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EM-Gold: Richard Vogels perfekter Ritt – Sport | ABC-Z

Zum Schluss auf der Ehrenrunde konnte United Touch noch einmal allen zeigen, was in ihm steckt: ein riesengroßer Galoppsprung, länger und kraftvoller, als ihn die meisten Pferde in sich haben. „Das ist seine Stärke und seine Schwäche zugleich“, sagte Richard Vogel. Eine Stärke, wenn es schnell gehen muss, aber schwierig, wenn knifflige Distanzen und Kurven zu bewältigen sind. „Ich bin so glücklich, dass uns heute alles perfekt gelungen ist“, sagte Vogel. Besser geht es tatsächlich nicht. In fünf schweren Parcours ließ United Touoch alle Stangen oben, wenn auch in der letzten Runde mit ein wenig Glück.

Mit 0,01 Minuspunkten wurde Richard Vogel auf dem 13-jährigen Hengst in A Coruña Europameister der Springreiter vor dem Briten Scott Brash auf Hello Folie (1,08) und dem Belgier Gilles Thomas auf Ermitage Kalone (1,37). Noch nie gewann ein Trio mit so wenigen Fehlern die Championatsmedaillen, keines der drei Pferde ließ über das ganze Turnier eine Stange mitgehen. Entscheidend war am Ende die bessere Zeit in der allerersten Wertungsprüfung. Das setzte die zwölf besten Reiter des letzten Parcours unter gewaltigen Druck: Alle lagen ganz dicht beieinander, und ein Abwurf bedeutete den Absturz auf hintere Ränge.

Vogels Lebensgefährtin Sophie Hinners, mit der er gemeinsam in Pfungstadt einen Ausbildungs- und Trainingsstall betreibt, wurde auf dem 13-jährigen Schimmel Iron Dames My Prins Sechste. Nicht mehr in der Endrunde der zwölf Besten dabei waren Olympiasieger Christian Kukuk (17.) auf Just be Gentle und Marcus Ehning auf Coolio (24.). Zusammen hatte das Quartett am Freitag ganz knapp hinter den Belgiern und den Briten Mannschaftsbronze gewonnen.

United Touch und sein Reiter zogen am Sonntag alle Blicke auf sich. „Sie meinen nicht mich, sie meinen mein Pferd“, sagt Richard Vogel bescheiden. Ein Raunen geht durch die Zuschauerreihen, sobald er in die Bahn galoppiert. Stallbesucher bleiben vor der Boxe stehen und wollen ein Foto machen von dem schönen braunen Hengst, noch lieber ein Selfie. Trotz seiner imponierenden Statur sei United Touch hochsensibel, sagt sein Reiter. Er tut alles, um Rücksicht auf die zarte Seele seines Pferdes zu nehmen. So reitet er während der Vorbereitungszeit zwischendurch immer in die Ecke, wo die Pflegerin Felicia seines Hengstes steht, sitzt ab und lässt United Touch nervlich herunterkommen. „Sie ist noch mehr seine Bezugsperson als ich“, gibt er zu. Und das geht wohl vielen Sportpferden so. Zuhause reitet Felicia mit United Touch in Wald und Feld spazieren. Er solle ein möglichst natürliches Pferdeleben führen, sagt sie.

Richard Vogel war ein Frühentdeckter. Seine Mutter brachte ihn zu den Pferden, seinen EM-Triumph erlebte sie nicht mehr mit, sie starb, als ihr Sohn zwölf Jahre alt war. Dreimal gewann er beim CHIO Aachen den Pokal für Nachwuchsspringreiter, inzwischen ist der 27-Jährige für Bundestrainer Otto Becker eine feste Größe im Championatsteam. Ursprünglich kommt er aus Mannheim, verbrachte ein paar Lehr- und Wanderjahre im Stall Beerbaum im westfälischen Riesenbeck, bis er sich schließlich selbständig machte. Er und seine Freundin Sophie Hinners sind inzwischen so etwas wie das Power-Pärchen im deutschen Springsport, helfen und unterstützen einander auf dem Turnier und bilden gemeinsam ihre Pferde aus.

Die Fuchsstute Hello Folie des britischen Silbermedaillengewinners rettet ihren Reiter

Selten sah man bei einem Championat so viele Nullfehlerritte wie nun in Spanien. Der Parcoursdesigner Santiago Varela, der auch die olympischen Kurse von Paris entworfen hatte, konnte hinstellen, was das Reglement hergab, Hindernisse von 1,60 Meter Höhe und mehr, die Pferde flogen darüber, als kennen sie keine Erdenschwere. Manche brachten Unglaubliches zustande, wie die Fuchsstute Hello Folie des britischen Silbermedaillengewinners Scott Brash. Im Nationenpreis riss sie ihrem Reiter über einem Oxer die Zügel aus der Hand, galoppierte quasi führungslos über die nächsten Hindernisse, eine dreifache Kombination, während ihr Reiter verzweifelt versuchte, wieder Herr der Lage zu werden. Zum Glück war der Parcours dann zu Ende und alle Stangen liegen geblieben.

Auch Just be Gentle, die Stute von Olympiasieger Christian Kukuk rettete einmal ihren Reiter, als er sie in Parcours völlig unpassend an ein Hindernis brachte und der Rhythmus dahin war. Alles blieb liegen, aber nicht erst da wurde klar, wie sehr ein Reiter auf die Kooperationsbereitschaft seines Pferdes angewiesen ist. „Ohne unsere Pferde wären wir nämlich nur ganz normale Fußgänger“, sagte Richard Vogel am Ende des Tages.

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