Hoher USA-Anteil: Ist der MSCI World noch die erste Wahl? | ABC-Z

Lange Jahre war Geldanlage unkompliziert. Einfach unbekümmert via MSCI World in den Weltaktienmarkt investieren und die Sache lief mehr oder weniger wie von selbst. Doch mittlerweile weist der Index einen bedrohlich hohen Anteil an US-Tech-Werten auf. Zeit also, die Strategie zu wechseln?
Grundsätzlich gilt für die Geldanlage: Das Vermögen sollte breit gestreut und langfristig über und innerhalb verschiedener Vermögensklassen angelegt werden. Zur Verfügung stehen hierfür im Wesentlichen hier Aktien, Anleihen, Fest- und Tagesgeld, Gold/Rohstoffe und Immobilien. Wobei insbesondere Aktien für die Rendite des Portfolios genutzt werden sollten.
Je nach Anlagehorizont, den finanziellen Verhältnissen und der persönlichen Risikoneigung kann der Anteil entsprechend groß ausfallen. Lange Jahre war die Aktienanlage relativ unkompliziert. Einfach unbekümmert via MSCI World in den Weltaktienmarkt investieren und die Sache lief mehr oder weniger wie von selbst.
1400 Aktien aus 23 Industrieländern sind im MSCI World vertreten. Aber: Der Index ist US-dominiert. 74 Prozent der Aktien kommen aus den Vereinigten Staaten. Vor zehn Jahren waren es noch 55 Prozent. Ein Grund: boomende Technologie-Werte. Die „Big 7“ – Alphabet, Amazon, Apple, Meta (Facebook, Instagram), Microsoft, Nvidia und Tesla – sorgten für extrem hohe Aktienkurse und sind alle aus den USA.
Klumpenrisiko voraus?
Da der Index der Unternehmen nach Marktkapitalisierung gewichtet wird, also der Wert der Aktien multipliziert mit der Anzahl der Aktien im Streubesitz, ist auch der Anteil der großen Firmen im Index immer weiter angewachsen. Mittlerweile machen die zehn größten Unternehmen 25 Prozent des Indexes aus. Das ist ziemlich viel bei einem Index mit über 1000 Unternehmen.
Was nicht jedem gefällt. Auch aus moralischen Gründen. Denn die US-Tech-Elite steht wie die Schulbuben vor US-Präsident Donald Trump stramm, den viele Anleger und Experten für einen irrationalen Autokraten halten. Zum anderen wird die hohe Konzentration der entsprechenden Titel als Klumpenrisiko wahrgenommen – also dem Gegenteil von breiter Streuung.
Ein Problem, das die Stiftung Warentest allerdings nicht sieht. Denn viele der US-Mega-Unternehmen sind im wahrsten Sinne Weltunternehmen: Überall auf der Erde nutzen Menschen iPhones, Windows, Facebook und Google. Zwar sitzen die Firmen in den USA, ihre Produkte und Services verkaufen sie aber in der ganzen Welt. Ein Klumpenrisiko können die Tester daher nicht ausmachen. Wer in den vergangenen zehn Jahren die USA aus seiner Geldanlage ausgeklammert hätte, wäre deutlich schlechter gefahren.
Die Rendite des MSCI World lag in diesem Zeitraum bei beeindruckenden 12 Prozent pro Jahr. Ohne die USA hätte sie dagegen nur bei 7,2 Prozent gelegen. Kein anderes Land im MSCI World war so renditestark wie die USA. Wer sie bewusst ausklammert oder geringer gewichtet, muss darauf hoffen, dass Werte aus den übrigen Industrie- oder Schwellenländern in den kommenden Jahren mehr Gewinne abwerfen als US-Unternehmen.
Breiter streuen, viele Möglichkeiten
Breit streuende Weltaktienindizes werden demnach nach wie vor als beste Lösung für langfristig orientierte Anleger gesehen. Ob es denn aber auch der MSCI World sein muss, ist mangels hellseherischer Fähigkeiten weder von Warentest noch von irgendjemandem auf dem Planeten zu beantworten. Insofern könnte es sinnvoll sein, strategisch – nicht spekulativ – den US-Anteil im Depot zu reduzieren.
Aber ob man genau den Moment erwischt, wo Europa oder Asien tatsächlich an den USA vorbeiziehen, ist dann wieder Glückssache. Vielleicht passiert es auch gar nicht. Wer die USA zu früh links liegen lässt, dem entgehen dann Gewinne. Das mag der eine oder andere Anleger aus moralischen Gründen in Kauf nehmen. Verschiebt sich die Bedeutung der Börsenwerte in Zukunft in andere Regionen als die USA, werden die Welt-ETFs durch ihre Marktabbildung nach Marktkapitalisierung das dann aber auch in ihrer Zusammensetzung nachvollziehen.
Alternativen gibt es indes genug, um die Aktienanlage breiter aufzustellen. Warentest hat ein paar von ihnen vorgestellt. Hier sind sie:
MSCI World ex USA
Wer schon ein bestehendes Portfolio mit dem MSCI World hat und den US-Anteil reduzieren möchte, kann einen ETF auf den MSCI World ex USA beimischen, der die USA komplett ausschließt. Zum Beispiel über die ETF Amundi MSCI World ex USA oder Xtrackers MSCI World ex USA.
Mischt man MSCI World und MSCI World Ex USA im Verhältnis 70 zu 30, beträgt der US-Anteil lediglich etwa 52 Prozent. Wer sich ein US-ärmeres Portfolio neu aufbauen möchte, kann je zur Hälfte auf den US-Index MSCI USA und den MSCI World Ex USA setzen.
MSCI World Equal Weighted
Ebenfalls einen reduzierten US-Anteil haben die ETF auf den MSCI World Equal Weighted Index (zum Beispiel über Invesco MSCI World Equal Weight), der alle Unternehmen gleich stark gewichtet, sowie den L&G Gerd Kommer Multifactor Equity ETF, der jedem Wert maximal 1 Prozent Indexgewicht erlaubt. Zudem mischt letzterer auch zu 20 Prozent Schwellenländer und unter anderem auch kleinere Unternehmen mit bei.
Beide Lösungen drücken den US-Anteil unter 50 Prozent. Der Langfrist-Chart seit dem Jahr 2000 zeigt, dass der gleichgewichtete MSCI World Equal Weighted über lange Zeit deutlich besser lief als der klassische MSCI World. Durch den Erfolg der großen Technologieunternehmen liefen in den vergangenen Jahren der MSCI World und der MSCI USA hingegen besser.
Gigantenloser “ MSCI USA Ex Mega Cap“
Wem es vor allem darum geht, dass die großen Konzerne weniger Gewicht haben, der kann entweder gleich auf Equal Weighted oder Kommer setzen oder den „gigantenlosen“ MSCI USA Ex Mega Cap (Amundi MSCI USA ex Mega Cap) mit einem MSCI USA und einem MSCI World Ex USA mischen.
Welt AG zum Selbstbasteln
Der Portfoliomanager und Finanzmathematiker Dr. Andreas Beck sieht im Wesentlichen zwei einfache Möglichkeiten, ein robustes Welt-AG-Portfolio selbst aufzubauen:
1) Welt AG – Gewichtung über Marktkapitalisierung
80 Prozent MSCI World, 10 Prozent MSCI Emerging Markets und 10 Prozent MSCI World Small Caps
2) Welt AG – Gewichtung über die regionale Wirtschaftskraft (BIP)
30 Prozent MSCI USA, 25 Prozent MSCI Europe, 10 Prozent MSCI Pacific, 35 Prozent MSCI Emerging Markets
In den letzten 14 Jahren war die erste Variante der klare Gewinner, in den zehn Jahren vor der Finanzkrise war jedoch die zweite Variante klar vorn. Wirklich scheitern wird langfristig keine der beiden Varianten, ist sich Beck sicher.
Vanguard-Prognose ernüchternd
Der US-amerikanische Finanzdienstleister und ETF-Anbieter Vanguard äußert sich übrigens für die Entwicklung des weltweiten Aktienmarktes in den nächsten 10 Jahren eher skeptisch. Die Experten sehen demnach nur eine durchschnittliche Rendite von 3,2 Prozent pro Jahr voraus. Was vor allem mit den sehr hohen Bewertungen und entsprechend hohen Anteilen an US-Werten begründet wird. Für Europa und die Schwellenländer sieht die Sache demnach deutlich besser aus. Abgesehen davon sieht Vanguard Anleihen gegenüber Aktien im Rendite-Risiko-Profil im Vorteil. Erstere sollten also auch ins Depot.
Zumindest bei jenen, die nicht mehr Jahrzehnte für den Vermögensaufbau Zeit haben und bei denen der Vermögenserhalt mehr und mehr an Priorität gewinnt. Junge Investoren, die vor allem via Sparplan ein langfristiges Vermögen aufbauen möchten und auch größere Einbrüche am Aktienmarkt aushalten, können aber beruhigt weiter in den MSCI World investieren. Ob die reine Aktienanlage dann doch weiter wie beschrieben gestreut wird und dadurch mutmaßlich etwas stabiler aufgestellt wird, bleibt letztendlich Gefühlssache.