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Eintracht Frankfurt: Das sind die Erkenntnisse des USA-Trainingslagers | ABC-Z

Es ist an der Zeit. Ein paar Tage zur Ruhe kommen, wieder zu Hause sein. All das wolle er jetzt genießen, sagte Dino Toppmöller auf dem Rasen der Philadelphia Union, gebräunt, mit wachen Augen nach zwei langen Trainingswochen. In der Hitze Nordamerikas testete seine Mannschaft dreimal gegen andere Klubs, zweimal spielte sie unentschieden.

Vor lauter Trainings und Spielen blieb auch Zeit für Privates. Vor allem abends, wenn in Europa die Lichter ausgingen und die Spieler Zeit füreinander hatten. Ein paar von ihnen schlenderten dann durch die Boutiquen der Stadt. Andere besuchten ein Baseball-Spiel, viele das Konzert des Popstars „The Weeknd“.

Die Eintracht ist in diesen zwei Wochen vorangekommen. Auch, weil die Bedingungen in Louisville und Philadelphia nahezu perfekt waren: kein Dauerregen wie in Europa, kaum Ablenkung. Nur die Hitze, fast an jedem Tag waren es über 35 Grad Celsius. Der Trainer lobte: „Es waren viele Dinge dabei, die richtig gut waren.“

Schon früh in der Saison, früher als in Toppmöllers ersten beiden Jahren, steht sein Kader. Hugo Larsson ist zwar in England beliebt – aber dass ein Klub dort noch 60 Millionen Euro bietet, um ihn der Eintracht kurz vor Saisonbeginn zu entreißen, scheint wenig wahrscheinlich. Und so fehlt nur noch ein Spieler: Ritsu Doan. Seit Wochen wollen die Frankfurter ihn verpflichten, noch aber spielen beide Klubs, der SC Freiburg und die Eintracht, auf Zeit. Aber auch ohne den Japaner scheint sie bereit für den Start in zwei Wochen. Drei Erkenntnisse aus dem Trainingslager:

1. Der neue Kern steht

Wie oft haben die Frankfurter in den vergangenen Jahren Spieler abgegeben, die unersetzlich schienen. Auch in diesem Sommer haben zwei Stammspieler den Klub verlassen: Hugo Ekitiké und Tuta. Die Eintracht will in den nächsten Jahren um die ersten vier Plätze in der Liga spielen. Dafür will sie sich anders aufstellen: Sie benötigt ein Gerüst, das seinen Namen verdient, weil es über mehrere Jahre trägt und nicht in jedem Sommer neu aufgebaut wird.

Dafür ist er zielstrebiger, auch wenn es darum geht, wie er und seine Nebenleute die gegnerischen Verteidiger anlaufen. Schon jetzt ist der ehemalige Mainzer die klare Nummer eins im Eintracht-Sturm. „Wir sind froh, dass er gekommen ist“, lobte sein Trainer. Weil sich Burkardt Chancen herausspiele und weil er dann wisse, wo der Ball hinkomme.

Ein neuer Torjäger für Eintracht Frankfurt: Jonathan Burkardtdpa

Zum Kern zählen auch die wichtigsten Spieler der vergangenen Saison. „Wir haben gesehen, warum die Spieler, die im letzten Jahr die meisten Minuten gesammelt haben, eben das getan haben“, sagte Toppmöller in Philadelphia. Übersetzt heißt das: Die Besten aus dem Jahr zuvor sind heute noch immer die Besten.

Gemeint sind vor allem die Abwehrspieler Robin Koch, Arthur Theate und Rasmus Kristensen, an denen sich viele jüngere Spieler orientieren. Sie sind der neue Kern der Eintracht. Zusammen mit Torhüter Kevin Trapp, Mittelfeldspieler Mario Götze und Stürmer Burkardt. Allesamt Spieler, die – wie auch Doan – schon ein paar Jahre im Profifußball spielen und wissen, was in stressigen Phasen zu tun ist.

2. Die Jugend braucht noch Zeit

Von ihnen, den Erfahrenen, sollen sich die Talente etwas abschauen. Viele Augen waren in Amerika auf Paxten Aaronson gerichtet, 21 Jahre alt. Den US-Mittelfeldspieler, der zuletzt ein Jahr in Utrecht spielte und von dort mit reichlich Lob nach Frankfurt zurückgekommen ist.

Im Training huschte Aaronson flink über den Platz und zeigte seine Stärken: Ballführung, Dribbling. Körperlich aber fehlt ihm noch immer etwas, um auf Champions- League-Niveau zu spielen. Und auch vor dem Tor ist der Amerikaner zu zögerlich. Aaronson habe sich zwar gut bewegt, lobte Toppmöller nach dem Spiel gegen dessen alten Klub Philadelphia. „Aber er muss halt ein Tor schießen.“ In solchen Momenten erwarte er mehr: nicht nur im Training zu treffen, sondern auch im Spiel.

Was für Aaronson vorne gilt, bemängelte Toppmöller bei Oscar Hojlund eine Position weiter hinten. Der 20 Jahre alte Däne hatte vor dem zweiten Treffer von Philadelphia einen Ball im Mittelfeld verloren. Ein Fehler, der ihm auch schon im Testspiel gegen den FSV Frankfurt unterlaufen war. „Da ist er grün hinter den Ohren“, sagte der Trainer. Hojlund sei auf einem guten Weg – „aber er darf sich nicht mit einer Aktion das Spiel kaputtmachen“.

3. Zwei ungeahnte Gewinner

Lange war Farès Chaïbi in der vergangenen Saison kritisiert worden: Er entwickle sich nicht weiter, lautete die harmlosere Version. Er schlurfe teilnahmslos über den Platz, die härtere. In den USA zeigte sich Chaïbi von einer anderen Seite. Über den Sommer hat er ein paar Kilo abgenommen, im Training ist er wesentlich aktiver.

Toppmöller setzte ihn im defensiven Mittelfeld ein, von wo der Algerier kurz passte, wenn es nötig war – und einen langen Ball spielte, wenn sich ein Raum öffnete. Die Rhythmik des Spiels zu verstehen, das ist ein erkennbarer Fortschritt bei Chaïbi. Er und sein Trainerteam hätten das schon auf der Bank zueinander gesagt, lobte Toppmöller: Chaïbi sei in einer anderen Form, auch, was Körpersprache und Fleiß angeht.

Ebu Bekir Is wiederum kannte vor dem Trainingslager kaum jemand. Nun setzte Toppmöller den 16 Jahre alten Frankfurter in jedem Spiel ein, auch im Training spielte er oft in der Zentrale. Gegen Aston Villa schoss Bekir Is ein spektakuläres Tor und legte sich nebenbei mit seinem Gegenspieler Amadou Onana an.

Angst hat der kleine Dribbler vor niemandem, auch nicht vor dem 1,95 Meter großen Onana, für den Aston Villa vor einem Jahr rund 60 Millionen Euro gezahlt hatte. „Er ist ein tolles Talent“, sagte Toppmöller. Wenn es passe, soll Bekir Is auch in der Jugend spielen oder in der Nachwuchsmannschaft in der Hessenliga. „Aber er wird bei uns in der Mannschaft bleiben.“

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