Ein einziger Satz wird Sandro Wagner jetzt um die Ohren gehauen | ABC-Z

Von unseren Politikern in Berlin wissen wir, dass sie ihre schlimmsten Wahlniederlagen in Betriebsunfälle umtaufen können. Aber so dreist wie Sandro Wagner beim FC Augsburg hat noch keiner Pleiten schöngeredet – meint Kolumnist Pit Gottschalk.
Seine Mannschaft hatte soeben beim 0:6 gegen RB Leipzig die höchste Heimniederlage in 14 Jahren Bundesliga kassiert. Sechs Gegentore im eigenen Stadion – doch FC Augsburgs Trainer Sandro Wagner verharmloste das Desaster so, dass man nur den Kopf schütteln konnte.
“Heute haben wir in ein, zwei Situationen geschlafen, was das Durchdecken und Absichern angeht”, gab er zu Protokoll, streute noch Worthülsen wie “eiskalt bestraft” und “Scheiß-Nachmittag” hinein und versprach treuherzig: Man wolle jetzt “nicht alles umwerfen”.
Sandro Wagner redet Augsburg-Desaster schön
Ein, zwei Situationen – echt jetzt? Er hätte ja mal zugeben können, dass seine Taktik falsch war. Oder die Aufstellung. Kann ja passieren. Sogar dem sonst so braven “Kicker” fiel ja auf: “Dass schon die Herangehensweise des FCA, der sehr hoch stand, ziemlich riskant war, wurde hingegen nicht thematisiert.”
Plötzlich hat man wieder seine Worte vom 2. Bundesliga-Spieltag im Ohr, als ihn der Sport1-Reporter nach dem Bayern-Spiel (2:3) fragte, was Augsburg vom Rekordmeister unterscheidet. Sandro Wagner sagte, fast ungehalten: “Ich sehe nicht, dass wir weniger Qualität haben als Bayern.”
Ein Satz fliegt Wagner nun um die Ohren
Und damit in der Medienlandschaft keine Zweifel aufkommen, legte er nach: “Ich sehe uns auf keiner Position im ganzen Verein von der Qualität weniger aufgestellt.” Die Worte klingen noch zwei Monate später lächerlich und werden ihm jetzt immer wieder um die Ohren gehauen.
Für diese Meinung kann es nur drei Ursachen geben: (1) Verblendung, (2) Autosuggestion oder (3) Ironie. Nix davon verheißt Gutes. Womöglich liegt hier auch ein Missverständnis begründet. Wagner lässt spielen, als hätte er die Mannschaft von Bayern München unter seinen Fittichen – und hat doch nur FC Augsburg.
Wagner versucht mit dem FCA FCB-Fußball
Keine Mannschaft aus der unteren Tabellenhälfte schießt so viele Tore (12). Aber keine kassiert auch mehr (20). Man wird den Verdacht nicht los, dass Wagner einen Fußball will, den die Qualität seiner Mannschaft gar nicht hergibt. Der Schuss muss nach hinten losgehen.
Schlimmer noch: Wenn Sprüchen keine Taten folgen, zerstört man in der Bundesliga seine Karriere. Jeder andere Bundesliga-Kollege müsste nach einem 0:6 daheim um seinen Arbeitsplatz bangen. Von Selbstzweifeln ist der Trainer-Novize aber weit entfernt und faselt von “Detailthemen”.
Auf Teufel Komm Raus wollte er die Abwehrprobleme in seiner Mannschaft nicht wahrhaben und zündete Nebelkerzen: “Ich weiß nicht, ob man das generell festmachen kann. Die letzten zwei Spiele hatten wir eine gute Restverteidigung und hohes, mutiges Durchdecken.”
Man muss schon in die Bundesliga-Tabelle schauen, damit man beim Zuhören nicht den Ernst der Lage vergisst. Sandro Wagner liegt mit erst sieben Punkten aus acht Spielen noch meilenweit hinter den 43 Punkten, die sein Vorgänger Jesse Thorup geschafft hat.
Augsburg will dem Grauen-Maus-Image entfliehen
Der hatte die beste Saison ever hingelegt. Und musste trotzdem gehen. Geschäftsführer Michael Ströll hatte den Trainerwechsel auch deswegen gewagt, weil er der grauen Maus der Bundesliga mehr Spektakel verordnen wollte. Den Zirkus hat der FC Augsburg jetzt tatsächlich.
Sandro Wagner schützt, dass sein Geschäftsführer bei einer Entlassung selbst Schaden nehmen würde: Eine vorzeitige Trennung käme dem Geständnis gleich, dass Wagner ein Fehler war. Darum gilt: Man hat beim 0:6 nur ein bisschen geschlafen.





















