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Eine Nacht im Trixie Motel | ABC-Z

Die Beats der Pop-Musik pumpen durch den Raum und die euphorischen Gäste wedeln im bunten Licht mit Dollarscheinen, die kurz darauf als kleines Trinkgeld bei der tanzenden Performerin landen. Ein bisschen mag das Spektakel damit an eine Strip-Show erinnern. Doch Strip gibt es an diesem Samstagabend im „Trixie Motel“ im kalifornischen Palm Springs nicht.

Dafür aber viel Show, wie jede Woche: von drei Drag Queens, die ihre Tanz- und Lipsync-Nummern vor einem vollen Haus, aber trotzdem kaum mehr als 30 Leuten entfesseln. Die pinke Lounge, die im Showlicht noch einmal pinker erscheint, ist äußerst intim. Verstecken und alles aus sicherer Distanz anschauen? Das geht zwischen der kleinen Bar, den Herzchensofas und wenigen Tischen nicht. Also ergibt man sich am besten gleich – und hat Spaß: mit unfreiwilligem Lapdance, hingebungsvollen Shownummern und Gags auf eigene Kosten und die des Publikums.

Beobachtet wird dieses schrille Spektakel auch von der Drag Queen Trixie Mattel, der Gastgeberin und Co-Inhaberin des Motels, in dem es abgesehen von den Drag-Shows vor allem um pink-plüschiges Übernachten mit stilvollem campy Flair geht. Persönlich ist sie zwar meist nicht da. Sie blickt aber von einem gemalten, pastellbunten Porträt und von überwiegend geflunkert nachbearbeiteten Fotos von den Wänden. Auf denen ist sie mit Leonardo DiCaprio und etlichen anderen Berühmtheiten zu sehen. Wirklich abwegig erscheinen solche Bilder aber nicht mehr.

Längst ist die flamboyante Drag Queen mit den opulenten Perücken und dem unverkennbar markantem Over-the-Top-Make-Up selbst ein Star. Einen entscheidenden Popularitätsschub bekam sie vor einigen Jahren durch „Ru Paul’s Drag Race“ – vor allem, nachdem sie die dritte Staffel von „Ru Paul’s Drag Allstars“ gewann.

In Mattel steckt allerdings weit mehr als Talent für grelle Outfits und zielsichere Pointen. Sie ist auch Musikerin, die anfangs aus dem schrillen Rahmen fiel, weil sie so viel mehr Country war, als es in der Drag-Welt üblich ist. Inzwischen ist sie vor allem beim Pop gelandet, steht mit ihrem Programm auf der Bühne, kommentiert mit Drag-Kollegin Katya in einer Webserie bissig neue Serien und vertreibt sogar eine eigene Kosmetiklinie. Zu diesem Drag-Imperium gehört seit Kurzem auch „Trixie Motel“, das wohl erste und bislang einzige von einer Drag Queen geführte Motel der Welt. Und das ist eine Mischung aus: queerem Barbie-Haus in Lebensgröße, Motel-gewordener Americana-Nostalgie der 60er- und 70er-Jahre und einem Traum in so vielen unterschiedlichen Pink-Tönen, wie man sie in dieser Fülle sonst kaum an einem Ort findet.

Zur Palette gehört das etwas zartere Forgotten Pink. Das knalligere Taffy Pink. Das ins Violette streifende Prom Corsage. Das dunkle Pink Punch. Aber auch Cherry Chip. Sweet Sixteen. Polished Pink. Simple Pink. Und selbst das sind wahrscheinlich immer noch nicht alle. „Das wird noch eine große Herausforderung, wenn wieder gestrichen werden muss: die Farben wieder genauso zu treffen“, berichtet Manager Drew Brant beim Gespräch in der Lounge, bei er auch einen Einblick in die Entstehung von „Trixie Motel“ gibt. „Trixie und ihr Partner David Silver wollten damals eine Immobilie in Palm Springs kaufen, vielleicht um ein Airbnb aufziehen – und dann fanden sie dieses Motel.“ Das war zum Zeitpunkt des Kaufs reichlich renovierungsbedürftig. Die Fassade, die damals schon in ein zartes Rosa getaucht war, war wahrscheinlich die einzige Gemeinsamkeit mit dem Motel von heute.

Die Umbauarbeiten wurden 2022 geschäftstüchtig zum Thema einer achtteiligen Reality-Serie. Die Herausforderung: „Trixie Motel“ nach vier Monaten pünktlich zur Pride Parade in Palm Springs zu eröffnen. Zusammen mit der Innendesignerin Dani Dazey sanierten und gestalteten Trixie und David den Außenbereich mit dem hübschen Pool und die sieben Zimmer, von denen jeder ein Kosmos für sich ist. Von „Pink Flamingo“, wo sich die Flamingos nicht nur in der aufwändigen Wandermalerei wiederfinden.

Über „Atomic Bombshell“ mit seinen psychedelischen Space-Designs. Bis zum „Malibu Barbara“-Zimmer mit Seventies-Beachvibes – inklusive Surfbrettern an der Wand. Was die Zimmer verbindet: Sie sind alle opulent, verspielt, vintage, voller Detailreichtum. In der Serie schauten manchmal prominente Freundinnen und Freunde von Trixie vorbei, um mit ihr zu werkeln und zu designen. Der Musiker Orville Peck zum Beispiel, der schwule Countrymusiker, der seine Identität bis vor Kurzem hinter bunten Fransenmasken verbarg. Das Zimmer, das er mitgestaltet hat, ist wie seine Musik: queerer Country. Kuhmuster mit Türkis, Weiß und Rotbraun. Rosa Kakteen und Miniaturcowboys sowie eine türkisfarbene Gitarre.

Aus der Nachbarschaft in Palm Springs knallt „Trixie Motel“ nun aus der Umgebung heraus und ist dabei trotzdem sehr Palm Springs. Nicht nur, weil die Stadt über die Jahrzehnte zum schicken Refugium der LGBTQ+-Community geworden ist – rund die Hälfte der Menschen, die hier leben, sind queer. Manche sagen sogar deutlich mehr. „Trixie Motel“ passt auch zur Nostalgie der Stadt, wenngleich mit sehr eigenem Twist. Mit den Kakteen im Innenhof und den hohen Palmen, die in den wolkenlosen Himmel schießen. Mit dem nierenförmigen Pool, der umgeben ist von Liegen und rosa-weiß-gestreiften Sonnenschirmen. Nicht zuletzt stammt auch das Gebäude aus den 1950ern und damit aus einer Architektur-Ära, die die Wüstenstadt in Kalifornien berühmt gemacht hat: der Mid-Century-Modern-Stil. „Trixie Motel“ ist aber auch ein Statement in Zeiten, in denen Drag Queens vor allem von Konservativen und Rechtspopulisten zur Zielscheibe gemacht werden. Sie seien ein schlechter Einfluss für die Kinder, heißt es da gern. „Hier sind allerdings gar keine Kinder erlaubt – bei uns kann man erst ab 21 übernachten“, lacht Manager Drew. Was er aber viel wichtiger findet: „Wir sind ein Safe Space. Transsexuelle haben mir gesagt, dass dies das einzige Hotel ist, wo sie sich in den Pool trauen.“ „Trixie Motel“ ist also ein Ort für alle – oder zumindest die, die sich die kostspieligen Übernachtungspreise leisten können. Das sieht man auch an diesem Tag rund um den Pool – von den zwei schwulen Männern mit bäriger Statur aus Boston, die sich im Wasser abkühlen, bis zum jungen Hetero-Paar, das bei Cocktails entspannt. Diese offene Atmosphäre macht „Trixie Motel“ zu einer Drag-Fata-Morgana in der kalifornischen Wüste. Schön, schrill, queer.

Die Reise wurde unterstützt von Visit Greater Palm Springs.

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