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Eisbären Berlin dominieren die DEL | ABC-Z

Leo Pföderl hat am Wochenende einen bemerkenswerten Satz gesagt: „Uns machen die Spiele gerade relativ wenig Spaß.“ Das kam überraschend, denn Pföderl stürmt für die Eisbären Berlin – das Topteam der Deutschen Eishockey Liga (DEL). Drei Meisterschaften in den vergangenen vier Jahren, aktuell zehn Siege in Folge, Tabellenplatz eins. Und auch in der Champions Hockey League (CHL) läuft es, die Eisbären haben sich souverän für die K.o.-Phase ab Mitte November qualifiziert, zum Abschluss der Vorrunde wurde der dänische Meister SønderjyskE 8:0 geschlagen.

Pföderl meinte also nicht die Ergebnisse, ihm ging es um die Belastung: „Du bist vor dem Spiel eigentlich schon fertig.“ Nun wird ja in diversen Sportarten über zu viele Spiele geklagt, aber was die Berliner Eishockeyprofis seit Ende September erleben, ist schon extrem: Bis vergangenen Samstag waren es 14 Spiele in 30 Tagen. Hinzu kommen die Reisen und zahlreiche Ausfälle.

Bis zu 30 Minuten auf dem Eis

Wochenlang hatten die Eisbären nur fünf gesunde Verteidiger, das erste Defensivpaar mit Kai Wissmann und Jonas Müller musste fast jeden zweiten Wechsel auf die Fläche, kam auf Eiszeiten von bis zu 30 Minuten pro Abend. Normalerweise sind selbst Topverteidiger nicht viel länger als 20 Minuten pro Spiel auf dem Eis. Das nage an der Mannschaft, sagte Trainer Serge Aubin nach dem jüngsten Auftritt gegen die Düsseldorfer EG. „Ich konnte definitiv die Ermüdung sehen, mental und körperlich. Aber Lob an die Jungs, sie finden Wege, zu gewinnen.“

Das tun sie. Selbst verloren geglaubte Spiele holen sie sich zurück. So wie am Samstag gegen Düsseldorf. Zwar waren die Berliner 40 Minuten lang das bessere Team, aber im letzten Drittel gingen ihnen die Kräfte aus. Erst kassierten sie das 2:2, eineinhalb Minuten vor Schluss sogar das 2:3. Die Siegesserie drohte zu enden – vor ausverkaufter Halle gegen das Schlusslicht. Aber dann warfen die Berliner noch mal alles nach vorne, Pföderl schoss 13 Sekunden vor dem Ende den Ausgleich, in der Verlängerung traf Müller zum 4:3-Sieg.

Da war wieder das zu sehen, was Torhüter Jake Hildebrand bereits nach dem Comeback-Sieg gegen Wolfsburg gesagt hatte: „Es zeichnet uns aus, dass wir immer weitermachen“ – und zwar wirklich immer. In den vergangenen fünf Spielen lagen die Berliner jedes Mal hinten, aber sie drehten alle.

Erschütternde Nachricht kurz vor Saisonstart

Dass die Eisbären mehr gewinnen als verlieren, kommt natürlich weniger überraschend. Aber dass sie bereits im Herbst durch die Liga fliegen, war so nicht zu erwarten. Kurz vor dem Saisonstart erreichte sie die erschütternde Nachricht, dass Nationalstürmer Tobias Eder an Krebs erkrankt ist. Das schockte den ganzen Verein. Aber er rückte enger zusammen, unterstützt Eder, wo er nur kann. Was auch für die Fans gilt. Bei jedem Spiel rufen sie in der 22. Spielminute passend zu Eders Rückennummer seinen Namen.

Erschütternde Nachricht: Tobias Eder (l., hier noch im Final-Duell mit Stephan Daschner von den Straubing Tigers), ist an Krebs erkranktPicture Alliance

Auch Fangruppen anderer Teams singen mit. Die Düsseldorfer, bei denen Eder vorher spielte, kamen am Samstag mit einer überdimensionalen Grußkarte nach Berlin, mehr als 1000 DEG-Fans hatten unterschrieben. Die Mannschaft der Adler Mannheim lief jüngst beim Warmmachen mit speziellen Trikots auf, alle Spieler trugen die 22, darunter stand „Tobi“. „Was da gerade passiert, ist unglaublich“, sagte Eisbären-Geschäftsführer Thomas Bothstede am Samstag bei „Magentasport“.

„Wir wollen das Alphatier sein“

Eder freut sich über die Solidarität, die gebe ihm Kraft. Er besucht auch die Heimspiele seines Klubs. Und was er da auf dem Eis sieht, dürfte ihm ebenfalls gefallen. Nichts ist zu erkennen vom so genannten „Meister-Blues“. Der ist ein altes Phänomen im Eishockey: Wer im Vorjahr gewann, hat es zu Beginn der folgenden Saison häufig schwer. Dann fehlt die letzte Überzeugung, schon wieder in jedem Spiel alles zu geben.

Allein die Hauptrundrunde kennt in der DEL 52 Spieltage, und ob man sich nun als Erster oder Fünfter für die Play-offs qualifiziert, ist unerheblich. Die Berliner aber gönnen sich keine Pause. „Wir wollen das Alphatier sein. Wer möchte nicht auf der Eins stehen und der Gejagte sein?“, sagte Stürmer Marcel Noebels jüngst. Zuvor hatten die Berliner den vorherigen Tabellenführer aus Ingolstadt durch einen 4:2-Auswärtssieg vom Thron gestoßen.

Überhaupt haben sie bereits jedes andere Topteam geschlagen. In 13 ihrer 14 Saisonspiele haben sie gepunktet. Nur einmal gingen sie leer aus, im ersten Heimspiel gegen Augsburg gab es ein 2:6. Das können die Eisbären an diesem Donnerstag (19.30 Uhr, MagentaSport) wiedergutmachen. Dann spielen sie in Augsburg. Wieder eine weite Reise, aber zumindest lagen diesmal vier Tage zwischen zwei Spielen. Für die Berliner muss sich das angefühlt haben wie Urlaub.

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