Eintracht Frankfurt: Wird aus Alex Meier ein Fußball-Bundesliga-Trainer? | ABC-Z

Wie reagieren die Frankfurter Talente eigentlich, wenn sie vor einer echten Eintracht-Legende, einem ehemaligen Bundesliga-Torschützenkönig, stehen? Seit dieser Saison wird die U 19 der Hessen von einem Mann mit erstaunlichem Werdegang trainiert: Ihm ist einst der Wandel vom skeptisch beäugten Akteur zum von den Fans verehrten „Fußballgott“ gelungen. „Wenn die neuen Spieler kommen, fragen sie mal. Irgendwann ist das aber überhaupt kein Thema mehr. Dann bin ich ein ganz normaler Trainer für sie“, sagt Alex Meier.
Am Donnerstag wird der Zweiundvierzigjährige den vorläufigen Höhepunkt seiner Trainerkarriere erleben. Dann trifft seine Mannschaft in der UEFA Youth League auf die gleichaltrigen Nachwuchshoffnungen des türkischen Meisters Galatasaray – das Duell im Dreieicher Stadion ist gewissermaßen das Vorspiel für die am Abend (21.00 Uhr im F.A.Z.-Liveticker zur Champions League und bei DAZN) stattfindende Partie der Profiteams in der Champions League.
„Das ist für alle eine unglaubliche Erfahrung“, betont Meier: „Gerade für die Jungs: sich mit den besten Mannschaften Europas messen zu dürfen. Aber auch für uns Trainer.“ Nach 14 Jahren und 270 Bundesliga-Einsätzen verließ er die Eintracht 2018, kehrte 2020 aber als prominenter Mitarbeiter im Nachwuchsleistungszentrum zurück. Nach verschiedenen Jobs als Assistent übernahm er 2023 die U 16. Zwei Jahre später folgte nun die Beförderung zum Coach der A-Jugend.
Die „logische Konsequenz“
Zurecht, wie Alexander Richter findet: „Wir wollen eigene Talente entwickeln – als Spieler, aber auch als Trainer“, sagt der Leiter des Eintracht-Nachwuchsleistungszentrums. „Alex Meier hat in den vergangenen Jahren Erfahrungen gesammelt, sich entwickelt und gezeigt, dass er Potential hat. Denn ein überragender Profi ist nicht immer auch ein guter Trainer, das bedarf Entwicklung, und Alex hat diese Herausforderung hervorragend angenommen und in den unterschiedlichen Bereichen bislang sehr gut umgesetzt“, erklärt der Funktionär. Richter weist auf Meiers Identifikation mit dem Klub hin sowie auf den Spaß an der Arbeit mit Talenten. Die „logische Konsequenz“ sei es gewesen, „die Vakanz mit dieser internen Lösung zu besetzen und ihm die nächsten Schritte zu ermöglichen.“
Der Spieler Meier ist auch nach seinem Karriereende noch bestens bekannt: satte, präzise Schüsse mit der Innenseite. Worauf aber legt der Trainer Meier Wert? „Authentizität und Ehrlichkeit. Das Wichtigste ist, dass man sich nicht verstellt und den Spielern nichts vorspielt.“ Taktisch sei er eher Pragmatiker als Dogmatiker („Das System muss man nach den Spielern ausrichten und nicht andersherum“). Seinem Team gelangen fünf Siege in den ersten sechs Pflichtspielen der Saison. Wer es am vergangenen Samstag beim Heimspiel gegen die SpVgg Greuther Fürth beobachtet hat, sah einen 4:1-Erfolg, eine in nahezu jeder Situation um spielerische Lösungen bemühte Elf – und einen Chef, der an der Seitenlinie zumeist ruhig agiert, seine Akteure nach Fehlern aufbaut und vor allem beim Pressing verbal unterstützt.
„Total“ habe sich die Sichtweise beim Wechsel in die neue Rolle verändert. „Als Spieler hat man seine Perspektive. Als Trainer muss ich auf die ganze Gruppe aufpassen, alle bei Laune halten. Dass das nicht immer gelingt, ist klar.“
Vor dem DFB-Pokal-Finale 2018 musste Meier selbst mit der Enttäuschung umgehen, keinen Platz im Kader zu erhalten. Zwei Wochen zuvor war ihm in seinem letzten Bundesligaeinsatz ein Abschied wie aus dem Bilderbuch gelungen. In der Schlussphase des Heimspiels gegen den Hamburger SV wurde er vom damaligen Eintracht-Coach Niko Kovac eingewechselt. Kurz darauf traf er zum 3:0-Endstand. Wer sich mehr als sieben Jahre später noch einmal die Bilder dieser Partie ansieht, entdeckt in den Sekunden nach dem Tor ein interessantes Detail: Meier, der mit dem linken Fuß gerade eine Flanke David Abrahams per Direktabnahme ins lange Eck befördert hat, bejubelt seinen letzten Bundesligatreffer zunächst mit ausgebreiteten Armen, um dann für einen kurzen Moment innezuhalten. Bevor er von seinen Mitspielern umzingelt wird, wendet sich der Hauptdarsteller, dem in diesem Moment mit aller Berechtigung der Jubel von Zehntausenden gilt, mit einer kurzen Geste in Richtung Tribüne. Er kehrt den Spieß um – und applaudiert den Zuschauern.

So wie der Spieler Meier bei allen Ruhmestaten nicht zur Selbstdarstellung neigte, zeigt sich der Trainer Meier beim Start seiner zweiten Karriere demütig. „Sehr wertvoll“ sei etwa die Zeit bei der U 16 gewesen: „Ich glaube, man muss den Job von der Pike auf lernen. Das ist der richtige Weg – sich immer weiter zu steigern. Der Weg war genau richtig und macht mir Spaß.“ Immerhin trainiert er – nach der Bundesliga-Elf sowie der aus der Regionalliga abgestiegenen Reserve – nun die drittbeste Mannschaft des Vereins und sitzt auf einem Posten, der in der jüngeren Vergangenheit für prominente Kollegen das Sprungbrett in die Beletage war. Thomas Tuchel wurde 2009 in Mainz vom A-Jugend-Coach zum Chef der Bundesligamannschaft befördert, der heutige Bundestrainer Julian Nagelsmann 2016 bei der TSG Hoffenheim.
Meier lässt keine Zweifel an seinem Ehrgeiz. Er weiß aber auch, dass die nächsten Schritte Zeit brauchen. Aktuell absolviert er den A-Lizenz-Lehrgang. Während der Ausbildung hospitiert er auch beim englischen Premier-League-Klub Crystal Palace. Der amtierende FA-Cup-Sieger wird von einem alten Bekannten trainiert: dem Frankfurter Europa-League-Helden Oliver Glasner. Der Österreicher kam zu spät zur Eintracht, um Meier noch zu trainieren. Beide kenn sich aber aus dem Klub, von dem sich Glasner im Sommer 2023 verabschiedete.
Meier spielte fast sein gesamtes Spielerleben bei der Eintracht, am Ende wechselte er für ein paar Saisons zum FC St. Pauli und Western Sydney. Könnte er sich vorstellen, eines Tages als Trainer woanders zu arbeiten, gar als Chefcoach in der Bundesliga?
„Jetzt bin ich total glücklich, mit Jugendlichen zu arbeiten, sie weiterzuentwickeln. Bei meinem Verein, bei der Eintracht. Alles andere: Wenn es kommen soll, kommt es“, sagt Meier. Und vorher ist von ihm noch ein Satz zu hören, der seine Zurückhaltung bei diesem Thema am deutlichsten zeigt: „Ich muss erst mal schauen, ob ich gut genug dafür bin.“





















