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Fellfreund aber kein Kuscheltier: Ortstermin beim Osterhasen – Ebersberg | ABC-Z

Sie sind flauschig, zutraulich und vor allem eins: ziemlich flink. Zum Glück aber auch recht versessen auf die Mohrrübe, die Helena Lettl im Gras platziert hat. Weswegen die putzigen Vierbeiner beim Fototermin auch gern in der Nähe der angehenden Tierärztin bleiben, dort, im weitläufigen Garten der Familie in Oberndorf, wo sich auch die seit vielen Jahren betriebene Zucht befindet.

Ortstermin beim Osterhase also? „Wir halten Kaninchen, keine Hasen, auch wenn das im täglichen Sprachgebrauch manchmal als Synonym verwendet wird“, sagt die Studentin, bevor sie die grundlegenden Unterschiede zwischen den beiden Arten erklärt: Hasen seien nicht domestiziert, man finde sie nur in freier Wildbahn, „alles, was im Stall sitzt, ist ein Kaninchen“.

Helena Lettl studiert Tiermedizin, ihre Familie betreibt in Oberndorf bei Ebersberg eine Kaninchenzucht. (Foto: Christian Endt)

Die Größe spiele wiederum keine Rolle, der „Deutsche Riese“ beispielsweise könne bis zu acht Kilo schwer werden. Aber: Der Hase komme als Nestflüchter mit Fell auf die Welt, die kleinen Kaninchen hingegen seien zwei Wochen lang blind, taub und nackt. „Darum müssen sie auch nach der Geburt mindestens acht Wochen bei der Mama bleiben.“ Darauf wird bei den Lettls streng geachtet.

Schon viele Menschen sind hier auf der Suche nach einem neuen Haustier fündig geworden – und auch jetzt wieder werden an Ostern sicher in manchem Nest zwei Exemplare der Rasse Zwergschecken, Farbenzwerge oder Hermelin landen, die es bei den Lettls gibt.

Für Kaninchen wie für alle Haustiere gilt: Ein Spontankauf ist weder für Mensch noch Tier eine gute Idee

Natürlich darf das nicht die endgültige Behausung der „Oryctolagus cuniculus“ (so der lateinische Name der Wildform, von der alle Hauskaninchen abstammen) bleiben. Laut Tierschutzverordnung der Tierärztlichen Vereinigung, Merkblatt 157, ist nämlich für die Dauerhaltung von zwei Kaninchen eine Grundfläche von mindestens sechs Quadratmetern vorgeschrieben.

„Kaninchen kann man nicht alleine halten, sie leben im Familienverband, müssen daher zu zweit oder mehr sein“, betont die 26-Jährige. Ein Meerschweinchen hingegen sei keine passende Gesellschaft: „Die sprechen gar nicht dieselbe Sprache.“ Über solche Feinheiten informiert sie die Interessenten stets vor dem Kauf. „Erst nach einem ausführlichen Beratungsgespräch reservieren wir ein Tier, um es abzugeben, wenn es alt genug ist“, sagt Lettl. Zuweilen führe dies dazu, dass jemand sich dann doch gegen ein Kaninchen als Haustier entscheide. „Das finden wir aber nicht schlimm, denn dann haben wir wieder zwei Tiere vor dem Tierheim gerettet.“

Kaninchen lieben die Gesellschaft von Artgenossen, darum sollte man sie nie alleine halten. (Foto: Christian Endt)

Nach wie vor ist dies laut der Veterinärmedizinerin in spe, die vor ihrem Studium eine Ausbildung zur Tiermedizinischen Fachangestellten in der Tierklinik Haar absolviert hat, leider ein Problem: Menschen schafften sich unüberlegt ein Haustier an, ohne die damit verbundenen Kosten, den Aufwand oder die Kompromisse bei der Urlaubsplanung zu bedenken.

„Bei uns gibt es zum Glück ganz, ganz selten eine Rückgabe. Wohl auch, weil wir keine Spontankäufe haben. Dafür aber eine ganz nette und verantwortungsvolle Kundschaft!“ Die beileibe nicht nur Jungtiere erwirbt. Manchmal suche jemand einen Gefährten für sein Kaninchen, wenn das Zweite gestorben ist. „Da finden wir immer das Passende unter den kastrierten Zuchtrammlern oder unter den Weibchen, die nach zwei bis drei Jahren in Zuchtrente gehen.“ So könne durch die Vermittlung an privat sichergestellt werden, „dass sie auch danach noch mal ein schönes Leben haben“.

Mit einem Hopser kommt das Kaninchen rund 80 Zentimeter weit – das gilt es bei der Gestaltung des Geheges zu beachten

Dieses kann dauern, die Tiere werden meist um die acht Jahre alt – „es gibt aber auch welche, die zwölf oder 13 Jahre lang leben“, erzählt Lettl. Vor dem Kauf sei daher wirklich gut zu überlegen, ob man die Verantwortung für eine solche Zeitspanne tragen wolle. Klar könnten auch Kinder ab einem gewissen Alter eingebunden werden beim Füttern, Misten oder Wasserwechsel. „Aber selbst wenn die Haustiere als Geschenk für die Kinder gedacht sind, bitte nur anschaffen, wenn man auch selbst Lust darauf hat. Denn am Ende müssen doch die Eltern sicherstellen, dass es den Tieren gut geht.“

Dazu dient auch die passende Ernährung. Auf keinen Fall Kraftfutter, sondern Heu, Wasser, viel Gemüse und ein wenig Obst – „aber, Achtung, auch Kaninchen macht Fruchtzucker dick!“ Gut seien zudem Kräuter und Zweige. Etwa von Obstbäumen, Haselnuss- oder Brombeersträuchern. „Dann lassen sie auch ziemlich sicher die Kabel in der Wohnung in Ruhe“, sagt Lettl und lacht.

Im Haus? Sollte man die Tiere nicht draußen halten? Könne man machen und sei auch vielfach üblich, so die Expertin. Zu bedenken sei dabei allerdings: „Kaninchen sind Beutetiere. Darum braucht das Gehege unbedingt eine Abdeckung von oben zum Schutz vor Greifvögeln und Mardern. Daher auch bitte nie unbeaufsichtigt auf die Wiese lassen.“ Und es müsse auf jeden Fall eine „erhöhte, zweite Etage“ geben, „denn auf Dauer wird es sonst von unten zu kalt“. Auch auf Abschattung müsse man achten – selbst wenn die eigentlich aus Spanien stammenden Tiere grundsätzlich Sonne vertragen. „50 Prozent Schatten brauchen sie dennoch. Bei den ganz Weißen sind es sogar 100 Prozent – die könnten sonst Sonnenbrand bekommen.“

Ins Freie lassen sollte man Kaninchen nur unter Aufsicht, aber mit einem passenden Gehege kann man sie auch draußen halten. (Foto: Christian Endt)

Doch zurück zur Wohnungshaltung. Sofern die bewegungsfreudigen Tiere – „ihr Hoppelsprung beträgt 80 Zentimeter“ – dabei genügend Auslauf haben, hält Lettl diese für eine durchaus valide Alternative. Heißt: nicht in einem kleinen Käfig im Kinderzimmer, sondern in einem Extra-Raum oder irgendwo – etwa im Wohnzimmer – mit Platz für ein Gehege in der vorgeschriebenen Mindestgröße. Zum Spielen freuten sie sich über Kartons. „Kaninchen können stubenrein werden wie Katzen. Manche kommen sogar abends auf die Couch, um sich Streicheleinheiten abzuholen“, berichtet sie. „Das mögen sie – was sie nicht leiden können, ist, hochgehoben und herumgetragen zu werden. Kaninchen sind keine Kuscheltiere. Sie entscheiden selbst, wann und wie lange sie angefasst werden wollen.“

„Kaninchen sind wunderbare Haustiere – einerseits anspruchsvoll, aber andererseits gar nicht so kompliziert!“

Wie seinerzeit „Schnuffi“ und „Schubert“. Wenn auch die allermeisten Tiere neue Besitzer fänden und daher in der Regel keine Namen hätten, könne sie sich doch sehr gut an diese zwei erinnern, sagt Lettl. Besonders intensiv im Gedächtnis bleiben natürlich auch die preisgekrönten Exemplare. Regelmäßig nehme man an Ausstellungen teil, sei in Bayern, Deutschland und Österreich mehrfach Meister gewonnen und sogar einmal Vize-Weltmeister. Um die genetische Vielfalt unter den eigenen Tieren zu erhalten, tausche man daher ab und an mit anderen Züchtern oder kaufe zu.

Eine bestimmte Frage zu dieser Jahreszeit muss natürlich sein: Haben Lettl und ihre beiden jüngeren Geschwister als Kinder an den Osterhasen geglaubt? „Oh ja“, sagt sie lachend, „die Mama hat das sehr geschickt gemacht. Sie ging am Ende des Gottesdienstes, während des Trubels bei der Wandlung, schnell nach Hause, um die Osternester zu verstecken.“ Klar, die Kirche ist ja gleich nebenan.

Am Ende setzt die junge Frau geschickt die Fellwuschel wieder in den Korb, um sie zurück zu ihren Müttern zu bringen – mit einem festen, aber nicht zu festen Griff um den Brustkorb, sie im Nackenfell zu packen, ist tabu. „Kaninchen sind wunderbare Haustiere“, schwärmt sie. „Einerseits anspruchsvoll, aber andererseits gar nicht so kompliziert!“ Einziges Risiko: Die Tierliebe, die sich durch den engen Kontakt entwickelt, könnte durchaus den Wunsch wecken, nach der Schule Veterinärmedizin studieren zu wollen …

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