Eisbären Berlin: Dominanz im DEL-Finale gegen die Kölner Haie – Sport | ABC-Z

Kari Jalonen ist schon so lange im Eishockey-Geschäft, dass er eigentlich auf jede Frage eine Antwort haben sollte. Der 65-jährige Finne ist seit 27 Jahren als Profitrainer tätig, er hat in Finnland, Tschechien und der Schweiz Erfolge gefeiert und als Nationaltrainer sowohl Finnen als auch Tschechen zu WM-Medaillen geführt. Am Ostermontag aber sagte er: „Ich muss ehrlich sein: Darauf habe ich keine Antwort.“
Die Frage, die dem Trainer der Kölner Haie gestellt worden war, zielte darauf ab, ob seine Mannschaft auf das 0:7, das sie soeben gegen die Eisbären Berlin im Playoff-Finale der Deutschen Eishockey Liga (DEL) kassiert hatte, angemessen würde reagieren können, da sie ja bereits im Halbfinale gegen den ERC Ingolstadt ein Spiel mit 0:7 verloren hatte – und jene Serie dennoch für sich entschied.
:Der Torjäger, für den es im April erst richtig losgeht
Leo Pföderl von den Eisbären Berlin ist nun Rekordtorschütze der DEL-Playoff-Geschichte. Über einen Stürmer, dem einer seiner Trainer das Passen austrieb – und der stets besser wird, je näher der Meistertitel rückt.
Spätestens am späten Mittwochabend aber war die Antwort klar, die Jalonen womöglich auch deshalb nicht gegeben hatte, weil er wusste, dass die Berliner ein anderes Kaliber als die Ingolstädter sind. Spiel vier der Best-of-seven-Serie, das in der mit 18 600 Zuschauern ausverkauften Kölner Arena aus Haie-Sicht den 2:2-Serienausgleich hätte bringen sollen, ging wieder mit 7:0 an die Eisbären. Damit fehlt den Berlinern nur noch ein Sieg, um sich nach 2024, 2022 und 2021 zum vierten Mal in den vergangenen fünf Jahren den deutschen Meistertitel zu sichern. „Wir müssen es heute einfach hinnehmen“, sagte Jalonen kurz und knapp. „Unser Leben wird nun einfacher – wir haben nur noch eine Patrone.“
Die Dominanz der Eisbären in diesen Playoffs ist beängstigend. Nach einem 4:1-Viertelfinalerfolg über die Straubing Tigers schickten sie im Halbfinale die Adler Mannheim mit 4:0 in den Sommerurlaub. 0:4 hatten die stolzen Adler noch nie eine DEL-Serie verloren. Und jetzt: 5:1 zum Finalauftakt, dann ein 1:2 nach Verlängerung, das aus der Reihe tanzt, weil darauf die beiden 7:0-Siege folgten. Die Eisbären sind das Maß der Dinge. Wieder einmal. „Die sind so stark, da gibt’s keine Schwächen. Die hören einfach nicht auf, gewinnen zu wollen“, betonte TV-Experte und Ex-Nationalspieler Rick Goldmann. „Berlin verschiebt seine Grenzen neu.“
Das zweite 7:0 binnen 48 Stunden drückte die Berliner Überlegenheit in all ihren Facetten aus. Sechs unterschiedliche Torschützen trafen für Berlin; Leo Pföderl, der am Ostermontag zum erfolgreichsten Playoff-Torschützen der DEL-Geschichte aufgestiegen war, gönnte sich diesmal eine Torpause. Dafür baute sein Reihenkollege Ty Ronning seinen DEL-Scoringrekord weiter aus: Der US-Amerikaner hat nun in 27 aufeinanderfolgenden DEL-Spielen und 13-Playoffpartien in Serie gepunktet. Ronning und Pföderl haben in der laufenden DEL-Saison zusammen 81 Tore und insgesamt 133 Scorerpunkte erzielt. Einhundertdreiundreißig!
Die zwei Kantersiege kamen ohne Kapitän Wissmann zustande, den vielleicht besten Verteidiger der Liga
Das Bild zur Berliner Offensivdominanz war am Mittwoch ein Gemeinschaftswerk. Innerhalb von sechs Sekunden waren alle fünf Eisbären, die da auf dem Eis standen, an der Scheibe, Manuel Wiederer lenkte sie dann zum 3:0 ins Haie-Tor. Apropos Wiederer: Die nominell vierte Angriffslinie der Berliner bestand am Mittwoch aus Marcel Noebels, Olympia-Silbermedaillengewinner, WM-Silbermedaillengewinner und dreifacher deutscher Meister; Zach Boychuk, dreifacher deutscher Meister, U20-Weltmeister, Spengler-Cup-Sieger sowie Champions-Hockey-League-Torschützenkönig; und eben Wiederer: Nationalspieler, WM-Silbermedaillengewinner und zweifacher deutscher Meister. Spieler, die in sehr vielen DEL-Klubs in der ersten Reihe spielen würden.

So spielfreudig sich die Offensive präsentiert, so verlässlich ist die Defensive. Die Haie haben seit exakt 120 Finalminuten kein Tor mehr geschossen, was neben seinen Vorderleuten auch an Torhüter Jake Hildebrand liegt. Der US-Amerikaner ist der erste DEL-Torhüter, der in zwei aufeinanderfolgenden Finalspielen kein Gegentor kassiert hat, seine Playoff-Fangquote von 96,7 Prozent ist herausragend. Und all das haben die Eisbären bei den zwei 7:0-Siegen ohne ihren an der Hand verletzten Kapitän Kai Wissmann hinbekommen, den „vielleicht besten Verteidiger der Liga“, wie Coach Serge Aubin ihn nennt. „Alle machen das Gleiche gleich gut“, brachte Haie-Kapitän Moritz Müller die Eisbären-Stärke auf den Punkt.
Konstanz auf allen Ebenen, das ist das Motto der Berliner. Der Kern der Eisbären-Kabine um Marcel Noebels, Jonas Müller, Pföderl und Wissmann spielt schon seit Jahren zusammen, gebaut wurde der Kader von Sportdirektor Stéphane Richer, der diese Aufgabe seit mehr als acht Jahren innehat. Der Kanadier Richer hielt (auch) an Cheftrainer Aubin fest, als dieser nach zwei Meistertiteln nacheinander 2023 die Playoffs verpasste. Im Jahr darauf folgte Titel Nummer drei unter Aubin. Die Gier nach Meisterschaften ist seit Langem ein fester Bestandteil der Eisbären-Kabine. „Schau dir den 1985er-Jahrgang bei uns in Berlin mit Rankel, Busch, Baxmann, Hördler an“, sagte Müller vor dieser Saison, „die sind ja auch nicht satt gewesen nach fünf oder sechs (Meistertiteln, d. Red.). Die wollten auch immer mehr. Bei uns ist es auch so.“
Zu all diesen Faktoren, die die Eisbären ohnehin schon zum großen Favoriten machen, kommt durch den tragischen Krebstod ihres Mitspielers Tobias Eder im Januar noch ein extrem emotionaler hinzu. Immer wieder deuten Eisbären-Spieler in den Playoffs nach Toren nach oben, jeder weiß dann, an wen sie gerade denken. „Wir wollen nicht für Tobi, sondern mit Tobi den Titel gewinnen“, hatte Pföderl vor dem Start der Playoffs erklärt. Eisbären-Sportdirektor Richer betonte rund um Finalspiel drei bei Magentasport, dass diese Mannschaft aufgrund der emotionalen Umstände („Es war viel für die Jungs“) jetzt schon eine „super Saison“ gespielt habe – „egal, was noch passiert“.
Und so werden auch am Freitagabend, wenn Spiel fünf in Berlin steigt, alle Eisbären-Anhänger nach der 22. Minute (Eders Trikotnummer) Tobi-Eder-Chöre anstimmen. Und womöglich öffnen sich dann 38 Spielminuten später viele emotionale Schleusen bei den Eisbären-Spielern.