Kultur

“Elisabeth” im Deutschen Theater: Auf ganzer Line überzeugend | ABC-Z

Sie sind ein wirklich attraktives Paar, die “überirdisch schöne Kaiserin” und ihr Geliebter. Er freilich ist der Tod höchstselbst, wenn auch kein gruseliger Boandlkramer oder ein bedrohlich schwarzer Vogel, sondern ein engelsgleich blond gelockter Jüngling im eleganten hellen Dreiteiler. Das finstere Federvieh hat er nur in seinem morbid dekorativen Gefolge dabei. Zunächst lebt der Tod in einer Dreiecksbeziehung, denn Elisabeth ist die Gattin des österreichischen Kaisers Franz Joseph.

Aber je weiter sie sich vom engen höfischen Leben an der Seite des Monarchen entfernt, desto näher kommt sie dem Tod. Librettist Michael Kunze und Komponist Sylvester Levay wollten, als sie das Leben der unglücklichen Kaiserin vor über 30 Jahren vertonten, weitestmöglich weg von der Sisi-Niedlichkeit, mit der die österreichischen Kinohits mit Romy Schneider in den Fünfziger Jahren das Bild von der Wittelsbacherin prägten.

Eine vielschichtige Deutung

Das ist ihnen eindrucksvoll gelungen, denn “Elisabeth” ist ein Musical-Drama mit für dieses Genre unüblich starken Charakteren und einer vielfältigen wie vielschichtigen Komposition. Was zur Zeit in einer “Schönbrunn-Version” im Deutschen Theater zu erleben ist, hat mit der Ur-Inszenierung von Harry Kupfer, die vor zehn Jahren in München gastierte, nichts zu tun. Regisseur Gil Mehmert hat das Werk für Open-Air-Aufführungen im Ehrenhof des Wiener Schlosses Schönbrunn neu eingerichtet.

Auf den Eintrittskarten wird die Show als “konzertant” angekündigt, was sich schnell und erfreulicherweise als allzu große Bescheidenheit herausstellt. Hier sind die Sängerinnen und Sänger nicht an der Rampe aufgereiht und Mehmert lässt durchaus alle Korken des unterhaltenden Musiktheaters knallen. Ein opulentes Bühnenbild wie damals in der Kupfer-Inszenierung vermisst bald niemand.

Visuelle Wucht

Während man dem von Bernd Steixner geleiteten symphonischen Orchester bei der wohlklingenden Arbeit zusehen kann, entfaltet sich mit den Kostümen von Yan Tax und dem Lichtdesign von Michael Grundner eine beachtliche visuelle Wucht. Die Schauplätze von Possenhofen über Bad Ischl bis nach Wien und Genf entstehen in kunstvoll montierten Videoprojektionen.

Zentrales Bühnenelement ist ein illuminierter Rahmen, der Türrahmen im repräsentativen Schlossformat, aber auch ein Bilderrahmen sein kann. Als darin Sisi in prachtvollem Kleid als Nachbau des Porträts von Franz Xaver Winterhalter aus dem Jahr 1865 erschien, brandete im auch sonst enthusiastischen Premierenpublikum spontaner Beifall auf. Den bekam auch Komponist Sylvester Levay, als er für den Song “Ich gehör nur mir” den Dirigentenstab kurzfristig übernahm.

Elisabeth besingt darin ihr Selbstverständnis: “Ich möchte vom Drahtseil herabsehn auf diese Welt. Ich möchte aufs Eis gehn und selbst sehn, wie langs mich hält”. Bettina Mönch wird mit ihrem kristallklaren und keine Höhe scheuenden Sopran zum Star des Abends wie auch der energetische Lukas Mayer als der so süße Tod, dem auch richtig gute Songs (“Die Schatten werden länger”) geschrieben wurden.

Eine intelligente Show

Die anderen Figuren können sich aber ebenso wenig über das beklagen, was ihnen Levay und Kunze in die Kehlen legten. Spätestens, wenn Luigi Lucheni (Riccardo Greco) mit einer rockigen Uptempo-Nummer den “Kitsch” ums Kaiserliche besingt, wird Sisis Mörder zum Sympathieträger.

Eher ins Fach Böse Hexe spielt sich feinsinnig und mit leicht kehligem Timbre Ariane Swoboda als Erzherzogin Sophie, der hochmanipulativen Mutter des Kaisers. Dessen Zerrissensein zwischen der Mutter und der Ehefrau zeigt Dennis Henschel mit sorgfältig dosierter Emotionalität.

Zu den großen Stärken dieser Inszenierung zählt die Intelligenz, mit der Glanz und Elend des Habsburgerreichs verzahnt werden. Und die Gegenüberstellung des hochadeligen Pomp mit der Armut im Volk – eine Politik, die auf den Untergang zulief, wie wir heute wissen. So gesehen ist die Vermählung der Heldin mit dem Tod ein perfektes Happy-End.

Deutsches Theater, bis 2. Februar, dienstags bis samstags 19.30 Uhr, samstags auch 15 Uhr, sonntags 14.30 und 19 Uhr, Telefon 55234444

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