Eintracht Frankfurt vor dem Spiel gegen Bayern: Es klappt auch ohne Marmoush – Sport | ABC-Z

Natürlich spielt die Erinnerung an den vergangenen 6. Oktober mit, wenn Eintracht Frankfurt an diesem Sonntag (17.30 Uhr) zum Bundesliga-Topspiel beim FC Bayern antritt. An jenem milden Herbstabend kam eine der spektakulärsten Partien dieser Saison zur Aufführung: Am Ende leuchtete ein 3:3 vom Videowürfel, mit dem die Frankfurter viel glücklicher waren als die Münchner. Stürmer Omar Marmoush hatte gegen die Bayern eine Show geboten, die weit über die Türme der Bankenstadt wirkte. Inzwischen ist der Ägypter zu Manchester City weitergezogen, doch erstaunlicherweise hat die Eintracht die Lücke ohne viel Aufsehen geschlossen, obwohl die als Ersatz verpflichteten Angreifer Elye Wahi (Olympique Marseille) und Michy Batshuayi (Galatasaray Istanbul) noch keinen wirklichen Fußabdruck hinterlassen haben.
Beide waren auch nie als Soforthilfe gedacht. Dass jedoch insbesondere der mehr als 20 Millionen Euro teure Wahi nicht für die Bank gekauft wurde, versteht sich von selbst. Wenn dieser Wahi, 22, und der Routinier Batshuayi, 31, mal im Rhythmus seien, „mit uns ein bisschen länger trainiert haben und die Intensität mitgehen können“, erklärt Trainer Dino Toppmöller, „dann wird es sehr häufig vorkommen, dass wir mit zwei Spitzen spielen“. Der Coach favorisiert grundsätzlich ein System mit zwei Stürmern, in dem er wie schon seine Vorgänger Oliver Glasner und Adi Hütter ohne echte Außenstürmer auskommt.
Weil aber der Belgier Batshuayi bei seinem ersten Startelfeinsatz in Mönchengladbach (1:1) enttäuschte und der Franzose Wahi noch Nachholbedarf hat, agierte zuletzt Hugo Ekitiké, 22, bei der Eintracht allein in vorderer Linie, unterstützt von zwei Spielern in den Halbpositionen: Can Uzun, 19, und Mario Götze, 32. Und so unterschiedlich deren Vita sein mag: Der aus Regensburg stammende türkische Nationalspieler Uzun und der deutsche WM-Held von 2014 konnten zuletzt gegen Holstein Kiel (3:1) mit ihrer sich ähnelnden Veranlagung glänzen.
„Wir sind Dritter und Bayern ist 13 Punkte vor uns“, sagt Torwart Kevin Trapp
Dummerweise ist nun ausgerechnet der frühere Münchner Götze erkrankt, ein Einsatz des Ballverteilers gegen seinen früheren Klub ist eher unwahrscheinlich. Umso wichtiger, dass Uzun funktioniert, der am vergangenen Sonntag sein viertes Bundesligator erzielt hat. Toppmöller beschreibt dessen entscheidenden Entwicklungsschritt so: „Nach vorn ist er sowieso gut. Aber wenn er defensiv die Dinge erledigt, ist er noch mal wertvoller.“ Das Toptalent Uzun, im vergangenen Sommer für zehn Millionen Euro vom 1. FC Nürnberg geholt, besticht durch eine Spielintelligenz, die unter den vielen jungen Spielern bei Frankfurt besonders hell strahlt. Die Liste der Eintracht-Profis mit prächtiger Perspektive ist lang, von Hugo Larsson, Oscar Hojlund, Nnmadi Collins bis zum Uzun-Kumpel und früheren Nürnberg-Kollegen Nathaniel Brown.
Aus vielerlei Gründen also ist die Eintracht seit sieben Bundesligaspielen ungeschlagen. Trotzdem käme Torwart Kevin Trapp nicht auf die Idee, sich in München zum Favoriten zu erklären: „Wir sind Dritter, Bayern ist 13 Punkte vor uns, das spricht schon Bände.“ Durch das Aus im DFB-Pokal und die Direktqualifikation fürs Achtelfinale der Europa League waren die Frankfurter zuletzt von englischen Wochen weitgehend befreit.
Nun aber geht’s im Achtelfinale bald zweimal gegen Ajax Amsterdam (6. und 13. März), worauf sich Toppmöller nach der Auslosung am Freitag riesig freute: „Das ist ein sehr klangvolles Duell gegen eine Mannschaft, die auch Fußball spielt.“ Doch erst einmal wartet der Härtetest bei den Bayern, für die der Eintracht-Coach unter Julian Nagelsmann bis März 2023 als Assistenztrainer arbeitete. Toppmöller weiß: „Wir brauchen eine hohe Frustrationstoleranz. Wir müssen Phasen überstehen, die im Fußball nicht so viel Spaß machen. Wenn wir diese Komponenten auf den Platz bringen, rechnen wir uns schon aus, etwas mitzunehmen.“
Viele sprechen in Frankfurt bereits vom spannendsten Kader aller Zeiten, was angesichts der bewegten Klubhistorie etwas heißen muss. Vorstandschef Axel Hellmann rief auf der Mitgliederversammlung aus: „Wir haben eine herausragend gute Mannschaft, die herausragend Fußball spielen kann.“ Deren Marktwert hat der Klubboss mal locker bei 300 Millionen Euro veranschlagt. Nur den Satz aus der Vergangenheit vom „besten Kader ever“ hat der Jurist zuletzt nicht mehr verwendet. Das würde der großen Eintracht-Generation um Anthony Yeboah, Uwe Bein, Maurizio Gaudino oder Andreas Möller auch nicht gerecht, die an guten Tagen sogar die Bayern schwindlig spielte. Die alte Anzeigetafel im Waldstadion wies damals noch ganz andere Ergebnisse aus als ein 3:3.