft gesetzt haben.
Doch nun herrscht wieder Aufbruchstimmung. Vor drei Wochen legte Habeck sein lange gefordertes Bekenntnis zum Biogas ab. „Biogas kann im zukünftigen Energiesystem weiter eine wichtige Rolle spielen“, waren seine erlösenden Worte, als er ein „umfassendes Biomassepaket“ ankündigte. Die Branche will nun Pflöcke einschlagen. Der Fachverband Biogas, in dem sie organisiert ist, fordert eine gute Verdreifachung des Ausschreibungsvolumens für flexible Anlagen und eine annähernde Verdopplung ihrer Förderung vom Bund. Damit, so Verbandschef Horst Seide, wäre bis 2030 eine Verdoppelung der Biogas-Kraftwerkskapazitäten möglich – und zwar „problemlos“.