Empörung über Komiker-Auftritt: Wird ein rassistischer Puerto-Rico-Witz für Trump zum Problem? | ABC-Z
Empörung über Komiker-Auftritt
Wird ein rassistischer Puerto-Rico-Witz für Trump zum Problem?
29.10.2024, 16:20 Uhr
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Bei einer Trump-Veranstaltung in New York macht der Komiker Tony Hinchcliffe rassistische Bemerkungen über Puerto Rico und seine Bewohner. Die Bemerkungen könnten Trump wichtige Stimmen kosten. Besonders im umkämpften Pennsylvania leben viele Puerto Ricaner.
Auf den letzten Metern im Rennen ums Weiße Haus hat das Team Trump es sich womöglich mit einer wichtigen Wählergruppe in den USA verscherzt. Unter Puerto Ricanern herrscht in diesen Tagen einhellige Empörung über den Auftritt von Komiker Tony Hinchcliffe auf einer Wahlkampfkundgebung mit Donald Trump im New Yorker Madison Square Garden. “Ich weiß ja nicht, ob ihr das wisst, aber mitten im Ozean treibt gerade buchstäblich eine Müllinsel. Ich glaube, sie wird Puerto Rico genannt”, flachste Hinchcliffe am vergangenen Sonntag. Auch über andere Latinos, Juden und Schwarze riss der Comedian rassistische Witze.
Doch könnte vor allem die wütende Reaktion in der puerto-ricanischen Gemeinde zum Problem für Trump werden. Zwar dürfen die Bewohner des US-Außengebiets in der Karibik nicht bei US-Präsidentschaftswahlen abstimmen. Sie haben jedoch großen Einfluss auf Verwandte, die auf dem amerikanischen Festland leben – und ein Wahlrecht haben.
Vor allem in Pennsylvania, einem der besonders umkämpften Staaten, haben sich viele Puerto Ricaner niedergelassen, insbesondere in Städten westlich und nördlich von Philadelphia. Überhaupt hat sich innerhalb von rund 25 Jahren die Zahl der wahlberechtigten hispanisch-stämmigen Wähler in dem Staat mehr als verdoppelt: von 206.000 auf 620.000 im Jahr 2023, wie aus Daten des Zensusbüros hervorgeht. Mehr als die Hälfte von ihnen haben Wurzeln in Puerto Rico.
“Er ist derjenige, der ein Stück Müll ist”
Milagros Serrano wohnt in Puerto Rico, hat aber einen Sohn, der in Pennsylvania lebt. Die ganze Familie sei entrüstet über die Äußerung des Comedians bei der Trump-Kundgebung, sagt die 81-Jährige. “Er kann so nicht über Puerto Rico reden. Er ist derjenige, der ein Stück Müll ist.” Aufgebrachte Puerto Ricaner posteten Fotos von ihrer Insel und den türkisfarbenen Gewässern in sozialen Medien und garnierten sie mit Bildunterschriften, die da lauteten: “Ich lebe, wo ihr Urlaub macht” und “Stolz, von einer Müllinsel zu kommen”.
Empört zeigt sich auch Eddie Moran, Bürgermeister der in Pennsylvania gelegenen Stadt Reading. “Der Müll, über den er (Hinchcliffe) sprach, verschmutzt unsere Wahlen und bestätigt, wie wenig sich Donald Trump um die Latinos im Besonderen schert, um unsere puerto-ricanische Gemeinde”, sagt er.
Puerto Rico wurde 1898 nach dem Spanisch-Amerikanischen Krieg von Spanien gegen Geld an die Vereinigten Staaten abgetreten. 1917 gewährte die US-Regierung den Bewohnern des Außengebiets Staatsbürgerrechte. Bald nach dem Zweiten Weltkrieg linderte eine erste Migrationswelle von Puerto Rico aufs US-Festland den dortigen Arbeitskräftemangel. Inzwischen leben mehr Puerto Ricaner in den USA als auf der Insel selbst.
Schlechte Erinnerungen an Trump-Besuch
Jene, die zurückblieben, beklagen oft, dass sie sich wie Bürger zweiter Klasse fühlten, da sie bei US-Präsidentschaftswahlen nicht abstimmen dürften. Außerdem fließe weniger Bundeshilfe aus Washington nach Puerto Rico als in die US-Staaten. Die Verbitterung brach durch, als der damalige Präsident Trump 2017 zu Besuch kam, nachdem Hurrikan “Maria” die Karibikinsel getroffen hatte. Viele erinnern sich daran, dass er Papiertücher in die Menge warf und die offizielle Totenzahl durch den Tropensturm leugnete. Experten schätzen, dass infolge des Hurrikans fast 3000 Menschen ums Leben kamen.
Das Timing der Bemerkungen von Hinchcliffe könnte der Trump-Kampagne Ärger bereiten, erklärt Fernando Tormos-Aponte, Soziologe und Experte für puerto-ricanische Politik an der University of Pittsburgh in Pennsylvania. Wenn man die Ereignisse auf der Kundgebung mit den anderen Beschwerden der Puerto Ricaner in Beziehung setze, müsse man sagen, dass das wirklich keine vernünftige politische Strategie sei.
Wahlkampfmunition für Harris
Für die Demokraten um Präsidentschaftskandidatin Kamala Harris ist der missratene Scherz auf Kosten der Puerto Ricaner willkommene Wahlkampfmunition. Harris warf Trump Hetze vor. Seine ganze Zeit verbringe er mit Versuchen, dafür zu sorgen, dass Amerikaner mit dem Finger aufeinander zeigten. Er fache den Brennstoff des Hasses und der Spaltung an. Daher seien die Leute seiner überdrüssig, erklärte Harris.
Zudem ging die Demokratin mit konkreten politischen Vorschlägen für Puerto Rico in die Offensive. Im Falle ihres Wahlsieges wolle sie eine Arbeitsgruppe schaffen, die Privatfirmen für eine Modernisierung des Stromnetzes auf der Insel gewinnen solle, sagte Harris. Puerto Rico ächzt unter einer notorisch unzuverlässigen Energieversorgung.
Die Kontroverse um den Trump-treuen Komiker verschaffte Harris auch Solidaritätskundgebungen von Prominenten. Kurz nachdem Hinchcliffe seine Zoten riss, sprach Reggaeton-Superstar Bad Bunny der Demokratin seine Unterstützung aus. Popsänger Ricky Martin, der sich bereits hinter Harris gestellt hat, postete einen Videoclip vom Auftritt des Comedian und schrieb: “So denken die über uns.”
Am Sonntagabend sah sich Trumps Wahlkampfteam gezwungen, sich von Hinchcliffes Äußerungen über Puerto Rico zu distanzieren. Der Witz spiegele nicht die Ansichten von Trump oder der Kampagne wider, betonte seine Beraterin Danielle Alvarez. Die Klarstellung hatte Seltenheitswert, vertritt der Ex-Präsident doch die Linie, bei Kritik nie klein beizugeben.
Sein Vizepräsidentschaftskandidat J.D. Vance spielte die Kontroverse herunter. “Vielleicht war es ein blöder rassistischer Witz, wie ihr meint. Vielleicht war er es nicht. Ich habe es nicht gesehen”, sagte er bei einem Auftritt in Wausau im Staat Wisconsin. “Aber ich finde, dass wir aufhören müssen, wegen jeder Kleinigkeit so gekränkt zu sein.”